VwGH Ra 2016/21/0186

VwGHRa 2016/21/018626.1.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und den Hofrat Dr. Pelant sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. April 2016, Zl. W197 2124188- 1/7E, betreffend Schubhaft (mitbeteiligte Partei: M G, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH in 1170 Wien, Wattgasse 48),

Normen

AVG §58 Abs2 impl;
AVG §60 impl;
AVG §66 Abs4;
BFA-VG 2014 §22a;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwGVG 2014 §35;
VwGVG 2014 §9;
AVG §58 Abs2 impl;
AVG §60 impl;
AVG §66 Abs4;
BFA-VG 2014 §22a;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
VwGVG 2014 §35;
VwGVG 2014 §9;

 

Spruch:

1. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses wird insoweit, als damit über die Anhaltung des Mitbeteiligten bis zum 1. April 2016, 13:10 Uhr, abgesprochen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufgehoben.

2. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte wurde am 31. März 2016 um 22:50 Uhr nach dem BFA-VG festgenommen und in der Folge im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel angehalten. Am 1. April 2016 um 13:10 Uhr ordnete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG mit sofort in Vollzug gesetztem Mandatsbescheid die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung an.

2 Mit Schriftsatz vom 5. April 2016 erhob der Mitbeteiligte gegen den Schubhaftbescheid vom 1. April 2016, die Anordnung der Schubhaft und die fortdauernde Anhaltung in Schubhaft seit dem 1. April 2016 Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde statt und erklärte "die Anhaltung vom 31.03.2016, 22:50 Uhr, bis 06.04.2016, 09:00 Uhr" für rechtswidrig (Spruchpunkt A.I.). Gemäß § 35 Abs. 2 VwGVG verpflichtete es den Bund zum Kostenersatz gegenüber dem Mitbeteiligten (Spruchpunkt A.II.). Mit Spruchpunkt A.III. wies es den Antrag des Mitbeteiligten auf Befreiung von der Eingabegebühr zurück. Mit Spruchpunkt B. sprach es gemäß § 25a Abs. 1 VwGG aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei. Gegen die Spruchpunkte A.I. und A.II. richtet sich die vorliegende Revision des BFA, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

4 1. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG macht das BFA zunächst geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht über einen vom Mitbeteiligten nicht bekämpften Zeitraum abgesprochen habe. Dadurch sei es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Sache des Beschwerdeverfahrens abgewichen.

5 Insoweit ist die Revision zulässig und berechtigt:

6 Der Mitbeteiligte hat mit seiner Beschwerde gemäß § 22a BFA-VG ausdrücklich nur den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab dem 1. April 2016 bekämpft. Gegen die vorangegangene Anhaltung auf Grund der Festnahme nach § 40 Abs. 1 Z 2 BFA-VG richtete sich die Beschwerde nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat daher, soweit es die Anhaltung schon ab dem 31. März 2016 bis zur Erlassung des Schubhaftbescheides für rechtswidrig erklärte, die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten.

7 In diesem Umfang war Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes aufzuheben.

8 2. Im Übrigen war die Revision aber wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen:

9 Die Revision macht zwar noch geltend, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen abgewichen sei. Es ist im vorliegenden Fall aber trotz der vorhandenen Mängel in der Gliederung des angefochtenen Erkenntnisses ausreichend erkennbar, von welchen Tatsachenfeststellungen das Bundesverwaltungsgericht auf Grund welcher Erwägungen ausgegangen ist und wie es diesen Sachverhalt rechtlich beurteilt hat, sodass weder die Rechtsverfolgung durch die Parteien noch die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird (vgl. in diesem Sinn etwa auch den hg. Beschluss vom 9. September 2016, Ra 2015/12/0047, mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wurde insoweit daher nicht aufgezeigt.

10 Zur in Spruchpunkt A.II. getroffenen Kostenentscheidung bringt die Revision nur vor, dass sich deren Rechtswidrigkeit schon aus der Aufhebung von Spruchpunkt A.I. des angefochtenen Erkenntnisses ergebe. Das trifft aber nicht zu, weil der genannte Spruchpunkt nur teilweise aufzuheben war. Der Mitbeteiligte hat demnach mit seiner gegen den Schubhaftbescheid und die Anhaltung in Schubhaft gerichteten Beschwerde vollständig obsiegt, sodass der Zuspruch von Aufwandersatz gemäß § 35 VwGVG zu Recht erfolgt ist.

Wien, am 26. Jänner 2017

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