VwGH Ra 2017/16/0118

VwGHRa 2017/16/011819.10.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und Hofrat Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der Mag. EW in H, vertreten durch Dr. Klaus Burka, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wächtergasse 1/11, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 3. Mai 2017, Zl. RV/7300065/2016, betreffend Verwarnung gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133;
FinStrG §25 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
ZPO §500;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 7. September 2016 erkannte das Finanzamt Bruck Eisenstadt Oberwart als Finanzstrafbehörde die Revisionswerberin der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG schuldig, weil sie als Abgabepflichtige grob fahrlässig unter Verletzung ihrer abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht, nämlich durch Abgabe unrichtiger Abgabenerklärungen für die Jahre 2012 und 2013, eine Verkürzung an bescheidmäßig festzusetzenden Abgaben, und zwar an Umsatzsteuer für 2012 in Höhe von EUR 321,98, an Umsatzsteuer für 2013 in Höhe von EUR 522,78, an Einkommensteuer für 2012 in Höhe von EUR 2.935,00 und an Einkommensteuer für 2013 in Höhe von EUR 4.000,96, bewirkt habe. Hiefür wurde über sie gemäß § 25 Abs. 1 FinStrG eine Verwarnung ausgesprochen, wogegen die Revisionswerberin Beschwerde erhob.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht diese Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Begründend erwog das Gericht - soweit für die Beurteilung der Revision von Belang -, es sei an die Feststellung der Finanzstrafbehörde gebunden, dass das Verschulden der Revisionswerberin gering sei und die Tat keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen habe. Es obliege dem Gericht, festzustellen, ob die Verwarnung zu Recht oder zu Unrecht ausgesprochen worden sei. Zur Frage des Verschuldens der Revisionswerberin sei festzustellen:

"Wenn die (Revisionswerberin) vorbringt, eine Abgabenverkürzung sei niemals gewollt gewesen, schenkt das Bundesfinanzgericht der Darstellung der Bf. dahingehend Glauben, dass sie nicht mit Hinterziehungsvorsatz gehandelt hat. Bezeichnet doch der Vorsatz das Wissen und das Wollen eine rechtswidrige Handlung auszuführen und liegt Vorsatz immer dann vor, wenn eine Person eine rechtswidrige Handlung verwirklichen will, wenn auch bereits bedingter Tatvorsatz ausreicht.

Ein grob fahrlässiges Verhalten hingegen liegt jedoch insbesondere dann vor, wenn der Fehler einer ordentlichen und sorgfältigen Person in derselben Situation wie der Täter/in auf keinen Fall unterlaufen würde. Bei der (Revisionswerberin) handelt es sich um eine akademisch gebildete, langjährig tätige Unternehmerin, bei der mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass ihr die Bedeutung der Unterscheidung zwischen betrieblichen und privaten Aufwendungen bekannt ist und sie daher Kenntnis davon hat, dass nicht jedwede Privataufwendungen als Betriebsausgaben abzusetzen sind bzw. allenfalls zumindest ein Anteil betreffend Privataufwendungen wie etwa gegenständlich bei PKW und Telefonkosten auszuscheiden ist sowie dass Vorsteuern nicht zu Unrecht geltend gemacht werden können. Insoweit die (Revisionswerberin) vorbringt, sie bediene sich zur Erfüllung ihrer Steuerpflicht seit Jahren eines Steuerberaters, übergebe alle Belege ordnungsgemäß und agiere dabei mit bestem Wissen und Gewissen, ist sie darauf hinzuweisen, dass die Übertragung der Besorgung der steuerlichen Angelegenheiten auf andere Personen sie nicht von jedweder finanzstrafrechtlicher Verantwortung befreit. Im vorliegenden Fall rechtfertigen die Vielzahl der seitens der Betriebsprüfung festgestellten Fehler und Mängel im Hinblick auf die Trennung der betrieblichen von der privaten Sphäre bzw. die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen die Annahme, dass die (Revisionswerberin) daher die Sorgfalt außer Acht gelassen hat, zu der sie nach den Umständen verpflichtet und die ihr auch zumutbar gewesen wäre.

Zur Frage der Bewertung unbedeutender Folgen darf zunächst auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen werden.

Ob die Folgen geringfügig sind, ist bei der Abgabenverkürzung vor allem nach der Höhe der strafbestimmenden Wertbeträge zu beurteilen. In diesem Zusammenhang hat der VwGH ausgesprochen, dass angesichts von Verkürzungsbeträgen iHv S 26.021 (= EUR 1.891 VwGH 27.9.1990, 89/16/0046), S 32.000 (= EUR 2.325 VwGH 16.2.1994, 91/13/0210), S 23.000 (= EUR 1.671 VwGH 26.11.1998, 98/16/0199) von unbedeutenden Folgen keine Rede sein kann. Bei Berücksichtigung des strafbestimmenden Wertbetrages im gegenständlichen Fall von EUR 7.779,76 (= S 107.051,83) kann demnach nicht von unbedeutenden Folgen gesprochen werden.

