VwGH Ra 2017/07/0019

VwGHRa 2017/07/001927.4.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision des Ing. S N in D, vertreten durch Mag. Gerd Egner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 26. Jänner 2017, Zl. LVwG 53.28-2740/2016-8, betreffend Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis zu einer Agrargemeinschaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Agrarbezirksbehörde für Steiermark; mitbeteiligte Partei:

Agrargemeinschaft F, vertreten durch Divitschek Sieder Sauer Peter Rechtsanwälte GesbR in 8530 Deutschlandsberg, Raiffeisenstraße 3/II. Stock), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Asbs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 In der außerordentlichen Vollversammlung der mitbeteiligten Agrargemeinschaft vom 9. Dezember 2015 wurde über einen Optionsvertrag bzw. Dienstbarkeitsvertrag zwischen der Agrargemeinschaft und der E GmbH mehrheitlich Beschluss gefasst. Inhaltlich ging es dabei um die Option zum Abschluss eines Dienstbarkeitsvertrages zur Nutzung der Liegenschaft der Agrargemeinschaft zum weiteren Ausbau eines Windparks.

2 Eine dagegen seitens des Revisionswerbers erhobene Minderheitenbeschwerde wurde mit Spruchpunkt I des Bescheides der belangten Behörde vom 6. September 2016 als unbegründet abgewiesen.

3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers an das Landesverwaltungsgericht Steiermark (LVwG) wurde mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis vom 26. Jänner 2017 als unbegründet abgewiesen.

4 Das LVwG vertrat nach Feststellung des Sachverhaltes und nach Darstellung der Rechtslage näher begründet die Ansicht, dass Inhalt des Vollversammlungsbeschlusses vom 9. Dezember 2015 lediglich gewesen sei, dass und zu welchen Bedingungen der Windpark auf dem Nachbargrundstück in untergeordnetem Maße auf Gemeinschaftsgrund erweitert werden dürfe. Die Agrargemeinschaft sei daher weder gehalten gewesen, Anbote von anderen Anbietern von Windkraftanlagen einzuholen noch grundsätzlich neue Vertragsbedingungen auszuhandeln, sondern die Vertragsbedingungen auf sie als Options- und Dienstbarkeitsgeberin anzupassen. Dass die rechtmäßigen Ansprüche der Mitglieder aufgrund oder als Folge dieser Verträge nicht mehr befriedigt werden könnten, der Gemeinschaftsbesitz nicht mehr erhalten werden könne oder das festgelegte Pachtentgelt und die vollständige Übernahme der Wegeerhaltung durch die Vertragspartner auch für von den Mitgliedern genutzte Wege dem in den Verwaltungssatzungen genannten Zweck zuwiderliefen, habe der Revisionswerber nicht vorgebracht und sei auch nicht erkennbar. Die Beschwerde sei daher abzuweisen.

5 Die ordentliche Revision wurde mit dem Hinweis darauf nicht zugelassen, dass keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorlägen.

6 Der Revisionswerber erhob eine außerordentliche Revision, in der er als Zulässigkeitsgründe Folgendes geltend macht:

"Das LVwG hat in Bestätigung der Entscheidung des Revisionsgegners Options- und Nutzungsverträge (Anlage 154, 155), welche der Vollversammlung nicht in unterzeichneter Form vorgelegt wurden, als rechtmäßig genehmigt angesehen, aber dabei verkannt, dass die vertragsschließenden Parteien in den Vertragsurkunden (Anlage 154, 155) keine Berufung auf Vollversammlungsbeschlüsse ersichtlich sind. Auch ist das Protokoll der außerordentlichen Vollversammlung vom 9.12.2015 nicht gem. Verwaltungsstatut (Anlage 1 B) § 7 Abs. 4 verifiziert.

