Normen
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002 §4;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte bezog im Jahr 2013 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit von zwei Dienstgebern. Von der A GmbH wurde ihm ein Dienstkraftwagen zur Verfügung gestellt. Mit diesem Fahrzeug legte er im Jahr 2013 insgesamt 45.000 km zurück. 16.000 km entfielen auf Fahrten, die in keinem Zusammenhang mit dem ersten Dienstverhältnis standen, hievon wiederum 5.000 km auf Fahrten im Rahmen seines Dienstverhältnisses zur B GmbH. Im Rahmen des Dienstverhältnisses mit der A GmbH wurde der Sachbezug gemäß § 4 Sachbezugswerteverordnung mit 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten besteuert (pro Jahr 5.067 EUR).
2 Der Mitbeteiligte machte im Rahmen des Dienstverhältnisses zur B GmbH Fahrtkosten in Höhe von 1.890 EUR als Werbungskosten geltend.
3 Mit Bescheid vom 30. September 2015 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer für das Jahr 2013 fest. Begründend führte das Finanzamt - soweit für das vorliegende Verfahren noch von Bedeutung - aus, es müsse jedenfalls der Sachbezug in voller Höhe zum Ansatz kommen, wenn der Arbeitnehmer für private Fahrten bereits mehr als 6.000 km im Jahr zurückgelegt habe. Es sei sohin dem Mitbeteiligten kein Aufwand entstanden, der für das zweite Dienstverhältnis als Werbungskosten berücksichtigt werden könnte.
4 Der Mitbeteiligte erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und machte nunmehr an Fahrtkosten im Zusammenhang mit dem zweiten Dienstverhältnis (unter Hinweis auf VwGH vom 25. April 2013, 2010/15/0209) einen Betrag von 1.583,44 EUR geltend.
5 Mit Beschwerdevorentscheidung vom 16. November 2015 wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.
6 Der Mitbeteiligte beantragte, die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorzulegen.
7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und änderte den Einkommensteuerbescheid ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
8 Begründend führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, strittig sei lediglich, ob und inwieweit die Fahrten im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis mit der B GmbH zu Werbungskosten führten.
9 Werbungskosten setzten grundsätzlich einen Aufwand oder Ausgaben des Steuerpflichtigen voraus. Bestehe für einen Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für seine Privatfahrten zu benützen, so sei ein Sachbezug anzusetzen. Damit werde der Vorteil erfasst, der darin bestehe, dass sich der Arbeitnehmer jenen Aufwand erspare, der ihm erwachsen würde, müsste er für die Kosten eines vergleichbaren Kraftfahrzeuges aus Eigenem aufkommen.
10 Im vorliegenden Fall sei der Vorteil des Mitbeteiligten, mit dem arbeitgebereigenen Kraftfahrzeug im Jahr 2013 16.000 km - ohne Zusammenhang mit seinem Dienstverhältnis zur A GmbH - zurückzulegen, mit einem Sachbezug von 5.067 EUR bewertet worden. Dieser Vorteil erfahre durch den Umstand, dass der Mitbeteiligte diese Nutzungsmöglichkeit zur Erzielung von Einkünften aus einer anderen Einkunftsquelle eingesetzt habe, eine Minderung. Diese Minderung sei als ein zu Werbungskosten führender Abfluss zu sehen. In Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis zur B GmbH seien 5.000 km zurückgelegt worden, dies entspreche 31,25% der mit dem Sachbezug abgegoltenen 16.000 km. Es sei daher ein entsprechender Anteil des Sachbezuges als Werbungskosten zu berücksichtigen.
11 Die zu lösende Rechtsfrage finde in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Deckung (Hinweis auf VwGH vom 25. April 2013, 2010/15/0209), sodass eine Revision nicht zuzulassen gewesen sei.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision des Finanzamts.
13 Das Finanzamt macht geltend, ein "zu Werbungskosten führender Abfluss" sei in jenen Fällen nicht gegeben, in denen ein Dienstnehmer - nach Abzug der auf die Verwendung des Fahrzeugs für ein weiteres Dienstverhältnis entfallenden Kilometer - noch immer über jener privaten Kilometeranzahl bleibe, die beim ersten Dienstverhältnis jedenfalls einen vollen Sachbezug im Sinne der Sachbezugswerteverordnung bewirken würde. Mangels Abflusses käme es in diesem Fall zu einer Bewertung des entsprechenden Anteils mit "null". Die Anerkennung von Werbungskosten im Zusammenhang mit dem zweiten Dienstverhältnis würde in derartigen Fällen zu einer unsachlichen Besserstellung im Vergleich zu jenen Dienstnehmerinnen und Dienstnehmern führen, denen ebenfalls ein Firmenfahrzeug für Privatfahrten zur Verfügung stehe, bei denen es trotz gleicher sachbezugsrelevanter Kilometerleistung jedoch endgültig bei der Besteuerung des vollen Sachbezugs bleibe. Gegen die Sachlichkeit der Rechtsauslegung des Bundesfinanzgerichts bestünden erhebliche Bedenken. Der auf Basis der Sachbezugswerteverordnung ermittelte Sachbezugswert könne nur dann zu einem Mittelabfluss und somit zu einer Minderung der Einkünfte aus der weiteren Einkunftsquelle führen, wenn alle sachbezugsrelevanten Fahrten für die zweite Einkunftsquelle angefallen seien (in diesem Fall seien Werbungskosten in Höhe des zugeflossenen Sachbezugs anzusetzen) oder unter Berücksichtigung der beruflichen Nutzung im zweiten Dienstverhältnis weniger als 6.000 privat gefahrene Kilometer verblieben (in diesem Fall sei der halbe Anteil des zugeflossenen vollen Sachbezugs als Werbungskosten zu berücksichtigen).