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes hat die (Revisionswerberin) durch ihr Verhalten gezeigt, dass sie der Erfüllung und Beachtung der ihr vom Gesetz obliegenden Offen- und Wahrheitspflicht bei der Einbringung der Steuererklärung zu wenig Bedeutung zumisst, weshalb die Erteilung - zumindest - einer Verwarnung unabdingbar erscheint, damit die (Revisionswerberin) nicht den Eindruck gewinnt, dass ein solches rechtswidriges Verhalten von der Finanzstrafbehörde toleriert werde, was sie verleiten könnte, ähnliche Finanzvergehen weiterhin zu begehen.

Im Hinblick auf den o.a. nicht unbedeutenden strafbestimmenden Wertbetrag wäre tatsächlich eine Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens zu verhängen gewesen, sodass nach Überzeugung des Bundesfinanzgerichtes es jedenfalls geboten erscheint, der (Revisionswerberin) mit Bescheid eine Verwarnung zu erteilen. Diese wird daher ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass sie nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes überaus milde bestraft wurde."

Abschließend begründete das Gericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision.

3 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht auf Einstellung des Verfahrens ohne Erteilung einer Verwarnung nach § 25 FinStrG verletzt.

Die Zulässigkeit ihrer Revision legt sie wie folgt dar:

"Das Bundesfinanzgericht hat bei der Entscheidung, ob das Erkenntnis von der Lösung einer Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, verkannt, dass sich die Revisionswerberin zur Erfüllung ihrer Steuerpflicht eines Steuerberaters bedient, sie also eine geeignete fachkundige Person herangezogen hat, um bei der Ermittlung ihrer Besteuerungsgrundlagen sorgfältig ihren Pflichten nachzukommen. Die Frage, inwieweit sich die Revisionswerberin bei Vortrag der abgabenrechtlich relevanten Sachverhalte an ihren Steuerberater auf dessen Rechtsbeistand verlassen kann, ist von grundsätzlicher Bedeutung."

4 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

Das Revisionsmodell der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an jenem nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV 1618 BlgNR 24. GP  16). Ausgehend davon kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung entfaltet (vgl. etwa den Beschluss vom 30. Juni 2016, Ra 2016/16/0025).

5 Fragen des Verschuldens sind grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts zuzuordnen und können nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstellen, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. etwa den Beschluss vom 28. Februar 2017, Ra 2017/16/0001, mwN).

6 Auch hat der Verwaltungsgerichtshof zur - insoweit vergleichbaren - Bestimmung des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG ausgesprochen, dass eine solche Entscheidung im Ermessen der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes liege und von einer auf den Einzelfall abzustellenden spezialpräventiven Prognose abhänge. Dahingehend liege keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, sondern nur eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage. Der Frage, ob besondere Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, komme in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. den Beschluss vom 10. Jänner 2017, Ra 2016/02/0269, mwN).

7 Im vorliegenden Fall hat das Gericht seine Entscheidung der Sache nach daran orientiert, dass es sich bei der Revisionswerberin um eine akademisch gebildete, langjährig tätige Unternehmerin handle, bei der mit Sicherheit davon auszugehen sei, dass sie die Bedeutung der Unterscheidung einzelner Aufwendungen bekannt sei und sie die Erkenntnis davon habe, dass nicht jedwede Privataufwendung als Betriebsausgaben abzusetzen seien. Insoweit sie vorbringe, sie bediene sich zur Erfüllung ihrer Steuerpflicht seit Jahren eines Steuerberaters, übergebe alle Belege ordnungsgemäß und addiere dabei mit bestem Wissen und Gewissen, sei sie darauf hinzuweisen, dass die Übertragung der Besorgung der steuerlichen Angelegenheiten auf andere Personen sie nicht von jedweder finanzstrafrechtlicher Verantwortung befreie. Im vorliegenden Fall rechtfertigten die Vielzahl festgestellter Fehler und Mängel die Annahme, dass die Revisionswerberin die Sorgfalt außer Acht gelassen habe, zu der sie nach den Umständen verpflichtet und die ihr auch zumutbar gewesen wäre.

8 Damit hat das Verwaltungsgericht im Revisionsfall gerade auch die von der Revisionswerberin geltend gemachten Umstände im Rahmen der Beurteilung nach § 25 FinStrG mit dem Ergebnis gewürdigt, dass vor dem Hintergrund des Revisionsfalles der Revisionswerberin auch unter Zubilligung der Beiziehung eines Steuerberaters grob fahrlässiges Verhalten anzulasten sei.

9 Damit stellt sich die Beurteilung des Verwaltungsgerichts im Grunde des § 25 Abs. 1 zweiter Satz FinStrG als rein einzelfallbezogen dar, sodass der von der Revision aufgeworfenen Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung mehr zukommt, die über den Revisionsfall hinausweisen würde.

10 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 19. Oktober 2017

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