VwGH Ra 2017/07/0183

VwGHRa 2017/07/018319.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. der Agrargemeinschaft V,

  1. 2. des J F, 3. des H B, 4. des G W, 5. des L D, 6. des A G,
  2. 7. des J T, 8. des V W, 9. des A B, alle in V, 10. des A B in A,
  3. 11. des H A, 12. der C B, 13. des J E, 14. des H I, 15. des H D,
  4. 16. des A D, 17. des R A, 18. des R B, 19. des J B, 20. des H T,
  5. 21. des J W, 22. des S B, 23. des S D, 24. des M R, 25. des A S,
  6. 26. des A B, 27. des J M, 28. des H M, 29. der M G, 30. des W G und 31. der M L, alle in V, alle vertreten durch Univ.- Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Schöpfstraße 6b, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 23. Februar 2017, Zl. LVwG- 2016/35/2433-1, betreffend Zurückweisung eines auf das TFLG 1996 gestützten Antrags auf Zuerkennung einer Entschädigung (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 VwGG: Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde; mitbeteiligte Partei: Gemeinde V in V), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7;
VwGG §34 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017070183.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 23. Februar 2017 bestätigte das Landesverwaltungsgericht Tirol - durch Abweisung einer Beschwerde der nunmehrigen Revisionswerber - den Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde vom 21. September 2016, mit dem ein Antrag der Revisionswerber vom 30. Juni 2016 auf Leistung einer Entschädigungszahlung durch die Gemeinde Virgen (wegen einer behaupteten entschädigungslosen Legalenteignung) wegen Unzuständigkeit der Agrarbehörde als unzulässig zurückgewiesen worden war, wobei das Verwaltungsgericht die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.

2 Das Verwaltungsgericht legte dieser Entscheidung eine auf die Beschwerde der Revisionswerber bezogene Prüfung der Bestimmungen des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 - TFLG 1996, insbesondere dessen § 37 Abs. 7, zugrunde und gelangte zu dem Ergebnis, dass das Gesetz eine Zuständigkeit der Agrarbehörde für eine (meritorische) Entscheidung über den gestellten Antrag nicht vorsehe.

3 2. Gegen dieses Erkenntnis erhoben die Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der sie (u.a.) eine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art. 83 Abs. 2 B-VG) geltend machten. Dabei vertraten die Revisionswerber den Standpunkt, die Agrarbehörde sei zur Entscheidung über ihren Entschädigungsantrag zuständig gewesen und hätte daher darüber eine Sachentscheidung treffen müssen.

4 Der VfGH lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 28. September 2017, E 996/2017-6, mit kurzer Begründung ab, wobei er insbesondere auf sein einen gleichartigen Antrag betreffendes Erkenntnis vom 28. September 2017, E 1006/2017, verwies.

5 Nach Abtretung der Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG durch Beschluss des VfGH vom 14. November 2017, E 996/2017-8, brachten die Revisionswerber fristgerecht die vorliegende außerordentliche Revision ein.

6 3. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 4. In den Zulassungsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

10 4.1. Darin gelingt es den Revisionswerbern nämlich nicht, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene, konkret auf den gegenständlichen Antrag bezogene Auslegung der Bestimmungen des TFLG 1996 (vgl. dazu bereits VfGH 28.9.2017, E 1006/2017, insbes. Punkte III. 3.5. und 3.6., unter vielfachem Rückgriff auf die hg. Judikatur) substantiiert in Zweifel zu ziehen.

11 4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind - wie auch der VfGH im genannten Erkenntnis vom 28. September 2017 (unter Punkt III. 3.5.) ausgeführt hat - "Streitigkeiten aus dem Mitgliedschaftsverhältnis" dadurch gekennzeichnet, dass sie Rechte und Pflichten der Gemeinschaft gegenüber dem Mitglied, Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber der Gemeinschaft und Rechte und Pflichten des Mitgliedes gegenüber den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zum Gegenstand haben. Gegenstand einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis kann nur sein, was die die Agrargemeinschaften regelnden gesetzlichen Vorschriften und die darauf gegründeten Rechtsakte, insbesondere die Satzungen, über das Mitgliedschaftsverhältnis bestimmen (vgl. etwa VwGH 3.2.2000, 99/07/0152, und 30.9.2010, 2009/07/0075, jeweils mwN).

12 Der offenbar vor diesem rechtlichen Hintergrund in den Zulassungsausführungen der Revision unternommene Versuch daraus, dass nach Auffassung der Revisionswerber die Agrarbehörde den Regulierungsplan schon längst hätte ändern müssen, weshalb der geltend gemachte Ausgleichsanspruch seinen "Ursprung in der Änderung des Regulierungsplanes" hätte, eine "Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis" zu konstruieren, vermag angesichts der Besonderheit des mit dem verfahrenseinleitenden Antrag vom 30. Juni 2016 geltend gemachten Entschädigungsanspruches wegen einer nach Auffassung der Revisionswerber durch Novellen zum TFLG 1996 erfolgten Enteignung nicht zu überzeugen.

13 4.3. Schließlich hätte selbst dann, wenn der "völker- und verfassungsrechtliche Eigentumsschutz" hier - wie die Revisionswerber vermeinen - einen "angemessenen Ausgleichsanspruch" begründete, dies mit der allein gegenständlichen Frage der Zuständigkeit der Agrarbehörde zur Behandlung des Antrages der Revisionswerber vom 30. Juni 2016 nichts zu tun.

14 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Februar 2018

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