VwGH Ra 2017/03/0045

VwGHRa 2017/03/00453.11.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Revisionssache des W H in K, vertreten durch Dr. Alexander Katholnig, MBL, Rechtsanwalt in 6370 Kitzbühel, Franz‑Erler‑Straße 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 21. März 2017, Zl. LVwG‑2016/41/2182‑4, betreffend Übertretung der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Kufstein), den Beschluss gefasst:

Normen

GelVerkG 1996 §3 Abs1 Z2
GelVerkG 1996 §3 Abs1 Z3

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2017030045.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 A. Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2 B.  Mit Straferkenntnis vom 12. September 2016 der vor dem Verwaltungsgericht belangten Bezirkshauptmannschaft Kufstein (BH) wurde dem Revisionswerber Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben es als gewerberechtlicher Geschäftsführer der S GmbH, diese ist Gewerbeinhaber für das Taxi‑Gewerbe mit acht PKW, zu verantworten, dass zum angeführten Zeitpunkt [04.06.2016, 05.00 Uhr], am angeführten Ort [G Dorfzentrum], mit dem angeführten Kraftfahrzug, M F als Taxilenker eingesetzt, obwohl dieser nicht im Besitze eines Taxilenkerausweises war.“

3 Dadurch habe der Revisionswerber die Bestimmung des § 4 Abs. 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, BGBl. Nr. 85/1952, verletzt. Über ihn wurde deshalb gemäß § 25 Abs. 1 BO iVm § 15 Abs. 1 Z 5 des Gelegenheitsverkehrsgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von € 600,‑ ‑ (Ersatzfreiheitsstrafe: fünf Tage) verhängt.

4 C. Mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen gerichtete Beschwerde gemäß § 50 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass es bei der verletzten Rechtsvorschrift nunmehr „§ 4 Abs. 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr ‑ BO 1994, BGBl. Nr. 951/1993 idF BGBl. II Nr. 165/2005“ zu lauten hat (Spruchpunkt 1.). Die Erhebung einer ordentlichen Revision gegen diese Entscheidung wurde für unzulässig erachtet (Spruchpunkt 3.).

5 Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass der Revisionswerber gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten GmbH sei, die an einem näher genannten Standort ein konzessioniertes Taxigewerbe mit acht Pkw betreibe. Für diesen Standort sei auch das gegenständliche Taxifahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen K angemeldet. Am 4. Juni 2016 gegen 05.00 Uhr habe der besagte Lenker ‑ dieser sei seit etwa vier Jahren bei dem Unternehmen in E beschäftigt ‑ mit diesem Pkw einen Schüler und zwei Freunde von einem Lokal in E nach G befördert, wobei er unstrittig nicht im Besitz eines Taxilenkerausweises gewesen sei. Dass der besagte Lenker zum Tatzeitpunkt den in Rede stehenden Pkw gelenkt habe, sei sowohl vom Lenker als auch von einem beförderten Fahrgast bei der Verhandlung am 1. März 2017 bestätigt worden, weshalb an dieser Fahrt kein Zweifel bestehe. Dass der Lenker, wie in der Beschwerde gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid behauptet, zum Tatzeitpunkt mit dem Fahrzeug gar nicht unterwegs gewesen sei, erweise sich vor diesem Hintergrund als reine Schutzbehauptung. Gleiches gelte für den Wechsel in der Verantwortung im Rahmen der mündlichen Verhandlung, wonach dieses Kfz als Mietwagen im Einsatz gewesen wäre, zumal am Standort E nur acht Taxifahrzeuge gemeldet seien. Dass das gegenständliche Fahrzeug vom Lenker als Ersatzmietwagen eingesetzt worden wäre, sei den Fahrgästen gegenüber vom Lenker weder beim Antritt noch während der Fahrt erklärt worden. Vom Taxilenker sei gegenüber den Fahrgästen kein Hinweis dahingehend erfolgt, dass er einen Mietwagen lenken würde, wie sich aus den Zeugenaussagen von K E und des besagten Lenkers im Zuge der Verhandlung ergeben hätte (so sei auch nicht behauptet worden, dass sich das „eigentliche Mietfahrzeug“ in einer Werkstatt befunden hätte und das Taxifahrzeug deshalb als Ersatzfahrzeug im Einsatz gewesen wäre). Das in E vor einem Lokal wartende Kraftfahrzeug mit dem genannten Kennzeichen sei für die beförderten Gäste eindeutig als Taxi wahrnehmbar gewesen, weshalb dieses von den Fahrgästen auch in Anspruch genommen worden sei. Nicht feststellbar sei, ob neben dem Logo der S GmbH auf beiden Längsseiten auch eine Taxileuchte auf dem Dach des Kfz befestigt gewesen sei. Auch sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass die Fahrgäste einen Mietwagen bestellt hätten. Dass dem Lenker vor Fahrtantritt in diesem Sinn ein konkreter hinreichend bestimmter Fahrauftrag erteilt worden wäre, sei im Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen, die Fahrgäste hätten derartiges auch nicht erwähnt. Es habe sich somit so verhalten, dass das gegenständliche Fahrzeug, das zum Tatzeitpunkt auch als Taxi zugelassen gewesen sei „(Code 25: zur Verwendung im Rahmen des Taxigewerbes bestimmt)“, als ein auch für die Fahrgäste wahrnehmbares Taxi eingesetzt worden sei. Von den Fahrgästen sei das vor dem Lokal in E bereits wartende Taxifahrzeug eindeutig als solches wahrgenommen und als Taxi und nicht als Mietwagen in Anspruch genommen worden.

