VwGH Ra 2017/02/0126

VwGHRa 2017/02/012628.7.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 31. März 2017, Zl. VwG- 031/029/13490/2016-13, betreffend Übertretung der StVO, (mitbeteiligte Partei: M in W, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6), zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1b;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich Spruchpunkt I. im Umfang des dort angeführten Spruchpunktes 4. des Straferkenntnisses der Landespolizeidirektion Wien vom 19. September 2016, Zl. VStV/916300694909/2016 (Lenken in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand), wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte wurde mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 19. September 2016 in dem hier nur mehr interessierenden Spruchpunkt 4. schuldig erachtet, er habe am 19. Mai 2016 um 12.16 Uhr in W ein näher spezifiziertes Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt und dadurch § 99 Abs. 1b StVO in Verbindung mit § 5 Abs. 1 StVO verletzt. Über den Mitbeteiligten wurde dafür eine Geldstrafe von EUR 800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe sieben Tage) verhängt.

2 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten hat das Landesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis im Spruchpunkt I. mit Bezug auf Spruchpunkt 4. des Straferkenntnisses vom 19. September 2016 Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

3 In der Begründung gab das Verwaltungsgericht den Verfahrensgang sowie die Gutachten von Polizeiamtsarzt und Amtssachverständigen wieder, in denen eine Beeinträchtigung des Mitbeteiligten im Lenkzeitpunkt durch Übermüdung, Suchtgift und Krankheit (Unterzuckerung) festgestellt worden ist. Ein Alkomattest sei negativ verlaufen, der Harntest habe ein positives Resultat für THC gezeigt, die Blutprobe habe 1,7 ng/ml THC ergeben.

4 Dazu hat das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, der relativ geringe Wert von 1,7 ng/ml THC könne aus einem mehrere Tage zurückliegenden Konsum herrühren und belege für sich genommen keine Beeinträchtigung oder Berauschung, weil eine solche nur für einige Stunden nach dem erfolgten Konsum bestehe. Ohne Vorhandensein der beim Mitbeteiligten zum Vorfallszeitpunkt gegebenen Unterzuckerung wäre mit großer Wahrscheinlichkeit keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit des Mitbeteiligten auf Basis der gemessenen Laborwerte anzunehmen. Eine Beeinträchtigung durch Suchtmittelkonsum könne zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, durch die vorliegende Laboruntersuchung könne eine Beeinträchtigung aber - auch auf Grund der Überlagerung durch die Symptomatik einer Unterzuckerung - auch nicht mit ausreichender Sicherheit abgeleitet werden. Das Verwaltungsstrafverfahren sei daher in diesem Punkt einzustellen gewesen.

5 Nur gegen Spruchpunkt I. im Umfang der Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich des Spruchpunktes 4. des Straferkenntnisses vom 19. September 2016 (Lenken in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand) richtet sich die Revision der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

6 Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

7 Die belangte Behörde sieht unter Hinweis auf VwGH vom 24. Oktober 2016, Ra 2016/02/0133, und vom 26. Jänner 2017, Ra 2016/02/0168, in der Annahme des Verwaltungsgerichtes, der Tatbestand des § 5 Abs. 1 StVO sei vorliegend nicht erfüllt, ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

8 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat in den von der belangten Behörde zitierten Erkenntnissen vom 24. Oktober 2016 (THC-Wert des Lenkers 1,2 ng/ml) und vom 26. Jänner 2017 (THC-Wert des Lenkers 1,9 ng/ml) klargestellt, dass es gemäß § 5 Abs. 1 StVO nicht darauf ankommt, ob eine die Fahruntüchtigkeit begründende Beeinträchtigung allein auf Alkohol- oder Suchtgiftkonsum zurückzuführen ist. Für die Annahme des Tatbildes des § 5 Abs. 1 StVO genügt es, dass die Fahruntüchtigkeit neben einer Beeinträchtigung durch Suchtgift, auch auf weitere Ursachen (etwa Ermüdung, Krankheit, Medikamenteneinnahme) zurückzuführen ist. Die Strafbarkeit ist also auch dann gegeben, wenn die konsumierte Suchtgiftmenge für sich alleine noch keine Fahruntüchtigkeit bewirkt hätte.

10 Indem das Verwaltungsgericht bei einem beim Mitbeteiligten festgestellten THC-Gehalt im Blut von 1,7 ng/ml und einer hinzukommenden Übermüdung und Unterzuckerung nicht von der Erfüllung des Tatbilds des § 5 Abs. 1 StVO ausgegangen ist, hat es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 28. Juli 2017

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