VwGH Ra 2017/13/0006

VwGHRa 2017/13/000622.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski sowie MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des *****, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 26. September 2016, Zl. RV/7102143/2013, betreffend Einkommensteuer 2004 bis 2007, den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §184;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
BAO §184;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Revisionswerber war in den Streitjahren als Kreditvermittler tätig. Die von ihm eingenommenen Provisionen wurden nicht erklärt; am 16. Mai 2012 erstattete er Selbstanzeige.

2 Im Bericht über das Ergebnis einer Außenprüfung betreffend u. a. Einkommensteuer 2004 bis 2010 vom 14. März 2013 wurde dazu festgehalten, aufgrund fehlender bilanzieller Darstellung und Grundaufzeichnungen seien die Einnahmen gemäß § 184 BAO zu schätzen. Basis hiefür seien das Urteil das Landesgerichtes X, die zugehörigen Verhandlungsprotokolle, die Anklageschrift sowie die Einvernahme des Revisionswerbers vor der Strafsachenstelle des Finanzamtes. Der Revisionswerber habe für die Ausstellung von Lohnbestätigungen und anderen Unterlagen einen Pauschalbetrag vom jeweiligen Kreditnehmer verlangt. Auch sei ein Betrag für die Kreditbearbeiter der jeweiligen Bank in variabler Höhe abgezogen worden. Die Provisionen seien mit 15% bis 30% des beantragten Kreditbetrages anzunehmen. Ausgehend von den Kreditsummen ergäben sich die jeweiligen Einnahmen des Revisionswerbers für die Jahre 2004 bis 2007.

3 Das Finanzamt schloss sich der Beurteilung des Prüfers an und setzte die Einkommensteuer für die Jahre 2004 bis 2007 mit Bescheiden vom 19. März 2013 fest.

4 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Berufung. Die Schadenssumme sei vom Landesgericht X mit insgesamt rund 1 Mio EUR beziffert worden. Es sei davon auszugehen, dass diese Feststellung des Gerichtes anzuerkennen sei. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass Provisionen etwa 5-10% der Vermittlungssumme betrügen; nicht anders sei es auch in diesem Fall gewesen.

5 Der Prüfer erstattete eine ausführliche Äußerung zum Berufungsvorbringen.

6 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die (nunmehrige) Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach aus, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

7 Das Bundesfinanzgericht führte im Wesentlichen aus, die Besteuerungsgrundlagen seien im Wege der Schätzung zu ermitteln gewesen, weil der Revisionswerber keine Geschäftsunterlagen, Bilanzen oder dergleichen vorgelegt habe. Nach dem Urteil des Landesgerichtes X wegen gewerbsmäßigem schweren Betrugs zu Lasten der Kreditgeber (Banken) stehe fest, dass der Revisionswerber jedenfalls im Zeitraum März 2004 bis Mai 2007 in großem Stil Kreditvermittlungen durchgeführt habe. Dem Urteil, in dem auch von "exorbitanten" Provisionen die Rede sei, seien die Kreditsumme pro Jahr sowie die Anzahl der Kredite zu entnehmen, welche die bindende Grundlage für die Schätzung bildeten. Die Behauptung des Revisionswerbers, er habe Provisionen von lediglich 10% (und nicht - wie vom Prüfer angenommen - 20%) erhalten, seien durch im angefochtenen Erkenntnis näher angeführte Beispiele entkräftet. Zu den weiters vom Prüfer angesetzten Einnahmen (Beschaffung von Unterlagen, Bearbeitung der Bank) habe der Revisionswerber kein Vorbringen erstattet. Ausgaben seien nicht angesetzt worden, da dazu weder Vorbringen erstattet noch Unterlagen vorgelegt worden seien. Eine Revision sei nicht zulässig, weil im Wesentlichen Sachverhaltsfragen strittig gewesen seien.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Zur Zulässigkeit wird in der Revision ausgeführt, das Bundesfinanzgericht zitiere in seinem Erkenntnis richtigerweise die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dazu, dass die Abgabenbehörden an die die Partei betreffenden rechtskräftigen Strafurteile gebunden seien. Es fehle aber Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wie mit jenen Tatsachen, die sich aus dieser Bindungswirkung ergäben, umzugehen sei. Das Bundesfinanzgericht lege die von ihm herangezogenen Einzelfälle, die in der Entscheidung zitiert würden, auf sämtliche Kreditvermittlungen des Abgabenschuldners um und folgere daraus eine Provisionshöhe von 20% in sämtlichen Fällen, in denen der Revisionswerber als Kreditvermittler tätig gewesen sei. Es gebe keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und keine gesetzliche Bestimmung, die eine derartige Vorgangsweise zulassen würde.

13 Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

14 Ziel einer Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen (vgl. - unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - Ritz, BAO5, § 184 Tz 3).

15 Einen zur Zulässigkeit der Revision führenden Verfahrensmangel zeigt die Revision nicht auf. Die Schätzungsbefugnis dem Grunde nach wird vom Revisionswerber nicht in Frage gestellt. Zur Höhe der aus der Kreditvermittlung erzielten Einnahmen konnte sich das Bundesfinanzgericht aber etwa auf Angaben in der Anklageschrift stützen, wonach der Revisionswerber für die Vermittlung der Kredite von den Kreditwerbern (die regelmäßig über keine Beschäftigung verfügten und nicht kreditwürdig gewesen wären; der Revisionswerber habe für diese Personen gefälschte Unterlagen besorgt, die den Banken vorgelegt worden seien) Provisionsgebühren (insgesamt) in Höhe von etwa einem Drittel bis zur Hälfte der ausbezahlten Kreditsumme verlangt habe. In den im angefochtenen Erkenntnis geschilderten Einzelfällen betrugen die Provisionen des Revisionswerbers stets erheblich mehr als 20%. Wenn der Prüfer und diesem folgend auch das Bundesfinanzgericht insgesamt eine Provision von durchschnittlich 20% der Kreditsumme angenommen haben, so kann die Revision im Hinblick auch auf die Besonderheiten dieses Falls einen Verfahrensmangel nicht darlegen.

16 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2017

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