VwGH Ra 2016/10/0152

VwGHRa 2016/10/015222.2.2017

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der S-Apotheke W KG in Neusiedl am See, vertreten durch Mag. Martina Maria Gaspar, Rechtsanwältin in 3300 Amstetten, Preinsbacher Straße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 18. November 2016, Zl. E 134/05/2015.002/029, betreffend Apothekenkonzession (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See; mitbeteiligte Partei: M S, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10-12), den Beschluss gefasst:

Normen

ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §10;
ApG 1907 §48 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs1;
ApG 1907 §10 Abs2;
ApG 1907 §10;
ApG 1907 §48 Abs2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland vom 18. November 2016 wurde der Beschwerde (u.a.) der Revisionswerberin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 19. Mai 2015, mit dem der mitbeteiligten Partei die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke erteilt worden war, dahin Folge gegeben, dass der Standort in näher umschriebener Weise eingeschränkt wurde; im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig ist.

2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision wird behauptet, es läge "zu noch näher auszuführenden Problemen keine bzw. keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes" vor. In weitere Folge werden unter dem Titel "a) Urteil des EuGH und seine Auswirkungen" im Wesentlichen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil vom 13. Februar 2014, C-367/12 , und Beschluss vom 30. Juni 2016, C- 634/15 ), diesbezügliche Vorlageanträge sowie ein Ministerialerlass vom 7. Juli 2016 referiert. Welche für die Lösung des vorliegenden Falles relevante grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG - im vorliegenden Fall wurde nicht etwa die beantragte Konzession unter Berufung auf das Bedarfskriterium des § 10 Abs. 2 Z. 3 Apothekengesetz (ApG) versagt, sondern eine Konzession erteilt - der Verwaltungsgerichtshof nach Ansicht der Revisionswerberin zu klären hätte, wird mit diesen Ausführungen nicht dargelegt.

6 Im Weiteren wird in den Zulässigkeitsausführungen unter dem Titel "b) Weitere Bedarfsprüfung" zusammengefasst geltend gemacht, es sei bei der Beurteilung, ob ein Bedarf gegeben sei, "das bereits vorhandene Versorgungsangebot durch bestehende öffentliche Apotheken, von diesen betriebene Filialapotheken und ärztliche Hausapotheken zu berücksichtigen". Auch erfordere es das Sachlichkeitsgebot, "eine Interessenabwägung zwischen dem Ausmaß des Vorteils einer neuen Apotheke und den aus der Neuerrichtung resultierenden Nachteilen für die Bevölkerung in den Versorgungsgebieten der neuen sowie der bereits bestehenden Apotheken vorzunehmen". Bei der Beurteilung im Einzelfall werde im Interesse der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung daher abzuwägen sein, ob "durch die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke sowohl bei Unterschreitung als auch Überschreitung des Versorgungspotentials, keine wirtschaftliche Gefährdung der bestehenden Apotheken" eintreten werde, was "im Extremfall dazu führen könnte, dass bisher gut versorgte Personen ihren Zugang zur Arzneimittelversorgung verlieren könnten." Sinn des ApG könne es gerade nicht sein, dass "eine Versorgung von Laufkundschaft in einem Einkaufszentrum" erfolge. Es bestehe daher für die Versorgung der Bevölkerung kein Vorteil aus der Neuerrichtung der beantragten Apotheke, vielmehr bestehe eine erhebliche Gefahr, dass das bisherige Versorgungspotential der bestehenden Apotheke der Revisionswerberin sowie einer weiteren Apotheke erheblich reduziert werde. Ausgehend vom Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer zur Bedarfssituation, wonach weder die bestehende Apotheke der Revisionswerberin einschließlich deren Filialapotheke noch eine weitere Apotheke im Fall der Neuerrichtung der angesuchten Apotheke einen einzigen ständigen Einwohner verlieren werde, stelle "dies den Bedarf an der neu zu errichtenden Apotheke in Frage". Die Apothekerkammer habe gemäß § 10 Abs. 7 ApG ein Gutachten zum Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke abzugeben, was "auf Grund der neuen Entscheidung" des Europäischen Gerichtshofes die Frage aufwerfe, ob besondere örtliche Verhältnisse die Neuerrichtung einer öffentlichen Apotheke rechtfertigten. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liege dazu nicht vor.

7 Mit diesen Ausführungen wird schon deshalb keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, weil bereits die diesen Ausführungen zugrundeliegende Annahme der Revisionswerberin, es sei trotz Feststellung des Fehlens der negativen Bedarfsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 2 ApG eine weitere Bedarfsfeststellung vorzunehmen, mit dem Gesetz nicht im Einklang steht. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass nach der durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1998, VfSlg. 15.103, gestalteten Rechtslage ein Versorgungspotential der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke von mehr als 5.500 zu versorgenden Personen nicht (mehr) zu den "Bedarfsvoraussetzungen" im Sinne des § 10 ApG zählte und Inhaber ("benachbarter") öffentlicher Apotheken im Konzessionsverfahren nicht geltend machen konnten, es bestehe - mangels Erreichens des Versorgungspotentials - kein "Bedarf" an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2005, Zl. 2001/10/0161). Nachfolgende Novellierungen des ApG haben daran nichts geändert. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin mangelt es demnach insofern nicht an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

8 Im Übrigen können nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken im Verfahren über die Verleihung einer Apothekenkonzession den mangelnden Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke nur insofern geltend machen, als sie eine Existenzgefährdung ihrer Apotheke als Folge der Errichtung der neuen Apotheke vorzubringen berechtigt sind. Sie können daher geltend machen, die Entfernung zwischen der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke betrage weniger als 500 m oder die Zahl der von ihrer bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen werde sich infolge der Neuerrichtung verringern und weniger als 5.500 betragen. In den anderen Fragen des Verfahrens über die Verleihung einer Apothekenkonzession kommt den Inhabern bestehender öffentlicher Apotheken jedoch kein Mitspracherecht zu. (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Oktober 2010, Zl. 2008/10/0199, mwN). In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden Revision werden allerdings keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG in Bezug auf jene Fragen, in denen der Revisionswerberin ein Mitspracherecht zukommt, aufgezeigt.

9 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Februar 2017

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte