VwGH Ra 2016/15/0016

VwGHRa 2016/15/001614.9.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamtes Kufstein Schwaz in 6130 Schwaz, Brandlstraße 19/1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 27. November 2015, Zl. RV/3100417/2010, betreffend Einkommensteuer 2007 (mitbeteiligte Partei: M O in P), den Beschluss gefasst:

Normen

BAO §167 Abs2;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §28;
VwGG §41;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Im vorliegenden Fall war strittig, ob im Jahr 2007 angefallene Aufwendungen im Zusammenhang mit einem im September dieses Jahres erworbenen Reihenhaus in Höhe von 1.657,48 EUR im Hinblick auf eine beabsichtigte Vermietung als Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind. Mit dem angefochtenen Erkenntnis anerkannte das Bundesfinanzgericht die geltend gemachten Werbungskosten. Das Bundesfinanzgericht sah das Vorliegen einer ernsthaften Vermietungsabsicht im Streitjahr als erwiesen an. Der Umstand, dass der Mitbeteiligte bereits am 23. November 2007 einem Immobilienmakler einen (befristeten) Alleinvermittlungsauftrag für eine Vermietung erteilt, das Objekt im Internet angeboten und später mit einem anderen Immobilienmakler einen weiteren Alleinvermittlungsauftrag abgeschlossen habe, stellten Indizien für die ernsthafte Absicht zur späteren Einnahmenerzielung dar. Das Objekt sei als Büro bezeichnet worden, was auch der tatsächlichen Konzeption entspreche. Die Lebensgefährtin (nunmehrige Ehefrau) des Mitbeteiligten habe nahezu gleichzeitig mit der Anschaffung der strittigen (Büro)Räumlichkeiten ein anderes Reihenhaus erworben, das unzweifelhaft zum Wohnen geeignet sei und auch tatsächlich vom Mitbeteiligten und seiner Partnerin bewohnt werde. Eine private Nutzung der strittigen (Büro)Räumlichkeiten durch den Mitbeteiligten oder durch nahe Angehörige des Mitbeteiligten habe das Finanzamt nicht dargetan. Bei der Beurteilung der ernsthaften Vermietungsabsicht komme auch dem Umstand Relevanz zu, dass die Immobilie zwar mangels Findens eines "geeigneten" Mieters im Streitjahr 2007 und den beiden Folgejahren nicht vermietet gewesen sei, dann aber ab Mai 2010 bis 30. April 2013 und wieder ab November 2013 bis laufend tatsächlich als Büro vermietet werde. In den beiden Jahren einer durchgängigen Vermietung seien auch jeweils positive Einkünfte erzielt worden. Anhaltspunkte dafür, dass die Vermietungsabsicht erst nach dem Streitjahr 2007 beim Mitbeteiligten entstanden wäre, lägen nicht vor. Die nachfolgende tatsächliche Vermietung als Büro im Konnex mit dem zeitnah erteilten, für sechs Monate bindenden Alleinvermittlungsauftrag, dem Anbieten im Internet, dem Abschluss eines weiteren Alleinvermittlungsauftrages und dem Umstand, dass das eigene Wohnbedürfnis durch die zeitgleiche Anschaffung eines anderen Reihenhauses ausreichend abgedeckt sei, rechtfertigten in freier Beweiswürdigung die Schlussfolgerung, dass die ernsthafte Absicht zur Vermietung dieses Objektes als Büro von Anfang an bestanden habe und damit die Einnahmenerzielungsabsicht als klar erwiesen angesehen werden könne.

5 Eine ordentliche Revision erachtete das Bundesfinanzgericht für unzulässig, weil die entscheidungserhebliche Rechtsfrage, unter welchen Umständen Werbungskosten bereits steuerliche Berücksichtigung finden könnten, bevor der Steuerpflichtige aus der Vermietung Einnahmen erzielt, in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sei (Hinweis u.a. auf VwGH vom 28. Juni 2012, 2010/15/0016). Bei der demnach vorzunehmenden Prüfung der als klar erwiesen anzusehenden ernsthaften Vermietungsabsicht handle es sich um eine Tatfrage, welche in freier Beweiswürdigung zu beantworten sei.

