Normen
12010E020 AEUV Art20;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §21 Abs3;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
12010E020 AEUV Art20;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §21 Abs3;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 16. Dezember 2015 wurde der Antrag der Mitbeteiligten, einer mazedonischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" wegen "Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien Aufenthaltes im Zusammenhang mit (der) Inlandsantragstellung" gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 in Verbindung mit § 21 Abs. 6 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen.
2 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht Wien der dagegen erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG statt und erteilte der Mitbeteiligten einen Aufenthaltstitel "Familienangehöriger iSv § 47 Abs. 3 NAG" für die Dauer von zwölf Monaten. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
3 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe das Aufenthaltsrecht der Mitbeteiligten unmittelbar aufgrund Art. 20 AEUV gewährt. Es hätte jedoch zunächst prüfen müssen, ob eine Berücksichtigung der familiären Bindung der Mitbeteiligten zu ihrem minderjährigen Kind, das österreichischer Staatsbürger sei, nicht bereits aufgrund der geltenden Bestimmungen des NAG ermöglicht werde. Es komme der Frage, in welcher systematischen Reihenfolge die Prüfung über das Vorliegen eines Aufenthaltsrechtes zu erfolgen habe, dessen allfällige Erteilung sich entweder zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3 und § 21 Abs. 3 NAG) ergeben könne oder daraus, dass andernfalls ein Unionsbürger de facto gezwungen wäre, das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen, zentrale Bedeutung zu. Weiters sei auch der Vater des gemeinsamen Kindes, der im gemeinsamen Haushalt mit der Mitbeteiligten und dem Kind lebe, österreichischer Staatsbürger, sodass nicht beide Elternteile gezwungen wären, das Gebiet der Union zu verlassen.
5 Hiezu ist zunächst auszuführen, dass das Verwaltungsgericht im Einklang mit der hg. Rechtsprechung geprüft hat, ob die Verweigerung gegenüber einem Drittstaatsangehörigen, sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, dazu führt, dass dem Familienangehörigen der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2012, 2009/22/0299, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 15. November 2011, C- 256/11 , "Dereci ua.").
Vor dem Hintergrund der - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu der kein Vertreter der belangten Behörde erschienen ist - unbestritten gebliebenen Feststellungen des Verwaltungsgerichtes, wonach die Betreuung des etwa vierzehn Monate alten Sohnes praktisch ausschließlich von der Mitbeteiligten geleistet werde, der Vater nicht in der Lage wäre, das Kind altersgerecht zu versorgen und somit das Kind de facto gezwungen wäre, seine Mutter in deren Herkunftsstaat zu begleiten, vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass die Einzelfallbeurteilung durch das Verwaltungsgericht mit den in der hg. Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen nicht in Einklang stünde.
6 Auch mit dem Vorbringen, wonach eine Abwägung gemäß § 11 Abs. 3 bzw. § 21 Abs. 3 NAG vorrangig durchzuführen sei, zeigt die Revision bereits aus diesem Grund keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, weil fallbezogen die Revision nicht bestreitet, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 47 NAG zu erteilen sei und die Entscheidung von der Lösung der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht abhängt.
7 Dem weiteren - erstmals in der Revision erstattete - Vorbringen des Revisionswerbers, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob die Mitbeteiligte - "die auf Basis der Aktenlage in Deutschland geboren sei und laut eigenen Angaben Familienangehörige in Deutschland" habe - über ein Aufenthaltsrecht in Deutschland verfüge, ist entgegenzuhalten, dass nicht konkret vorgebracht wurde, die Mitbeteiligte verfüge über ein Aufenthaltsrecht in Deutschland.
8 Die Revision war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 17. Oktober 2016
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