VwGH Ra 2017/10/0009

VwGHRa 2017/10/000922.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, den Hofrat Dr. Lukasser und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des J E in S, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 23. März 2016, Zlen. 405- 9/11/1/5-2016, 405-9/12/1/7-2016, betreffend Mindestsicherung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art140 Abs5;
B-VG Art140 Abs7;
MSG Slbg 2010 §13 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art140 Abs5;
B-VG Art140 Abs7;
MSG Slbg 2010 §13 Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Die Zulässigkeitsbegründung der gegenständlichen Revision räumt ein, dass sich der Verwaltungsgerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 24. Februar 2016, Ro 2016/10/0005, mit den Auswirkungen des eine Wortfolge in § 13 Abs. 1 Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2015, G 364/2015 und G 544-548/2015-7, dahingehend auseinandergesetzt hat, dass die aufgehobene Bestimmung weiterhin auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden sei. In der Revisionssache stamme aber der verwaltungsbehördliche Bescheid vom 14. Dezember 2015, er sei daher erst nach dem aufhebenden Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes erlassen worden. In der Literatur werde die Ansicht vertreten, "dass die Wirkung der durch den Verfassungsgerichtshof ausgesprochenen Verfassungswidrigkeit kraft verfassungsrechtlicher Anordnung unmittelbar eintritt, dh schon vor der Normwirkung der Aufhebung, die erst durch die Kundmachung vermittelt wird (vgl. Schäffer/Kneihs in Kneihs/Lienbacher (Hrsg), Rill-Schäffer-Kommentar Bundesverfassungsrecht, Rz 84)".

5 Die in der Revision angesprochene Fundstelle behandelt - was anhand der in der Revision verwendeten Formulierung nicht hervorkommt - die in Art. 140 Abs. 7 1. Satz B-VG normierte Bindungswirkung eines Ausspruchs des Verfassungsgerichtshofes (insbesondere gegenüber dem Verfassungsgerichtshof selbst). Wie sich aber schon aus dem Text des Zitats ergibt, ist diese von der in Art. 140 Abs. 5 3. Satz B-VG festgelegten - für die Frage der Anwendung des aufgehobenen Gesetzes allein maßgeblichen - Aufhebungswirkung zu unterscheiden. Mit dem Literaturzitat wird daher nicht - wie es die Revision nahelegt - behauptet, die Aufhebungswirkung trete schon vor Kundmachung ein.

6 Die Aufhebung tritt nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 140 Abs. 5 3. Satz B-VG mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft. Da im vorliegenden Fall die Kundmachung des Landeshauptmannes von Salzburg mit LGBl Nr. 5/2016 am 29. Jänner 2016 erfolgt ist, trat die Aufhebung mit Ablauf dieses Tages in Kraft. Alleine dieses Datum ist ausschlaggebend für die Frage, ob ein Tatbestand, weil er vor oder nach diesem Datum verwirklicht wurde, anhand der als verfassungswidrig aufgehobenen oder der bereinigten Rechtslage zu beurteilen ist (vgl. Art. 140 Abs. 7 2. Satz B-VG).

7 Auf die bis einschließlich 29. Jänner 2016 verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist daher das Sbg. MSG in der aufgehobenen Fassung weiterhin anzuwenden. Für den vorliegenden Fall, bei dem es um die Leistungszeiträume September, Oktober und Dezember 2015 geht und der kein Anlassfall ist, ist die aufgehobene Wortfolge somit weiter anzuwenden. Er unterscheidet sich insofern nicht von dem mit Erkenntnis vom 24. Februar 2016, Ro 2016/10/0005, entschiedenen.

8 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2017

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