Normen
B-VG Art133 Abs4;
LDG 1984 §72 Abs1 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
LDG 1984 §72 Abs1 Z2;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die im Jahr 1958 geborene Revisionswerberin war bis zu ihrer mit 18. September 2014 vorläufig und am 21. Oktober 2014 endgültig verfügten Suspendierung als Sonderschuloberlehrerin in der Schule X tätig.
2 Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Verwaltungsgericht Wien nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die von der Revisionswerberin gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Stadtschulrat für Wien vom 28. Oktober 2015 erhobene Beschwerde ab und bestätigte das Disziplinarerkenntnis mit der Maßgabe, dass die Revisionswerberin schuldig sei, in der Zeit vom Schuljahr 2001/2002 bis zum Schuljahr 2013/2014 die Schülerinnen K, C und E wiederholt in den Schulferien bzw. an den Wochenenden über mehrere Tage bzw. Wochen mit zu sich in ihre Wohnung in W bzw. meist in ihr Haus in N genommen zu haben und dadurch die notwendige Distanz zwischen einer Lehrerin und ihren Schülerinnen nicht eingehalten zu haben (Spruchpunkt I.I.1.); am 24. August 2013 selbst von den Schülerinnen C und E Fotos unter der Dusche, auf denen der nackte Oberkörper zu sehen sei, sowie Fotos der Schülerinnen im Schlafzimmer und im Bett lediglich mit einem Slip bekleidet angefertigt zu haben und dadurch die sexuelle Integrität dieser Schülerinnen verletzt zu haben (Spruchpunkt I.I.2.); sich ua in der Zeit von zumindest 10. August 2006 bis 28. August 2014 wiederholt vollkommen nackt in Gegenwart ihrer Schülerinnen K, E und C aufgehalten zu haben und auf diese Weise deren Intimsphäre verletzt und nicht die gebotene Distanz einer Lehrerin gegenüber ihren Schülerinnen eingehalten zu haben (Spruchpunkt I.I.3.).
3 Die Revisionswerberin habe dadurch gegen ihre Verpflichtungen gemäß § 29 Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz 1984 (LDG 1984, zu Spruchpunkt I.I.1.) sowie gemäß § 29 Abs. 2 LDG 1984 (zu den Spruchpunkten I.I.2. und I.I.3.) verstoßen, darüber hinaus auch gegen § 17 Abs. 1 Schulunterrichtsgesetz (SchUG) sowie gegen § 2 Schulorganisationsgesetz (SchOG). Wegen dieser Dienstpflichtverletzungen wurde über sie die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt.
4 Von weiteren Vorwürfen sprach das Verwaltungsgericht die Revisionswerberin infolge Verjährung gemäß § 72 Abs. 1 Z 2 LDG 1984 frei (Spruchpunkt I.II.).
5 Im Weiteren erklärte das Verwaltungsgericht eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
6 Zur Begründung dieser Entscheidung wurde im Wesentlichen zu den unter Spruchpunkt I.I.1. und Spruchpunkt I.I.3. angeführten, sich über mehrere Jahre erstreckenden Vorwürfen ausgeführt, dass jeweils ein fortgesetztes Delikt vorliege. Die Gleichartigkeit der Einzelhandlungen sei durch das immer wieder auftretende Muster, Abholen und Mitnehmen der drei unmündigen minderjährigen Schülerinnen, von denen zwei einen sonderpädagogischen Förderbedarf bzw. eine geistige Behinderung hätten, in der Zeit der Schulferien bzw. an den Wochenenden erfüllt. Auch das Erfordernis des zeitlichen Zusammenhanges sei gegeben, da diese Aufenthalte insgesamt betrachtet jährlich immer in den Schulferien bzw. an den Wochenenden stattgefunden hätten. Bei der Beurteilung des zeitlichen Zusammenhanges könnten, so das Verwaltungsgericht weiter, auch Tathandlungen mit zeitlichen Abständen unter den Begriff des fortgesetzten Delikts subsumiert werden. Die Verjährungsfrist eines fortgesetzten Delikts beginne erst mit Beendigung der letzten Tathandlung der Dienstpflichtverletzung zu laufen. Bezüglich Spruchpunkt I.I.1. sei die letzte Tathandlung im August 2014 bzw. zu Spruchpunkt I.I.3. am 28. August 2014 gesetzt worden, weshalb die Verjährungsfrist in beiden Fällen noch nicht abgelaufen gewesen sei. Auch ein Zeitraum von vier Jahren zwischen den Aufenthalten von K (zuletzt 2007) und den beiden anderen Kindern (erstmals 2011) könne daran nichts ändern.
