Normen
AVG §68 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §27;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Gemeinde Parndorf Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht wird abgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland (LVwG) wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Parndorf vom 28. Mai 2014, mit welchem der mitbeteiligten Partei der Einbau eines Fensters in ein bestehendes Wohnhaus auf einem näher bezeichneten Grundstück bewilligt worden war, als unbegründet abgewiesen.
5 Begründend führte das LVwG aus, der Zubau, in dem sich das nunmehr verfahrensgegenständliche Fenster befinde, sei mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Parndorf vom 23. September 1993 baubehördlich genehmigt worden. Die Berufung der nunmehrigen Revisionswerberin sei mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Parndorf vom 22. August 1994 abgewiesen worden. Im Zuge des Vorstellungsverfahrens hätten der damalige Bauwerber und die Revisionswerberin vereinbart, dass "das Fenster in der Giebelmauer (Dachausbau) vermauert wird". Der damalige Bauwerber habe der Gemeinde Parndorf am 10. Oktober 1994 mitgeteilt, dass "die vorhandene Fensteröffnung für immer vermauert" werde. In der Benützungsbewilligung (Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Parndorf vom 26. März 1996) werde festgehalten, dass die Fensteröffnung im Dachausbau in der nordwestlichen Giebelmauer (Hintausweg) gemäß der Vereinbarung vom 10. Oktober 1994 vermauert und der übrigen Fassade angepasst werde.
6 Die Revisionswerberin stütze ihr Vorbringen auf die Vereinbarung zwischen ihr und dem damaligen Bauwerber aus dem Jahr 1994. Die Baubehörden hätten dieses Vorbringen zu Recht als nicht entscheidungswesentlich bewertet. Die Baubehörden hätten lediglich über die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit eines Bauvorhabens abzusprechen. Die Frage, ob der Bauwerber wegen zivilrechtlicher Ansprüche anderer Personen zur Konsumation der Baubewilligung gar nicht befugt sei, wäre Gegenstand eines zivilgerichtlichen Verfahrens (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 6. November 1990, 90/05/0062).
7 Die Änderung des Bauvorhabens durch die Benützungsbewilligung im Jahr 1996 sei ein öffentlich-rechtlicher Akt in Form eines Bescheides auf Grund einer Willenserklärung des damaligen Bauwerbers gewesen. Wie es zu dieser Erklärung gekommen sei, ob ihr also eine zivilrechtliche Vereinbarung zu Grunde gelegen sei, sei schon damals für die Entscheidung der Baubehörde irrelevant gewesen. Die Änderung sei, ohne dass dies im Bescheid vom 26. März 1996 thematisiert werde, als nicht wesentlich bewertet worden, da ansonsten keine Benützungsbewilligung erteilt worden wäre. Ob die Vereinbarung aus dem Jahr 1994 für die jetzige Grundstückseigentümerin zivilrechtlich relevant sei, sei nicht Gegenstand des Verfahrens.
8 Eine Beeinträchtigung des Grundstückes der Revisionswerberin durch die Errichtung des Fensters werde gar nicht vorgebracht. Im Übrigen werde mit dem Einwand, das Grundstück der Revisionswerberin sei von dem Fenster aus einsehbar, kein subjektiv-öffentliches Recht nach § 21 Burgenländisches Baugesetz geltend gemacht.
9 Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichthof nicht zulässig sei.
10 In den zur Zulässigkeit der Revision vorgetragenen Gründen macht die Revisionswerberin geltend, es sei eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, ob im vorliegenden Fall eine Durchbrechung der Regelung des § 68 Abs. 1 AVG möglich sei. Erfüllte nämlich eine - wie im Revisionsfall vorliegende - bescheidmäßige Vorschreibung nicht die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 68 Abs. 1 AVG, wäre damit praktisch kein Bauverfahren, das einen Antragsteller zur Abänderung seines ursprünglichen Bauantrages verpflichte, jemals beendet. Es stünde jedem Antragsteller frei, ab der Rechtskraft einer ihn verpflichtenden Entscheidung sofort neue Anträge einzubringen, deren meritorische Behandlung er einerseits verlangen und andererseits erhoffen könne, dass trotz gleichgebliebener Sach- und Rechtslage eine ihm günstig erscheinende Entscheidung ergehen werde.
11 Damit gelingt es der Revisionswerberin nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:
12 Festzuhalten ist zunächst, dass der Verwaltungsgerichtshof zum VwGVG bereits ausgesprochen hat, dass auf dem Boden der tragenden Grundsätze des Verfahrensrechts und der Rechtssicherheit über in Rechtskraft erwachsene Entscheidungen grundsätzlich nicht mehr in merito entschieden werden darf. Die Beachtung rechtskräftiger Entscheidungen zählt zu den Grundsätzen eines geordneten rechtsstaatlichen Verfahrens. "Sache" einer rechtskräftigen Entscheidung ist dabei stets der im Bescheid enthaltene Ausspruch über die verwaltungsrechtliche Angelegenheit, die durch den Bescheid ihre Erledigung gefunden hat, und zwar aufgrund der Sachlage, wie sie in dem von der Behörde angenommenen maßgebenden Sachverhalt zum Ausdruck kommt, und der Rechtslage, auf die sich die Behörde bei ihrem Bescheid gestützt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. September 2016, Ro 2015/03/0045, mwN).
13 Im Kern zielt das dargelegte Zulässigkeitsvorbringen darauf ab, der vom LVwG vorgenommenen Auslegung der "Vorschreibung" in der Benützungsbewilligung vom 26. März 1996, wonach die nunmehr verfahrensgegenständliche Fensteröffnung zugemauert werde, als einer für die Beurteilung des nunmehrigen Bauvorhabens unter dem Gesichtspunkt der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeit nicht maßgeblichen Willenserklärung des damaligen Bauwerbers entgegenzutreten. Auslegungen von Bescheiden stellen jedoch in aller Regel einzelfallbezogene Rechtsfragen dar, die nicht revisibel sind (vgl. dazu z.B. den hg. Beschluss vom 13. September 2017, Ra 2016/12/0102).
14 Dies gilt auch im vorliegenden Fall: Es ist weder erkennbar, dass dieser Auslegung durch das LVwG eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukäme, noch, dass die Lösung dieser Rechtsfrage durch das Verwaltungsgericht fallbezogen als unvertretbare Anwendung der vom Verwaltungsgerichtshof geprägten Rechtsprechung zur Auslegung von Bescheiden anzusehen wäre (vgl. auch dazu den vorzitierten Beschluss vom 13. September 2017). Dass der (damaligen) Fensteröffnung keine baupolizeilichen Interessen entgegenstanden, ergibt sich aus der rechtskräftigen Baubewilligung (Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Parndorf vom 23. September 1993, bestätigt mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Parndorf vom 22. August 1994). Es blieb dem (damaligen) Bauwerber unbenommen, von der Ausführung des Bauvorhabens in Bezug auf das Fenster Abstand zu nehmen, sodass diesbezüglich die erteilte Baubewilligung durch die Benützungsbewilligung geringfügig geändert wurde. Einer neuerlichen Antragstellung stand - ungeachtet der Frage der zivilrechtlichen Tragweite der Erklärung des (damaligen) Bauwerbers, worauf auch das LVwG zutreffend hinweist - das Hindernis der bereits entschiedenen Sache nicht entgegen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 48 Abs. 2 und 3 iVm § 51 VwGG und die VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 518/2013. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil mit dem Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand bereits der Einheitssatz abgegolten wird.
17 Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 24. Oktober 2017
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