VwGH Ra 2016/06/0122

VwGHRa 2016/06/012228.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Revision des R M in R, vertreten durch die Rechtsanwälte Mandl GmbH in 6800 Feldkirch, Churerstraße 3/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 7. Juli 2016, Zl. LVwG-1-499/R6-2015, betreffend Bestrafung nach dem Vorarlberger Baugesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft F), den Beschluss gefasst:

Normen

BauG Vlbg 2001 §18;
BauG Vlbg 2001 §55 Abs1 lita;
VStG §22;
BauG Vlbg 2001 §18;
BauG Vlbg 2001 §55 Abs1 lita;
VStG §22;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F vom 26. Juni 2015 wurden über den Revisionswerber wegen Übertretungen des § 55 Abs. 1 lit. a iVm § 18 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Baugesetz Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 13 Stunden) verhängt, weil er auf näher bezeichneten Liegenschaften sechs Blechcontainer (mit jeweils näherer Darstellung ihrer Ausmaße und Lage auf den Liegenschaften) aufgestellt habe, ohne jeweils im Besitz einer dafür erforderlichen Baubewilligung zu sein, und weiters auf einer Liegenschaft einen näher umschriebenen Zubau errichtet und dadurch ohne Baubewilligung eine wesentliche Änderung eines Gebäudes vorgenommen habe.

2 Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet ab, verpflichtete den Revisionswerber zur Leistung eines Kostenbeitrages und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Begehren, die Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Der Revisionswerber bringt in seiner Zulässigkeitsbegründung vor, es liege bis dato keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage vor, ob die Aufstellung von Containern ohne Baubewilligung auf drei verschiedenen, jedoch in einem räumlichen Nahebereich liegenden Grundstücken mehrfach bestraft werden dürfe, wenn das Handeln auf einen einheitlichen Willensentschluss zurückzuführen sei. Das LVwG gehe zu Unrecht davon aus, dass der Revisionswerber durch sein Verhalten sieben gesondert zu ahndende Straftaten erfüllt habe. Er habe, wenn überhaupt, nur ein Delikt begangen und hätte daher auch nur eine Strafe verhängt werden dürfen.

Er habe auf den genannten Grundstücken ohne baubehördliche Genehmigung die in Rede stehenden Container aufgestellt und das Pultdach an einer baubehördlich bewilligten Unterstellhütte angebracht. Es handle sich, sofern diese Vorgehensweise verwaltungsstrafrechtlich überhaupt relevant sei, um ein Sammeldelikt.

Der Verwaltungsgerichtshof habe in ähnlich gelagerten Fällen eine Mehrfachbestrafung abgelehnt (Hinweis auf VwSlg 7461 A/1968 und 90/07/0031 mit näheren Ausführungen). Diese Rechtsprechung sei mit dem vorliegenden Fall vergleichbar und demnach auch entsprechend zu beurteilen.

8 Eine vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung wird mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt:

Unter einem fortgesetzten Delikt sind eine Reihe von gesetzwidrigen Einzelhandlungen des gleichen Täters zu verstehen, die vermöge der Gleichartigkeit der Begehungsform sowie der äußeren Begleitumstände im Rahmen eines erkennbaren zeitlichen Zusammenhanges sowie eines diesbezüglichen Gesamtkonzepts des Täters zu einer Einheit zusammentreten. Das Vorliegen eines zeitlichen Zusammenhanges, also, dass die einzelnen Handlungen nicht durch einen großen Zeitraum unterbrochen sein dürfen, muss zum Vorliegen eines Gesamtkonzepts hinzutreten. Ein längerer zeitlicher Zwischenraum zwischen den einzelnen Deliktshandlungen schließt deren Wertung als fortgesetztes Delikt aus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Mai 2001, 2000/17/0134, mwN).

Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 19. Mai 1980, Slg. Nr. 10.138/A) hat ausdrücklich die Rechtsfigur des so genannten Sammeldeliktes, für das die Wirkung einer Verurteilung dieselbe ist wie beim fortgesetzten Delikt, anerkannt. Ein solches Sammeldelikt liegt nach dem genannten Erkenntnis dann vor, wenn das Gesetz selbst einen ganzen Abschnitt deliktischen Verhaltens zu einer Einheit zusammenfasst, was etwa beim gewerbsmäßigen Delikt der Fall ist. Die Strafdrohung soll diesfalls nicht eine einzelne Tat, sondern eine Lebensform oder innere Einstellung umfassen, die sich in bestimmter Weise deliktisch auswirkt. Dies wurde im Falle eines Verwaltungsstraftatbestandes der Ausübung der gewerbsmäßigen Prostitution bejaht (vgl. auch dazu das vorerwähnte Erkenntnis vom 21. Mai 2001).

9 Ein vergleichbarer Fall liegt hier jedoch nicht vor:

Im Vorbringen über die Zulässigkeit der Revision wird nicht bestritten, dass für die inkriminierten Tathandlungen einzelne Baubewilligungen erforderlich gewesen wären. Gemäß § 55 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Baugesetz begeht eine Übertretung, wer Bauvorhaben nach § 18 leg. cit. - darunter fallen auch die verfahrensgegenständlichen - ohne Baubewilligung ausführt. Dieses Verbot stellt die Ausführung jeglicher derartiger Bauvorhaben ohne die erforderliche Bewilligung unter Strafdrohung, ohne dass es darauf ankäme, dass mehrere derartige Vorhaben verwirklicht würden. Es ist daher auch die Verhängung von einzelnen Strafen für jedes Bauvorhaben, das unter § 55 Abs. 1 lit. a Vorarlberger Baugesetz fällt, ohne Bewilligung zulässig, sodass beim gegebenen Sachverhalt weder ein fortgesetztes Delikt noch ein Sammeldelikt vorliegt.

10 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. November 2016

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