Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Ein Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
1 Der Revisionswerber als Alleineigentümer und seine Ehefrau als Fruchtgenussberechtigte eines Gebäudes in G schlossen - nach einem Streit über die Errichtung einer Tiefgarage - am 19. April 2002 mit der B AG, die Mieterin von in diesem Gebäude befindlichen Geschäftsräumlichkeiten war, und der L OHG den nachstehend auszugsweise wiedergegebenen außergerichtlichen Vergleich:
"6. Zur Abgeltung der meiner Mandantschaft (Anm: B AG) bereits entstandenen und bis 30.11.2002 entstehenden Schäden bezahlt (der Revisionswerber) an meine Mandantschaft zu meinen Handen einen Pauschalbetrag von EUR 360.000,-- (Euro dreihundertsechzigtausend) netto und verzichten (der Revisionswerber) und (seine Ehefrau) für den Zeitraum 1. Juli 2002 bis einschließlich 30. Juni 2012 auf den Hauptmietzins für das gesamte Mietobjekt meiner Mandantschaft, für welches von meiner Mandantschaft in diesem Zeitraum lediglich anteilige Betriebskosten und laufende öffentliche Abgaben sowie ihr Anteil an besonderen Aufwendungen, jeweils samt darauf entfallender Umsatzsteuer, zu entrichten sind. (Der Revisionswerber) und (seine Ehefrau) verpflichten sich, diese Vereinbarung der Mietfreistellung auf jeden Rechtsnachfolger im Eigentum oder in der Nutzung der Liegenschaft zu überbinden. (Der Revisionswerber) und (seine Ehefrau) verpflichten sich ferner, über erste Aufforderung meiner Mandantschaft alle Unterschriften in beglaubigter Form zu leisten, damit das Bestandrecht meiner Mandantschaft bis 31.12.2012 gemäß Bestandvertrag vom 7.8.1976, Bestandvertrag vom 27.6.1988, ‚Mietvertragsergänzung' vom 17.7.1997 und den Abänderungen in diesem Vergleichsvorschlag in das Grundbuch eingetragen wird und die Mietzinsvorauszahlung bis 30.6.2012 grundbücherlich angemerkt wird. (...)
8. In den anhängigen Gerichtsverfahren (Zivilprozessen und Außerstreitverfahren gemäß Mietrechtsgesetz) wird ‚ewiges Ruhen' (Ruhen mit allseitigem Verzicht auf Fortsetzung des Verfahrens) vereinbart. Nach dem rechtswirksamen Zustandekommen dieses Vergleiches bleiben Tagsatzungen beiderseits unbesucht. Von bereits ergangenen und allenfalls noch ergehenden Exekutionstiteln wird von keiner Seite Gebrauch gemacht, soweit dies mit dem Inhalt dieses Vergleiches in Widerspruch stünde. (...)
10. Hinsichtlich der wechselseitigen Exekutionsverfahren wird vereinbart, dass beide Seiten binnen einer Woche ab Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches die Einstellung beantragen, erlegte Sicherheiten wie insbesondere die von meiner Mandantschaft zugunsten des BG Mödling beigebrachte Bankgarantie ausdrücklich freigeben und, soweit von der jeweils verpflichteten Partei Beugestrafen entrichtet wurden, die Rückzahlung dieser Beugestrafen an die jeweils verpflichtete Partei beantragen. (...)
11. Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Errichtung der Tiefgarage auf den eingangs genannten Hofflächen bereinigt und verglichen, welche Generalklausel jedoch der Geltendmachung von Ansprüchen aus diesem Vergleich nicht entgegen steht."
2 Das Finanzamt ging bei der Umsatzsteuerveranlagung 2002, 2003, 2007, 2008 und 2009 davon aus, dass unter den in § 4 Abs. 1 UStG 1994 weit gefassten Entgeltsbegriff auch der "Verzicht" auf Forderungen gegenüber einem Unternehmer (Aufrechnung mit einem Schadenersatzanspruch) subsumierbar sei, und unterzog den mit der B AG vereinbarten Hauptmietzins, auf den der Revisionswerber mit Vergleich vom 19. April 2002 verzichtet hat, der Umsatzsteuer.