6 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Das Finanzamt erachtet die Revision als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis insoweit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche, als das Bundesfinanzgericht bei der Entscheidung über die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten Umstände berücksichtigt habe, die erst in einem dem Besteuerungszeitraum folgenden Jahr verwirklicht worden seien. Entgegen dem angeführten Erkenntnis vom 28. Juni 2012, 2010/15/0016, habe das Bundesfinanzgericht die später vorgenommene tatsächliche Vermietung als das ausschlaggebende Kriterium für das Vorliegen einer Vermietungsabsicht im Streitjahr beurteilt.

7 Der zur Zulässigkeit der Revision vorgebrachte Grund, das Bundesfinanzgericht sei vom Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 2012, 2010/15/0016, abgewichen, liegt nicht vor.

8 Nach ständiger, etwa auch im angeführten Erkenntnis zum Ausdruck gekommener, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können Werbungskosten und damit negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung unter Umständen bereits steuerliche Berücksichtigung finden, bevor noch der Steuerpflichtige aus einer Vermietung Einnahmen im einkommensteuerlichen Sinn erzielt. Für diese Berücksichtigung reichen allerdings weder bloße Absichtserklärungen des Steuerpflichtigen über eine künftige Vermietung aus noch der Umstand, dass der Steuerpflichtige bloß die Möglichkeit zur Erzielung von Einkünften aus der Vermietung ins Auge fasst. Voraussetzung einer Berücksichtigung von Werbungskosten vor der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ist, dass die ernsthafte Absicht zur späteren Einnahmenerzielung auf Grund bindender Vereinbarungen oder sonstiger, über die Absichtserklärung hinaus gehender Umstände als klar erwiesen angesehen werden kann. Der auf Vermietung des Objektes gerichtete Entschluss des Steuerpflichtigen muss klar und eindeutig nach außen hin in Erscheinung treten.

9 Die Frage, ob die geschilderten Voraussetzungen vorliegen, ist eine auf der Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Sachfrage, die der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur insoweit unterliegt, als das Ausreichen der Sachverhaltsermittlungen und die Übereinstimmung der behördlichen Überlegungen zur Beweiswürdigung mit den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut zu prüfen ist (vgl. VwGH vom 4. März 2009, 2006/15/0175).

10 Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. VwGH vom 30. Juni 2015, Ra 2015/15/0028, mit weiteren Nachweisen).

11 Das Bundesfinanzgericht ist im Revisionsfall in vertretbarer Weise zum Ergebnis gelangt, dass der Mitbeteiligte schon im Streitjahr zur Erzielung von Mieteinnahmen entschlossen war, was durch einen entsprechenden Vermittlungsauftrag für eine Vermietung auch nach außen in Erscheinung getreten ist. Dass es 2010 tatsächlich zur Vermietung gekommen war, durfte das Bundesfinanzgericht entgegen dem Revisionsvorbringen in seine Erwägungen zum Vorliegen einer Vermietungsabsicht auch dann miteinbeziehen, wenn dieser Umstand erst nach der im Jahr 2009 erfolgten erstinstanzlichen Veranlagung eingetreten ist. Eine im Laufe des Berufungsverfahrens tatsächlich aufgenommene Vermietungstätigkeit kann je nach Lage des Einzelfalles für oder gegen eine schon früher bestandene Vermietungsabsicht sprechen, ohne dass eine Beweiswürdigung in die eine oder andere Richtung als unschlüssig erscheinen muss. Mit dem Hinweis auf das Erkenntnis vom 28. Mai 2008, 2008/15/0013, gelingt es der vorliegenden Revision daher nicht, die gegenständliche Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts insgesamt als unschlüssig erkennen zu lassen oder eine relevante Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuzeigen, womit aber auch eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht erkennbar ist.

12 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 14. September 2017

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