6 D. Der im Revisionsfall in Rede stehende (in den 2. Teil, „Bestimmungen über die Ausbildung, Gesundheit und Zuverlässigkeit der im Fahrdienst tätigen Personen“ eingeordnete) § 4 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr ‑ BO 1994, BGBl. Nr. 951/1993 in der Fassung BGBl. II Nr. 165/2005, lautet:

„Besondere Bestimmungen für das Taxi‑Gewerbe

§ 4 (1) Als Lenker im Fahrdienst (Taxilenker) dürfen nur Personen tätig werden, die einen Ausweis nach dem Muster der Anlage 1 besitzen.

(2) Der Gewerbeinhaber darf im Fahrdienst nur Lenker verwenden, die Inhaber eines derartigen Ausweises sind.

(3) Der Lenker hat den Ausweis während des Fahrdienstes mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen. Die Bestätigung der Behörde über die Verlust‑ oder Diebstahlanzeige ersetzt den Ausweis jedoch nicht länger als vier Wochen, gerechnet vom Tage der Meldung des Verlustes oder der Anzeige des Diebstahls.“

7 § 3 des Gelegenheitsverkehrs‑Gesetzes 1996, BGBl. Nr. 112/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2017 ‑ GelVerkG, lautet auszugsweise:

„Arten der Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen

§ 3. (1) Konzessionen für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (§ 2 Abs 1) dürfen nur für folgende Arten des gewerbsmäßigen Gelegenheitsverkehrs erteilt werden:

1.für die Personenbeförderung mit Omnibussen, die zu jedermanns Gebrauch unter Einzelvergebung der Sitzplätze an öffentlichen Orten bereitgehalten oder angeboten werden (Ausflugswagen‑Gewerbe; ein auf das Gebiet einer Gemeinde beschränktes Ausflugswagen‑Gewerbe heißt Stadtrundfahrten‑Gewerbe); oder

2.für die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises mit Kraftfahrzeugen (Omnibussen oder Personenkraftwagen), unter Beistellung des Lenkers auf Grund besonderer Aufträge (Bestellungen) (Mietwagen‑Gewerbe); oder

3.für die Personenbeförderung mit Personenkraftwagen, die zu jedermanns Gebrauch an öffentlichen Orten bereitgehalten werden oder durch Zuhilfenahme von Fernmeldeeinrichtungen angefordert werden (mit Kraftfahrzeugen betriebenes Platzfuhrwerks‑Gewerbe (Taxi‑Gewerbe); diese Gewerbeberechtigung umfasst auch die alleinige Beförderung von Sachen, die von einer Person ohne Zuhilfenahme technischer Hilfsmittel getragen werden können, sowie die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises aufgrund besonderer Aufträge; oder

...“

8 E. Das Mietwagen‑Gewerbe iSd § 3 Abs. 1 Z 2 GelVerkG ist dadurch gekennzeichnet (siehe zum Folgenden VwGH 21.10.2014, Ra 2014/03/0006, VwSlg. 18952 A), dass die Beförderung eines geschlossenen Teilnehmerkreises auf Grund besonderer Aufträge stattfindet und in der Regel zur Durchführung von Fahrten auf längere Dauer mit entfernteren Fahrtzielen in Anspruch genommen wird, während das Wesen des Taxigewerbes (§ 3 Abs. 1 Z 3 GelVerkG) darin liegt, dass Pkw zur Durchführung irgendwelcher, meist kurzer Fahrten innerhalb eines enger umgrenzten Gebietes im Bedarfsfall bereitgehalten werden.

