VwGH Ra 2017/16/0114

VwGHRa 2017/16/011421.8.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des H P N in S, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz und Mag. Sebastian Strobl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adamgasse 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 31. Mai 2017, LVwG- 2017/34/0726-8, betreffend Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z. 2 ALSAG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Kufstein in 6330 Kufstein, Bozener Platz 1- 2; mitbeteiligte Partei: der Bund, vertreten durch das Zollamt Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Normen

ALSAG 1989 §10;
ALSAG 1989 §9;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass der Revisionswerber mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Söll vom 24. Februar 2011 die baubehördliche Bewilligung für den Anbau eines Laufstalles an das Wirtschaftsgebäude auf dem ihm gehörigen Grundstück erteilt erhielt. Zur Realisierung des Bauvorhabens ließ er Bodenaushubmaterial im Ausmaß von zumindest 2.480 m3 anliefern und einbauen. Die Bezirkshauptmannschaft Kufstein stellte mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid vom 7. Mai 2013 gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 fest, dass es sich bei diesem Bodenaushubmaterial um Abfall im Sinn des AWG 2002 handle. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 bewilligte der Bürgermeister der Gemeinde Söll dem Revisionswerber nachträglich die geänderte Geländeführung. Einem vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 29. Juli 2014 gemäß § 73 Abs. 1 Z. 1 AWG 2002 erteilten Behandlungsauftrag und Auftrag zur Entfernung des Bodenaushubmaterials bis längstens 31. Oktober 2014 kam der Revisionswerber nicht nach.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte das Landesverwaltungsgericht Tirol die Feststellung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 ALSAG, dass das als Abfall zu qualifizierende Bodenaushubmaterial dem Altlastenbeitrag unterliege. Weiters sprach das Verwaltungsgericht gemäß § 25a VwGG aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

3 In rechtlicher Hinsicht gelangte das Verwaltungsgericht zum Schluss, der Revisionswerber nehme die in § 3 Abs. 1a Z. 4 und Abs. 3a Z. 1 ALSAG vorgesehenen Ausnahmen in Anspruch. Diese Bestimmungen sähen jedoch vor, dass derjenige, der eine Ausnahme von der Beitragspflicht in Anspruch nehme, auf Verlangen dem Zollamt oder im Rahmen eines Feststellungsverfahrens der Behörde (§ 21) nachzuweisen habe, dass die Voraussetzungen für die Ausnahme vorlägen. Der Revisionswerber habe weder einen Nachweis im Sinne des § 3 Abs. 1a letzter Satz noch nach Abs. 3a letzter Satz vorgesehene Nachweise erbracht, weshalb die genannten Ausnahmetatbestände nicht erfüllt seien.

4 Abschließend begründete das Verwaltungsgericht seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision damit, dass es sich auf die angeführten gesetzlichen Bestimmungen und auf zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe stützen können.

5 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision erachtet sich der Revisionswerber in seinem Recht auf Nicht-Festsetzung eines ALSAG-Beitrages bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach dem ALSAG verletzt.

6 Ihre Zulässigkeit begründet die außerordentliche Revision im Wesentlichen damit, dass das Verwaltungsgericht einen Beweisantrag des Revisionswerbers auf Einholung eines bodenkundlichen Sachbefundes zur Analyse des aufgebrachten Bodenaushubs übergangen habe.

7 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

9 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichtes dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang einer Revision nicht zugänglich (vgl. etwa den Beschluss vom 25. Oktober 2016, Ra 2016/16/0057, mwN).

11 Nach der ebenso ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt eine Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, wenn sich die Rechtsfrage innerhalb des Revisionspunktes, des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. den zitierten Beschluss vom 25. Oktober 2016 mwN).

12 Gegenstand des vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheides vom 10. Februar 2017 und damit Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens war die auf dem Feststellungsantrag des Revisionswerbers fußende Feststellung im Grunde des § 10 Abs. 1 Z. 2 ALSAG, dass der in Rede stehende Bodenaushub im Ausmaß von 2.480 m3 dem Altlastenbeitrag unterliege.

13 Das in § 10 ALSAG vorgesehene Feststellungsverfahren bezweckt die bescheidmäßige Klärung und damit die rechtswirksame Feststellung von Tatbestandsvoraussetzungen der Abgabe nach dem ALSAG. Ein solcher Feststellungsbescheid entfaltet Bindungswirkung für die Abgabenbehörde im Rahmen der Erhebung des Beitrages nach § 9 ALSAG. Die Erhebung des Beitrages nach § 9 ALSAG wiederum gliedert sich in die Festsetzung und in die Einhebung.

14 Der eingangs wiedergegebene Revisionspunkt "Recht auf Nicht-Festsetzung eines ALSAG-Beitrages bei Nicht-Vorliegen der Voraussetzungen nach dem ALSAG" beschränkt das Prozessthema ausschließlich auf eine Frage der Erhebung eines Altlastenbeitrages nach § 9 ALSAG. Damit entfernt sich das vom Revisionswerber bestimmte Prozessthema vom Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses, das nicht die Festsetzung des Beitrages, sondern eine - wenngleich für die Erhebung des Altlastenbeitrages wohl entscheidende - Feststellung nach § 10 Abs. 1 Z. 2 ALSAG zum Gegenstand hatte, sodass die außerordentliche Revision nicht von der Beantwortung der als von grundsätzlicher Bedeutung erachteten Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG abhängt.

15 Die Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

16 Damit erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 21. August 2017

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