Options- und Nutzungsvertrag (Anlage 154, 155) selbst wurden daher von den Parteien dann aber gar nicht abgeschlossen. Die Agrarbezirksbehörde hat sich in völliger Verkennung, dass hier erneut entgegen des Verwaltungsstatutes vom 26.03.1960 (Anlage 1 B) gehandelt wird und diesem Standpunkt auch das Landesverwaltungsgericht Steiermark gefolgt ist (Ablehnung einer beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung zur Tatsachenbestimmung/Klärung) Entscheidungen im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des VwGH gesetzt."

7 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. den hg. Beschluss vom 21. November 2014, Ra 2014/02/0114, mwN).

12 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. dazu die hg. Beschlüsse vom 10. Februar 2015, Ra 2015/02/0016, und vom 25. März 2014, Ra 2014/04/0001, uvm).

13 Der Revisionswerber macht mit seinem gesonderten Vorbringen in der Zulassungsbegründung geltend, die Verträge seien der Vollversammlung nicht unterfertigt vorgelegt worden, sie enthielten keine Berufung auf Vollversammlungsbeschlüsse, sie seien daher in Wahrheit gar nicht abgeschlossen worden. Die Vorgangsweise widerspreche dem Verwaltungsstatut aus 1960, insbesondere der Bestimmung des § 7 Abs. 4.

14 Mit diesem Vorbringen verkennt der Revisionswerber den Inhalt des Beschlusses der Vollversammlung vom 9. Dezember 2015.

15 Aus dem im Akt erliegenden Protokoll ergibt sich, dass nach ausführlicher Diskussion der damaligen Situation und der beiden zur Abstimmung stehenden Varianten (Abschluss oder Nichtabschluss des der Einladung zur Vollversammlung beigelegenen Options- und Dienstbarkeitsvertrags) noch vor der Abstimmung über die erste Variante näher genannte Forderungen der Agrargemeinschaft als Modifikation dieser Variante protokolliert wurden und ebenfalls zur Abstimmung standen. Die Abstimmung ergab eine Mehrheit für die Variante 1 (den Abschluss des Options- und Dienstbarkeitsvertrags), der Vorstand wurde mit den Verhandlungen insbesondere in Bezug auf die ausformulierten weiteren Forderungen der Agrargemeinschaft betraut. Falls die Vertragspartnerin darauf nicht einginge, würde der Vertrag nicht abgeschlossen.

16 Die Vollversammlung beschloss daher zwar, die Options- und Dienstbarkeitsverträge abschließen zu wollen, aber nur für den Fall, dass bestimmte Forderungen der Agrargemeinschaft berücksichtigt würden. Daher spielte es keine Rolle, dass die damals vorliegenden Verträge noch nicht unterfertigt waren und auch keine Berufung auf Vollversammlungsbeschlüsse enthielten.

17 Auch eine Beschlussfassung des genannten Inhalts könnte Rechte des Revisionswerbers als Mitglied der Agrargemeinschaft verletzen. Diese Frage hat das LVwG im vorliegenden, in Revision gezogenen Erkenntnis mit näherer Begründung verneint. Eine im Zusammenhang mit dieser rechtlichen Wertung stehende Rechtsfrage hat der Revisionswerber aber nicht formuliert.

18 Auch das Vorbringen, wonach die Vorgangsweise der Vollversammlung dem Verwaltungsstatut aus dem Jahr 1960 widerspreche, was seitens der belangten Behörde und des LVwG verkannt worden sei, zeigt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf. Dieses Verwaltungsstatut ist für die mitbeteiligte Agrargemeinschaft nämlich nicht mehr relevant.

Die für die Agrargemeinschaft geltenden Satzungen stellen die von der Vollversammlung am 19. April 2004 beschlossenen und am 21. Dezember 2004 agrarbehördlich genehmigten Satzungen dar. Ein Widerspruch zu ihnen wird in der Revision nicht geltend gemacht.

19 Mit einem möglichen Widerspruch zu einer nicht mehr geltenden Satzung (Statut) wird keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargelegt.

20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

21 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. April 2017

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