Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
VStG §16;
VStG §19 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §29 Abs1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2017:RA2015170059.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 23. Dezember 2014 wurde der Revisionswerber wegen der Übertretung des § 50 Abs 4 iVm § 52 Abs 1 Z 5 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,- verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung der dagegen erhobenen Beschwerde insofern statt, als es die verhängte Geldstrafe auf EUR 400,- herabsetzte. Weiters sprach es aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
3 In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gab das Verwaltungsgericht zusammenfassend den Spruch und die Begründung des Straferkenntnisses, das Vorbringen der dagegen erhobenen Beschwerde und die Aussagen des Revisionswerbers sowie der in der mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen wieder. Nach Wiedergabe von gesetzlichen Bestimmungen stellte es fest, dass die im Lokal befindlichen Glücksspielgeräte öffentlich zugänglich aufgestellt, an das Stromnetz angeschlossen und bespielbar gewesen seien. Der Revisionswerber sei als Angestellter die einzige Person im Lokal gewesen, welche faktisch für die Verfügbarkeit der Geräte gesorgt habe.
4 Rechtlich schloss das Verwaltungsgericht daraus, dass der Revisionswerber aufgrund der ihn treffenden Duldungs- und Mitwirkungspflichten gemäß § 50 Abs 4 GSpG Testspiele unter "Bereithaltung" von Geld oder Spieleinsätzen zu ermöglichen gehabt hätte. Der Revisionswerber habe diese Mitwirkungspflicht verletzt, da er selbst nicht in Abrede gestellt habe, zunächst gegenüber den Organen der Finanzpolizei angegeben zu haben, dass kein Geld zum Anspielen der Automaten vorhanden sei. Er habe dadurch die Testspiele unter "Bereithaltung" von Geld oder Spieleinsätzen nicht ermöglicht, "wobei es am verwirklichten Tatbestand nichts ändert, falls der Beschwerdeführer in der Folge dann tatsächlich eigenes Geld zum Anspielen der Automaten zur Verfügung stellen wollte, die Kontrollorgane hiefür schon eigenes Geld verwendeten, sohin die Voraussetzungen für die erforderlichen Überprüfungen im Lokal selbst geschaffen haben".
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Gemäß Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird. Die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, muss sich aus dieser gesonderten Darstellung ergeben (vgl VwGH vom 22. Februar 2016, Ra 2015/17/0090, mwH).
10 Die Revision macht schon im Zulässigkeitsvorbringen zutreffend geltend, dass eine Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Landesverwaltungsgerichts mangels ausreichender Feststellungen zum Tathergang nicht vorgenommen werden kann.
11 Der Revisionswerber hatte in der Beschwerde, in zwei Stellungnahmen an das Verwaltungsgericht und in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht vorgebracht, es sei zwar kein (vom Lokalbetreiber bereitgestelltes) Testspielgeld vorhanden gewesen, er habe aber eigenes Geld für die Durchführung von Testspielen zur Verfügung gestellt.
12 Mit diesem Vorbringen hat sich das Verwaltungsgericht nicht auseinander gesetzt. Es stellte lediglich fest, dass bei der Kontrolle am 1. September 2014 in dem gegenständlichen Lokal öffentlich zugängliche Glücksspielgeräte in spielbereitem Zustand vorgefunden worden seien und der Revisionswerber als einzige Person, die für die Verfügbarkeit der Geräte zu sorgen gehabt habe, anwesend gewesen sei. Weiters habe er den einschreitenden Organen der Finanzpolizei gegenüber angegeben, dass kein Geld für Testspiele vorhanden sei. Über die entscheidungswesentlichen Fragen, ob der Revisionswerber eigenes Geld angeboten hat und ob ein solches Angebot vor der Durchführung der Testspiele erfolgt ist, enthält das angefochtene Erkenntnis keine eindeutigen Feststellungen. Von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht des Revisionswerbers kann aber nur dann ausgegangen werden, wenn den Kontrollorganen zu keinem Zeitpunkt vor der Durchführung der Testspiele trotz Aufforderung Spielgeld angeboten wurde. Andernfalls mangelt es an der Erfüllung des objektiven Tatbestandes.
13 Da der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall mangels ordnungsgemäßer Begründung des angefochtenen Erkenntnisses an dessen Überprüfung iSd § 41 VwGG gehindert ist, war das angefochtene Erkenntnis schon deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
14 Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs eine ordnungsgemäß begründete verwaltungsgerichtliche Entscheidung aus drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elementen besteht: 1. der im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, 2. der Beweiswürdigung, 3. der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl etwa VwGH vom 15. September 2016, Ra 2016/02/0135, mwN).
15 Eine solche Gliederung ist im angefochtenen Erkenntnis nicht erkennbar.
16 Weiters sei angemerkt, dass das Landesverwaltungsgericht auch nicht begründet hat, warum es lediglich die Geldstrafe, nicht hingegen auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt hat. Wäre der Grund der Strafmilderung in mildernden Umständen gelegen, die den Bereich des Verschuldens betreffen, müssten diese auch für die Ersatzfreiheitsstrafe Geltung haben (vgl VwGH vom 26. Jänner 1998, 97/10/0155, mwN).
17 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. Februar 2017
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