VwGH Ra 2016/01/0110

VwGHRa 2016/01/011015.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser, sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des Mag. M S, Rechtsanwalt in I, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 14. April 2016, Zl. LVwG- 2016/23/0265-12, betreffend eine Maßnahmenbeschwerde, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §62 Abs4;
VwGVG 2014 §31;
AVG §62 Abs4;
VwGVG 2014 §31;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG Tirol) vom 14. April 2016 wurde nach Durchführung zweier mündlicher Verhandlungen die vom Revisionswerber wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erhobene Maßnahmenbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen und die ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt.

2 Begründend führte das LVwG Tirol hierzu zusammengefasst aus, die vorliegende Maßnahmenbeschwerde erweise sich als unzulässig, da alle vom Revisionswerber gerügten Handlungen mit einer kriminalpolizeilichen Festnahme begonnen hätten und alle allfällig nachfolgenden Akte während einer strafprozessualen Anhaltung erfolgt seien. Nach näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stelle eine Maßnahmenbeschwerde einen bloß subsidiären Rechtsbehelf dar, der nur insoweit zum Tragen komme, als Rechtsschutz nicht durch sonstige Rechtsmittel erlangt werden könne. Die "vom Verfassungsgerichtshof als verfassungswidrig befundene Bestimmung" des § 106 Abs. 1 Strafprozessordnung (StPO) sei infolgedessen, dass die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof erst mit 31. Juli 2016 in Kraft trete, auf den vorliegenden Fall anzuwenden. Die vom Revisionswerber an das LVwG Tirol erhobene Beschwerde sei im Ergebnis mangels eines im vorliegenden Zusammenhang anfechtbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsaktes "gemäß § 28 Abs 1 und § 31 Abs 1 VwGVG" zurückzuweisen gewesen. Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen gewesen, da die zu lösenden Rechtsfragen anhand der in der Beschwerdeentscheidung zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eindeutig einer Beantwortung hätten zugeführt werden können. Eine außerhalb dieser Judikatur liegende Rechtsfrage sei nicht hervorgekommen.

3 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

4 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

5 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, es existiere keine höchstgerichtliche Rechtsprechung "zur Frage der Zulässigkeit der Maßnahmenbeschwerde gegen eine Festnahme nach VStG auf Grundlage eines festgestellten Sachverhalt(es), wonach der Beschwerdeführer innert weniger Minuten zweimal polizeilich festgenommen worden sei, wobei zuerst nach StPO und dann nach VStG". Weiters sei der Kostenzuspruch an eine am Verfahren nicht beteiligte Partei rechtswidrig.

7 Entgegen den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung hängt die Revision von den geltend gemachten Rechtsfragen nicht ab:

8 Zum einen nämlich ist dem LVwG Tirol nicht entgegenzutreten, wenn es in der Begründung des bekämpften Beschlusses - im Übrigen im Einklang mit dem aus den Akten ersichtlichen Ablauf der Amtshandlung - von einer rechtlichen Einheit der festgestellten Festnahme nach der StPO mit den darauffolgenden Maßnahmen ausgegangen ist. Dass eine Festnahme nach der StPO stattgefunden hat, stellt der Revisionswerber in seiner Zulässigkeitsbegründung gerade nicht in Abrede.

9 Zum anderen ist der Revisionswerber auf den Beschluss des LVwG Tirol vom 3. Juni 2016, Zl. LVwG-2016/23/0265-15, zu verweisen, mit dem die im Verfahren vor dem LVwG Tirol obsiegende Behörde berichtigt wurde. Der - unangefochtene - Berichtigungsbeschluss bildet mit der berichtigten Entscheidung eine Einheit, die als solche vom Verwaltungsgerichtshof seinem Verfahren zu Grunde zu legen ist (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 21. Jänner 2016, Ra 2015/12/0064, mwN). Aus welchem Grund in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen sollte, hat der Revisionswerber darüberhinaus nicht dargelegt.

10 In der Revision werden daher insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 15. November 2016

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