14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
15 Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. 16 Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
17 Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist gemäß § 4 Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung, BGBl. II Nr. 416/2001 (idF BGBl. II Nr. 467/2004) ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 600 EUR monatlich, anzusetzen.
18 Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des § 4 Abs. 1 der Verordnung im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist gemäß § 4 Abs. 2 der Verordnung ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75% der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal 300 EUR monatlich) anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich.
19 Da dem Mitbeteiligten im Rahmen seiner Beschäftigung bei der A GmbH ein Dienstkraftwagen zur Verfügung gestellt wurde, den er auch für nicht beruflich (im Verhältnis zur A GmbH) veranlasste Fahrten nutzen konnte, und er damit im Streitjahr auch eine Strecke von insgesamt 16.000 km zurücklegte, war ein Sachbezug in im Verfahren unbestrittener Höhe anzusetzen (5.067 EUR).
20 Nutzt der Mitbeteiligte - wie hier - dieses Fahrzeug auch im Rahmen eines weiteren Dienstverhältnisses, so ist der Einsatz dieser Nutzung im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses als ein zu Werbungskosten führender Abfluss anzusehen. Dieser Einsatz ist mit dem Wert des zugeflossenen Sachbezugs bzw. mit einem entsprechenden Anteil davon zu bewerten (vgl. VwGH vom 25. April 2013, 2010/15/0209).
21 Das Finanzamt ist der Ansicht, dass im vorliegenden Fall ein Werbungskostenabzug nicht anzusetzen sei, da der Mitbeteiligte mit dem Fahrzeug für private Fahrten - außerhalb der beiden Dienstverhältnisse - mehr als 6.000 km zurückgelegt habe, sodass der Sachbezug (unabhängig von der Nutzung auch im Rahmen eines zweiten Dienstverhältnisses) in voller Höhe zum Ansatz kommen müsse.
22 Dieser Rechtsansicht ist nicht zu folgen:
23 Bei einer - wie hier vorliegenden - Nutzung des Fahrzeuges sowohl im Rahmen eines weiteren Dienstverhältnisses als auch außerhalb, hat eine Aufteilung zu erfolgen. Dafür, dass eine Aufteilung nur bis zu einer privat zurückgelegten Strecke von 6.000 km zu erfolgen hätte (nach Ansicht des Finanzamtes: in diesem Fall entsprechend § 4 Abs. 2 der Verordnung mit dem halben Betrag), bestehen keine Anhaltspunkte. Die Sachbezugswerteverordnung regelt nur, welche Beträge für die dort genannten Sachbezüge anzusetzen sind.
24 Hätte der Mitbeteiligte ein eigenes Fahrzeug im Rahmen eines Dienstverhältnisses sowie auch privat benutzt, so könnte er tatsächlich entstehende Kosten als Werbungskosten berücksichtigen. Diese tatsächlich entstehenden Kosten - allenfalls geschätzt mit dem amtlichen Kilometergeld (vgl. VwGH vom 27. August 2008, 2008/15/0196, mwN) - können auch dann angesetzt werden, wenn das Fahrzeug in größerem Ausmaß privat genutzt wird (vgl. etwa VwGH vom 8. Oktober 1998, 97/15/0073: privat 6.830 km). Soweit tatsächlich entstehende Pkw-Kosten ausschließlich der beruflichen Verwendung zuordenbar sind, sind sie zur Gänze als Werbungskosten zu berücksichtigen; sind sie ausschließlich der privaten Verwendung zuordenbar, stellen sie keine Werbungskosten dar. In den anderen Fällen ergibt sich der absetzbare Aufwand aus dem Verhältnis der beruflich gefahrenen und Kilometer zu den Gesamtkilometern (vgl. Doralt, EStG13, § 16 Tz 220, "Fahrtkosten", und VwGH vom 27. Jänner 2011, 2010/15/0197). Als Werbungskosten zu berücksichtigen ist demnach - abgesehen von den unmittelbar zuordenbaren Kosten - ein aliquoter Anteil der Gesamtaufwendungen, nicht bloß die mit der beruflichen Nutzung verbundenen zusätzlichen Aufwendungen. Dass insoweit für die Aufteilung eines im Rahmen eines anderen Dienstverhältnisses zugeflossenen (steuerpflichtigen) Sachbezuges anderes gelten soll, ist nicht ersichtlich.
25 Auch wenn daher im vorliegenden Fall mit der beruflichen Nutzung im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses für den Mitbeteiligten im Hinblick auf die private Nutzung des Fahrzeugs keine zusätzlichen Kosten verbunden waren, ist dennoch ein aliquoter Teil des Sachbezuges als Werbungskosten im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses zu berücksichtigen. Es ist daher dem Bundesfinanzgericht nicht entgegenzutreten, wenn es den Wert des zugeflossenen Sachbezugs aliquot, und zwar im Verhältnis der zurückgelegten Strecke im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses (5.000) zu der insgesamt außerhalb des ersten Dienstverhältnisses zurückgelegten Strecke (16.000), als Werbungskosten im Rahmen des zweiten Dienstverhältnisses berücksichtigt hat.
26 Da sohin der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die vom revisionswerbenden Finanzamt behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 27. April 2017
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