9 Gegenstand des Mietwagen‑Gewerbes ist die Personenbeförderung. Es handelt sich um Werkverträge, bei welchen für die Festlegung des Entgelts zwischen den Kontrahenten nach der Natur der vom Unternehmer zu erbringenden Leistung der Umfang dieser Leistung im Vordergrund steht. Maßgebend für die Entgeltberechnung ist in erster Linie die gemäß dem erteilten Fahrtauftrag entsprechende Entfernung, über welche die Beförderungsleistung zu erbringen ist.

10 Für die Abgrenzung, ob eine Personenbeförderung im Rahmen der Ausübung des Mietwagen‑ oder des Taxigewerbes erfolgt ist, ergibt sich nach der zitierten Rechtsprechung daraus, dass sich der Unternehmer im Falle der telefonischen Anforderung des Fahrzeuges jedenfalls dann nicht darauf berufen kann, in Ausübung des Mietwagengewerbes tätig geworden zu sein, wenn nicht schon bei der Bestellung ein den Umfang der zu erbringenden Leistung hinreichend bestimmender Fahrtauftrag erteilt wurde. Nicht die Art des Kommunikationsmittels, mit dessen Hilfe es zum Fahrtauftrag kam, ist entscheidend, sondern der Inhalt des erteilten Auftrags, der bereits anlässlich der Bestellung des Fahrzeuges die zu erbringende Beförderungsleistung zumindest nach Anfangs‑ und Endpunkt zu umschreiben hat.

11 F.  Von diesen Leitlinien der Rechtsprechung weicht die in Revision gezogene Entscheidung nicht ab.

12 Aus den insoweit nicht strittigen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes ergibt sich, dass im Zusammenhang mit der eingangs genannten Fahrgastbeförderung eine der Fahrt vorangehende Bestellung mit einem Fahrtauftrag im Sinn der dargestellten Rechtslage nicht erfolgte. Vielmehr wurde dieser Pkw von den dann beförderten Personen in Anspruch genommen, als sich dieser vor dem Lokal für Fahrgäste zur Benutzung bereithielt. Von daher erscheint die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass dieses Fahrzeug für die Fahrgäste als Taxi wahrnehmbar war, als nicht unschlüssig, zumal dieser Pkw unstrittig ohnehin auf beiden Längsseiten auch das Logo der S GmbH aufwies. Damit wurde das Fahrzeug von diesen Personen auf eine Weise benützt, wie es nach der dargestellten Rechtslage nicht der Ausübung des Mietwagengewerbes, sondern der Ausübung des Taxigewerbes entspricht. Der Revisionswerber wendet sich auch nicht gegen die Feststellung, dass das benützte Fahrzeug mit dem genannten amtlichen Kennzeichen als Taxifahrzeug für das von ihm betriebene konzessionierte Taxigewerbe mit acht Pkw angemeldet war. Ferner vermag der Hinweis nicht zu Gunsten der Revision auszuschlagen, dass bei der mündlichen Verhandlung kein Vertreter der BH anwesend gewesen sei und der Revisionswerber daher „sein ihm zustehendes Fragerecht“ gegenüber der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde nicht habe ausüben können. Dies schon deshalb, weil es die Revision schon in ihrem Vorbringen zur Revisionszulässigkeit unterlässt, näher darzulegen, welche Fragen von Seiten des Revisionswerbers an den Behördenvertreter hätten gestellt werden können, um zu einem anderen, für den Revisionswerber günstigen Ergebnis zu gelangen. Derart erweist sich im gegenständlichen Fall schließlich die von der revisionswerbenden Partei als Rechtsfrage von grundsätzlichem Charakter qualifizierte Frage der Anforderungen an die Kennzeichnung von Ersatzfahrzeugen als nicht entscheidend.

13 G.  In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach Einleitung des Vorverfahrens und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die vor dem Verwaltungsgericht belangte Bezirkshauptmannschaft zurückzuweisen.

14 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff iVm der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 18. Oktober 2017

Stichworte