7 Hinsichtlich der in Spruchpunkt I.I.2. angeführten Vorwürfe berief sich das Verwaltungsgericht auf die im Akt aufliegenden Fotos und führte aus, die Revisionswerberin habe eine Distanzlosigkeit gezeigt, die ihre Eignung als Lehrerin in Frage stelle. Es sei an sich deplatziert, Schülerinnen in derartigen Situationen zu fotografieren, als Sonderschuloberlehrerin solle sie aber ein besonderes Feingefühl für den Umgang mit Schülerinnen - insbesondere solche mit geistigen Behinderungen und sonderpädagogischem Förderbedarf - haben.
8 Die vorliegende Revision richtet sich erkennbar gegen die Schuldsprüche (Spruchpunkt I.I.1. bis I.I.3.) und den Strafausspruch dieses Erkenntnisses. Das Verwaltungsgericht hat die Verfahrensakten vorgelegt. Die Disziplinarkommission beim Stadtschulrat für Wien hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.
9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu treffen.
11 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, so hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl. die hg. Beschlüsse vom 20. Juni 2016, Ra 2016/09/0071, und vom 25. Jänner 2016, Ra 2015/09/0144).
12 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der eindeutigen Aktenlage, dass der die gegenständlichen Vorwürfe umfassende Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission beim Stadtschulrat für Wien vom 26. Februar 2015 in Rechtskraft erwachsen ist.
13 Vor diesem Hintergrund zeigt die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen, zwischen dem letzten Besuch von K und dem ersten Besuch von C liege ein Zeitraum von zumindest vier Jahren, weshalb die Vorwürfe zu K verjährt seien und die Annahme eines fortgesetzten Delikts zu verneinen sei, die Zulässigkeit der Revision im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht auf, wonach durch einen rechtskräftig ergangenen und bezüglich der Vorwürfe ausreichend konkreten Einleitungsbeschluss - ungeachtet seiner allfälligen Fehlerhaftigkeit - die Verjährungsfrist im Disziplinarverfahren wirksam unterbrochen wird (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 27. April 1989, 88/09/0004, Slg. Nr. 12.920 A, vom 14. November 2002, 2001/09/0008, Slg. Nr. 15.952 A, und vom 21. September 2005, 2004/09/0034, Slg. Nr. 16.719 A). Wie auch im Fall des hg. Erkenntnisses vom 14. November 2002 war bereits bei Erlassung des mit einem ordentlichen Rechtsmittel bekämpfbaren Einleitungsbeschlusses die Frage der Verjährung gemäß § 72 Abs. 1 LDG 1984 zu beurteilen und kann daher nicht neuerlich aufgeworfen werden.
14 Soweit in der Revision zur Zulässigkeit außerdem in der Unterlassung der Einvernahme der Mädchen ein Verfahrensmangel behauptet wird, wodurch die Revisionswerberin ihr Fragerecht nach § 43 Abs. 4 AVG nicht habe ausüben können, ist zu entgegnen, dass die Revisionswerberin eine Einvernahme der Mädchen ausdrücklich weder im Verfahren vor der Disziplinarkommission noch in der Beschwerde bzw. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht beantragt hat und sie mit ihrem Vorbringen die Relevanz des Verfahrensmangel für das Verfahrensergebnis nicht dazutun vermag (vgl. im Übrigen zu einer ähnlichen Konstellation das Urteil des EGMR vom 2. Juli 2002, S.N. v. Sweden, Nr. 34209/96).
15 Da in der Revision auch sonst keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
16 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 23. Februar 2017
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