VwGH Ra 2017/02/0219

VwGHRa 2017/02/021913.2.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision der P GmbH & Co KG in W, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 24. August 2016, Zl. LVwG- 4/2200/59-2016, betreffend Versagung einer Ausnahmegenehmigung nach § 84 Abs. 3 StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §6;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Schreiben vom 24. November 2014 beantragte die revisionswerbende Partei Ausnahmegenehmigungen gemäß § 84 Abs. 3 StVO für die Errichtung zweier Pylonen auf zwei näher bezeichneten Grundstücken. Diese Anträge wurden von der BH Salzburg-Umgebung mit Bescheid vom 16. Juli 2015 abgewiesen.

5 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht hinsichtlich des näher bezeichneten Grundstückes Nr. 1583/2 abgewiesen; hinsichtlich des näher bezeichneten Grundstückes Nr. 2605/1 wurde ihr Folge gegeben.

6 Die vorliegende Revision, die sich nur gegen die Versagung der Ausnahmegenehmigung betreffend das Grundstück Nr. 1583/2 richtet, wirft zur Zulässigkeit zunächst zusammengefasst die Frage auf, ob zur Auslegung der Bestimmung des § 84 Abs. 3 Z 3 StVO auf die Materialien zurückgegriffen werden könne oder ob der Wortlaut des Gesetzes ausschlaggebend sei. Nach Ansicht der revisionswerbenden Partei sei zu klären, ob der ausdrücklich in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, wonach nur grundsätzlich auf die Widmungsart "Bauland" abzustellen sei und der Umstand einer zulässigen Bebauung wie auch der Stand der tatsächlichen Bebauung bei der Bewilligung zu berücksichtigen sei, ignoriert werden dürfe, auch wenn der Gesetzeswortlaut nur vom Vorliegen einer Baulandwidmung spreche. Hinzu komme, dass zu § 84 Abs. 3 Z 3 StVO in der Fassung der 27. Novelle bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehe. Ein Festhalten am reinen Wortlaut würde darüber hinaus zu einem verfassungswidrigen Ergebnis führen.

7 § 84 StVO, BGBl. I Nr. 159/1960 idF BGBl. I Nr. 123/2015 lautet:

"Werbungen und Ankündigungen außerhalb des Straßengrundes.

(1) Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, Radiostationen, die Verkehrsinformationen durchgeben, und Tankstellen dürfen außerhalb von Ortsgebieten nur mit den Hinweiszeichen ‚Pannenhilfe' (§ 53 Abs. 1 Z 4), ‚Verkehrsfunk' (§ 53 Abs. 1 Z 4a) beziehungsweise ‚Tankstelle' (§ 53 Abs. 1 Z 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und Erhaltung dieser Zeichen sind von demjenigen zu tragen, der ihre Anbringung beantragt hat.

(2) Ansonsten sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.

(3) Die Behörde hat Ausnahmen von dem in Abs. 2 enthaltenen

Verbot zu bewilligen, wenn die Werbungen und Ankündigungen

1. einem dringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dienen oder

2. für diese immerhin von erheblichem Interesse sind oder

3. in einem Gebiet errichtet werden sollen, das nach den

Raumordnungsgesetzen bzw. Bauordnungen der Länder als Bauland

gewidmet ist,

und von dem Vorhaben eine Beeinträchtigung des

Straßenverkehrs und der Verkehrssicherheit - insbesondere unter

Berücksichtigung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit - nicht zu

erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die

Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz sinngemäß.

(4) Ist eine Werbung oder Ankündigung entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung nach Abs. 3 angebracht worden, so hat die Behörde die Entfernung ohne weiteres Verfahren zu veranlassen. Die Kosten für die Entfernung sind vom Besitzer oder Verfügungsberechtigten zu tragen und sind ihm mit Bescheid vorzuschreiben."

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach festgehalten, dass die in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende Absicht des historischen Gesetzgebers weder das einzige noch das wichtigste Mittel der Gesetzesauslegung ist. Stehen die Materialien in eindeutigem Widerspruch zum Wortlaut des Gesetzes, sind sie für die Auslegung bedeutungslos. Auf Erkenntnisquellen außerhalb des kundgemachten Gesetzes (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, Parlamentarische Protokolle etc.) darf nur zurückgegriffen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzgebers Zweifel aufwirft; für sich allein können sie über den normativen Inhalt einer Rechtsvorschrift nichts aussagen (vgl. u.a. VwGH 23.2.2001, 98/06/0240 m.w.H. sowie 6.7.1990, 89/17/0110). Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu:

Unstrittig ist, dass das revisionsgegenständliche Grundstück nicht die in § 84 Abs. 3 Z 3 StVO geforderte Widmungsart "Bauland" aufweist (vgl. § 30 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 - ROG), sondern als "Grünland/ländliches Gebiet" gewidmet ist (vgl. § 36 Abs. 1 Z 1 ROG). Dass die Materialien allenfalls lediglich "grundsätzlich" auf die Widmungsart Bauland abstellen und postulieren, dass darüber hinaus auch anders gewidmete Flächen in § 84 Abs. 3 Z 3 StVO miteinbezogen werden sollten, ist angesichts des klaren Wortlauts dieser Regelung unbeachtlich und findet in der zitierten Regelung keine Deckung. Aus diesem Grund gehen auch die weiteren Ausführungen in der Revision zur tatsächlichen räumlichen Ausgestaltung des in Rede stehenden Grundstückes ins Leere.

9 Dem Verwaltungsgericht kann nicht entgegengetreten werden, wenn es im gegenständlichen Fall davon ausging, dass die Materialien am eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nichts zu ändern vermögen. Auch der Umstand, dass das Verwaltungsgericht allenfalls noch weitere Fragen bezüglich der Grundstücke an den beigezogenen Sachverständigen gerichtet hat, ändert entgegen den Ausführungen in der Revision nichts an der insofern klaren Rechtslage.

10 Zum Vorbringen, wonach zur in Rede stehenden Regelung bislang noch keine hg. Judikatur bestehe, ist festzuhalten, dass dann, wenn die gesetzliche Rechtslage eindeutig ist, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegt, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen ist (siehe VwGH 3.7.2015, Ra 2015/03/0041).

11 Insofern die revisionswerbende Partei die fehlende Sachlichkeit des § 84 Abs. 3 Z 3 StVO rügt, ist ihr entgegenzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof in seinem vor Abtretung der an ihn gerichteten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Fall gefassten Ablehnungsbeschluss vom 8. Juni 2017, E 2613/2016-6, ausgeführt hat, dass für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung keine unsachlichen Kriterien festgelegt sind. Auch der Verwaltungsgerichtshof vermag die Bedenken hinsichtlich der Sachlichkeit der Regelung nicht zu teilen.

12 Weshalb sich das Verwaltungsgericht - wie in der Zulässigkeitsbegründung gerügt wird - mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 84 Abs. 3 StVO vor der Novelle 2015 auseinandersetzen hätte müssen, wird nicht näher dargelegt und stellt daher bereits mangels ausreichender Substantiierung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar.

13 In der Revision werden insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 13. Februar 2018

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