VwGH Ra 2018/04/0174

VwGHRa 2018/04/017424.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und die Hofräte Dr. Mayr sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, über die Revision des Mag. M K p.A. L Handelsgesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. Georg Prantl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 5/2/15a, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 1. August 2018, Zl. LVwG 30.25-1874/2018-6, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit einer Verwaltungsübertretung nach dem UWG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §13 Abs2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018040174.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 29. Mai 2018 wurden über den Revisionswerber als "verantwortlichen Beauftragten" der L Handelsgesellschaft mbH wegen dreier Übertretungen des § 33 Abs. 1 iVm § 32 Abs. 1 Z 2 lit. a Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG) iVm Art. 15 Abs. 1 lit. c bzw. Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 30,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) die gegen das Straferkenntnis erhobene Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 31 iVm § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurück und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

3 Begründend führte das LVwG aus, die am 3. Juli 2018, dem letzten Tag der Rechtsmittelfrist, per Telefax an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung übermittelte Beschwerde sei außerhalb der gemäß § 13 Abs. 2 iVm Abs. 5 AVG auf der Internetseite der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung kundgemachten Amtsstunden zur Entgegennahme (mittels E-Mail, Fax oder Online-Formular übermittelter) elektronischer Anbringen eingebracht worden und daher verspätet.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber begründet die Zulässigkeit seiner Revision zusammengefasst damit, das LVwG qualifiziere entgegen näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das Einbringen der Beschwerde per Telefax mit Papierscanfunktion über die Telefonleitung an die offizielle Faxadresse der belangten Behörde rechtsirrig als elektronische Eingabe. Tatsächlich sei das Telefax nicht elektronisch, sondern analog in den Verfügungsbereich der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung gelangt. Telefaxnachrichten fielen daher nicht unter das Recht der belangten Behörde, elektronische Eingaben außerhalb der Öffnungszeiten nicht entgegenzunehmen, wenn die Behörde dies gemäß § 13 Abs. 2 und 5 AVG ordnungsgemäß im Internet und an der Amtstafel öffentlich kundtue.

8 Gemäß dem nach § 38 VwGVG iVm § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 13 Abs. 2 AVG können schriftliche Anbringen der Behörde in jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen. Unter organisatorischen Beschränkungen sind auch Beschränkungen für außerhalb der Amtsstunden einlangende elektronische Anbringen zu verstehen (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2017/05/0296, Rn. 4).

9 Unter solchen schriftlichen Anbringen im elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten iSd § 13 Abs. 2 AVG sind auch mittels Telefax übermittelte Anbringen zu verstehen (vgl. etwa VwGH 15.3.2018, Ra 2018/08/0021; 23.1.2018, Ra 2017/05/0296; 20.11.2015, Ra 2015/02/0209; 26.2.2015, Ra 2014/22/0092; 23.5.2012, 2012/08/0102, 0103).

10 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 2018, Ro 2017/15/0024, verweist, ergibt sich daraus bereits deshalb nichts Gegenteiliges, weil dieses Erkenntnis die Erstellung und Übermittlung von Anbringen an das Finanzamt gemäß § 86a BAO iVm der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zulassung von Telekopierern zur Einreichung von Anbringen in Bezug auf von einem Faxserver in das Faxformat umgewandelte E-Mails und deren Weiterleitung an die Telefaxnummer des Finanzamts behandelt, diese Bestimmungen jedoch nicht vergleichbar sind mit § 13 Abs. 2 AVG über die Möglichkeit der technischen und organisatorischen Beschränkung des elektronischen Verkehrs zwischen Behörden und den Beteiligten. Entgegen der Annahme der Revision liegt kein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

11 Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung war somit berechtigt, gemäß § 13 Abs. 2 AVG ihre mangelnde Bereitschaft zur Entgegennahme elektronischer Anbringen außerhalb der Amtsstunden auch für per Telefax übermittelte Anbringen mit der Wirkung zu bekunden, dass sie dann, wenn sie außerhalb ihrer Amtsstunden in ihren elektronischen Verfügungsbereich gelangt sind, erst mit Wiederbeginn der Amtsstunden als eingebracht und eingelangt gelten.

12 Unstrittig ist, dass die per Telefax am 3. Juli 2018, dem letzten Tag der Frist, übermittelte Beschwerde außerhalb der im Internet kundgemachten Amtsstunden der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung in den Verfügungsbereich der Behörde gelangte. Das LVwG hat entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Recht die Beschwerde als erst am nächsten Tag, dem 4. Juli 2018, eingebracht und somit als verspätet behandelt und zurückgewiesen.

13 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2018

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