3 Der Revisionswerber berief gegen die Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2002, 2003, 2007, 2008 und 2009 und führte in der Berufung sowie in Ergänzungen zur Berufung u.a. aus, er habe über die gegenständlichen Mieten nicht rechtswirksam verfügen können, weil das Gebäude in G bei Abschluss des außergerichtlichen Vergleiches unter Zwangsverwaltung gestanden sei. Die Zwangsverwaltung des Gebäudes sei am 13. August 1999 bewilligt und am 17. Mai 2002 eingestellt worden. Die Verfügung über die Hauptmietzinse zugunsten der B AG sei am 19. April 2002 und damit während der aufrechten Zwangsverwaltung erfolgt. Sie wäre nur mit Zustimmung des Zwangsverwalters rechtswirksam gewesen.
4 Das Finanzamt legte die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor, der ihr mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gab und zur Begründung u.a. ausführte, der Revisionswerber sei bezüglich der Mieteinnahmen der in Rede stehenden Liegenschaft ab Mai 2002 wieder verfügungsberechtigt gewesen, weshalb sich der ab 1. Juli 2002 über einen Zeitraum von zehn Jahren wirksame Verzicht auf den Hauptmietzins jedenfalls als rechtswirksam erweise. Die fehlende Zustimmung des Zwangsverwalters führe - entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Auffassung - nicht zur absoluten Nichtigkeit der Verzichtserklärung.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Revision.
5 Gemäß § 28 Abs. 5 Bundesfinanzgerichtsgesetz ist auf die vorliegende Revision § 4 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG) sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 4 Abs. 5 zweiter Satz VwGbk-ÜG ist die Revision unzulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen. Zulässig ist sie demnach nur, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes (im vorliegenden Fall noch: der angefochtene Bescheid) von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG gelten für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann.
6 Zur Zulässigkeit der gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates erhobenen, vom Bundesfinanzgericht als Rechtsnachfolger der belangten Behörde mit Gegenschrift beantworteten Revision wird ausgeführt, dass "keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Beantwortung der Frage vorliegt, inwieweit eine zivilrechtlich begründete Handlungsunfähigkeit zufolge Zwangsverwaltung Auswirkungen auf die Anwendung der Bestimmung des § 79 BAO iVm § 21 BAO hat. In der gegenständlich bekämpften Entscheidung der belangten Behörde geht diese davon aus, dass ungeachtet einer vorliegenden Handlungsunfähigkeit die Bestimmungen der §§ 21 und 23 BAO derjenigen des § 79 BAO vorgeht und widerspricht diese Ansicht, wie in der Eingabe vom 11.2.2014 umfassend dargelegt und auf deren Inhalt ausdrücklich verwiesen wird, der aktuellen Rechtslage".
7 Dem Vorbringen zur Zulässigkeit ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Rechtstandpunkt vertrat, dass der gegenständliche Vergleich vom 19. April 2002 trotz Zwangsverwaltung rechtswirksam war. Das stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, weil Verpflichtete weder durch die Bewilligung der Zwangsverwaltung noch durch die Einführung des Zwangsverwalters geschäfts- oder prozessunfähig werden. Abgesehen davon hat der OGH in einem den Vergleich des Revisionswerbers vom 19. April 2002 betreffenden Beschluss ausgesprochen, dass Verfügungen über den Gegenstand der Zwangsverwaltung nur relativ und zudem nur der betreibenden Partei gegenüber unwirksam sind, soweit sich die Verfügungen zu deren Nachteil auswirken (vgl. OGH vom 3. März 2010, 9 Ob 10/10a). Im angeführten Beschluss wies der OGH zudem darauf hin, dass "die betreibende Partei des damaligen Zwangsverwaltungsverfahrens" die B AG war.
8 In der Revisionsergänzung werden somit keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt, von deren Lösung das rechtliche Schicksal der Revision abhängt.
9 Die Revision war daher gemäß § 4 Abs. 5 vorletzter Satz VwGbk-ÜG zurückzuweisen, wobei die Parteien aufgrund der genannten Bestimmung in Verbindung mit § 58 Abs. 1 VwGG (idF vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013) den Verfahrensaufwand vor dem Verwaltungsgerichtshof selbst zu tragen haben (vgl. VwGH vom 30. September 2015, 2013/15/0302).
Wien, am 20. Dezember 2016
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