VwGH Ra 2017/18/0509

VwGHRa 2017/18/050925.4.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wech, über die Revision

1. des A S, 2. der H A, 3. des A S, 4. der N S, und 5. der N S, alle in S, alle vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. November 2017, Zlen. L515 2173260-1/3E (ad 1.), L515 2173263- 1/4E (ad 2.), L515 2173267-1/3E (ad 3.), L515 2173269-1/3E (ad 4.) und L515 2173272-1/3E (ad 5.), betreffend Asylangelegenheiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §8 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art3;
EMRK Art8;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017180509.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die revisionswerbenden Parteien sind Staatsangehörige Armeniens. Der Erstrevisionswerber stellte am 22. September 2015, die zweit- bis fünftrevisionswerbenden Parteien am 11. August 2016 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet. Sie begründeten ihre Anträge im Wesentlichen mit Bedrohungen und Übergriffen auf den Erstrevisionswerber aufgrund dessen politischer Einstellung. Darüber hinaus brachte der Erstrevisionswerber vor, an Hepatitis-C zu leiden.

2 Mit Bescheiden vom 20. September 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf internationalen Schutz zur Gänze ab (Spruchpunkt I. und II.), erteilte ihnen keine Aufenthaltstitel nach § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass die Abschiebung nach Armenien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage zwei Wochen (Spruchpunkt IV).

3 Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 21. November 2017 als unbegründet ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zur Zulässigkeit geltend gemacht wird, der Instanzenzug sei ausgeschöpft, weil ein weiteres Rechtsmittel gegen das Erkenntnis des BVwG nicht zulässig sei.

5 Die Revision erweist sich als nicht zulässig. 6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Die vorliegende Revision enthält keine Zulässigkeitsgründe im Sinn des § 28 Abs. 3 VwGG; sie erweist sich schon deshalb als unzulässig (vgl. etwa VwGH 13.12.2017, Ra 2017/19/0540;

23.10.2017, Ra 2017/01/0336; 24.8.2017, Ra 2017/01/0242;

4.10.2017, Ra 2017/01/0306 bis 0308; 27.1.2016, Ra 2015/10/0142- 0143; 22.5.2014, Ra 2014/01/0030, jeweils mwN).

10 Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch die unter der Überschrift "2. Begründung der Revision" enthaltenen Revisionsausführungen - mit denen dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, warum die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, nicht Rechnung getragen wird (vgl. VwGH 2.2.2017, Ra 2016/20/0281, mwN) - für die revisionswerbenden Parteien zu keinem anderen Ergebnis führen würden.

11 Soweit darin nämlich ein Verstoß des BVwG gegen die Verhandlungspflicht geltend gemacht wird, vermögen die revisionswerbenden Parteien nicht aufzuzeigen, dass das BVwG von den diesbezüglich vom Verwaltungsgerichtshof festgelegten Leitlinien (VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017-0018) abgewichen wäre. So rügte die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien lediglich pauschal, die negativen Entscheidungen des BFA fußten - die rechtsstaatliche Situation in Armenien betreffend - nur auf bloßen Mutmaßungen und trat der Beweiswürdigung des BFA damit nicht substantiiert iSd hg. Rechtsprechung entgegen.

12 Dem Vorbringen, wonach die revisionswerbenden Parteien in Armenien ihren Gesundheitszustand im Sinne des Art. 3 EMRK nicht ausreichend erhalten könnten, ist entgegenzuhalten, dass das BVwG feststellte, dass seitens der revisionswerbenden Parteien keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung in den Herkunftsstaat belegt worden seien. Unter Heranziehung von Länderberichten führte das BVwG aus, es bestehe kein Hinweis darauf, dass die vorgebrachten Krankheiten nicht behandelbar oder dass die revisionswerbenden Parteien vom Zugang zu medizinischer Versorgung in Armenien ausgeschlossen wären. Dass das BVwG bei dieser rechtlichen Beurteilung der (Nicht‑)Zuerkennung von subsidiärem Schutz von der diesbezüglichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa VwGH 22.3.2017, Ro 2017/18/0001; 21.2.2017, Ra 2017/18/0008-0009, unter Verweis auf EGMR 13.12.2016, Paposhvili gegen Belgien, 41738/10) abgewichen wäre, vermag die Argumentation der revisionswerbenden Parteien nicht aufzuzeigen.

13 Insoweit die revisionswerbenden Parteien argumentieren, die vorgebrachten Erkrankungen der erst- und zweitrevisionswerbenden Parteien würden ihre Arbeitskraft beschränken und somit zu einer Art. 3 EMRK verletzenden Situation führen, entfernen sie sich vom festgestellten Sachverhalt, wonach die revisionswerbenden Parteien in Armenien über eine - wenn auch auf niedrigerem Niveau als in Österreich - gesicherte Existenzgrundlage verfügten, weil es sich bei ihnen um arbeitsfähige Personen mit familiären Anknüpfungspunkten handle, welchen gegebenenfalls auch unattraktive Erwerbsmöglichkeiten zumutbar seien. Zudem gehörten die revisionswerbenden Parteien keinem Personenkreis an, von welchem anzunehmen sei, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstelle als die übrige Bevölkerung. Auch könnten sie das Sozialsystem des Herkunftsstaats oder Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Vor dem Hintergrund dieser Tatsachenfeststellungen ist der hierauf gegründeten rechtlichen Beurteilung des BVwG, wonach den revisionswerbenden Parteien subsidiärer Schutz nicht zuzuerkennen sei, nicht entgegenzutreten.

14 Was schließlich die als unzureichend gerügte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK des BVwG anlangt, so zeigen die revisionswerbenden Parteien nicht auf, dass die vom BVwG in diesem Rahmen im Einzelfall durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK nicht auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgt oder nicht in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden sei, sodass sich diese als nicht revisibel erweist (vgl. VwGH 4.8.2016, Ra 2016/18/0123).

15 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. April 2018

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