VwGH Ra 2015/18/0088

VwGHRa 2015/18/00888.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Dr. Sutter als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Berger, über die Revision der S G in L, vertreten durch Mag. Simone Högl, Rechtsanwältin in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Februar 2015, Zl. W196 1431018- 1/5E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) vom 19. November 2012, mit dem ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 1. Oktober 2012 gemäß § 3 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen und die Revisionswerberin gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 in die Russische Föderation ausgewiesen worden war, gemäß § 3 und § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 abgewiesen und das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Über fristgerechten Antrag der Revisionswerberin wurde ihr mit hg. Beschluss vom 29. April 2015 die Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof bewilligt. Die von der bestellten Verfahrenshelferin verfasste Revision wurde am 24. Juni 2015 eingebracht.

In den vom Verwaltungsgericht nach Einleitung des Vorverfahrens vorgelegten Verwaltungsakten erliegt eine Bestätigung der International Organization for Migration (IOM) vom 21. April 2015, der zufolge die Revisionswerberin unter Gewährung von Rückkehrhilfe am 20. April 2015 freiwillig aus dem Bundesgebiet in ihren Herkunftsstaat ausgereist ist.

Zum hg. Vorhalt vom 3. Juli 2015, wonach nach einer vorläufigen Einschätzung des Verwaltungsgerichtshofs im Hinblick auf die vorliegende Ausreisebestätigung davon auszugehen sei, dass auf Grund der freiwilligen Ausreise der Revisionswerberin aus dem österreichischen Bundesgebiet und deren Rückkehr in die Russische Föderation an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die Revision gegen das eingangs genannte Erkenntnis kein rechtliches Interesse bestehe, gab die Vertreterin der Revisionswerberin mit Schriftsatz vom 27. Juli 2015 folgende Erklärung ab:

Die Revisionswerberin habe ein erhebliches rechtliches Interesse an einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, weil sie durch die Rückkehr in die Russische Föderation einer ernsthaften Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit ausgesetzt sei. Ein rechtliches Interesse liege auch schon aufgrund § 14 AsylG 2005 vor, der einem Beschwerdeführer die Wiedereinreise gestatte, sofern seiner Beschwerde Folge gegeben worden sei. Offenbar gehe zudem auch der Verwaltungsgerichtshof von einem rechtlichen Interesse aus, weil er der Revisionswerberin mit Beschluss vom 29. April 2015 die Verfahrenshilfe trotz der aktenkundigen Ausreisebestätigung der IOM bewilligt habe.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG ist die Revision, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass die Revisionswerberin klaglos gestellt wurde, nach Anhörung der Revisionswerberin in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, denen unter anderem der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Die Revisionsberechtigung (Revisionslegitimation) ist somit Voraussetzung für eine Sachentscheidung nach § 42 Abs. 1 VwGG. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Beurteilung der Revisionslegitimation ausschlaggebend, ob die Revisionswerberin nach der Lage des Falles durch das bekämpfte Erkenntnis - ohne Rücksicht auf dessen Gesetzmäßigkeit - überhaupt in einem subjektiven Recht verletzt sein kann. Fehlt die Möglichkeit einer Rechtsverletzung in der Sphäre der Revisionswerberin, so mangelt dieser die Revisionsberechtigung. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit wird immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung der Revisionswerberin keinen Unterschied macht, ob das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts aufrecht bleibt oder aufgehoben wird. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit berufen. Ein Rechtsschutzbedürfnis liegt dann nicht vor, wenn eine Entscheidung lediglich über abstrakt-theoretische Rechtsfragen herbeigeführt werden soll, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. dazu etwa den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2010, 2008/20/0502, mwN).

Besteht die Rechtsverletzungsmöglichkeit im Zeitpunkt der Einbringung der Revision bereits nicht (mehr), dann ist die Revision zurückzuweisen; fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, wird die Revision gegenstandslos und das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingestellt.

Aus den nach Einleitung des Vorverfahrens vom Verwaltungsgericht vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass die Revisionswerberin bereits am 20. April 2015, somit vor Einbringung der gegenständlichen Revision (am 24. Juni 2015), wenn auch nach Bewilligung ihres Antrages auf Verfahrenshilfe zur Erhebung dieser Revision, in ihren Herkunftsstaat zurückgekehrt ist.

Durch ihre freiwillige Rückkehr hat die Revisionswerberin unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass sie ihre Rechtsstellung als Asylwerberin bzw. ihre Ansprüche auf Asylgewährung in Österreich und die damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensrechte nicht weiter aufrechterhalten will und demnach ihr rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über das angefochtene Erkenntnis, das sich für sie nicht mehr nachteilig auswirken kann, bereits vor Revisionserhebung weggefallen ist (vgl. nochmals den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2010, 2008/20/0502).

Den Einwänden der Vertreterin der Revisionswerberin ist zu erwidern, dass das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts einer Wiedereinreise der Revisionswerberin ins Bundesgebiet nicht entgegensteht, weil damit die Ausweisung des Bundesasylamtes nicht bestätigt wurde, sondern das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen wurde. Die Bestimmung des § 14 AsylG 2005 ist auf Fälle anzuwenden, in denen die Beschwerde gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme keine aufschiebende Wirkung hatte, wohingegen der Beschwerde im gegenständlichen Fall aufschiebende Wirkung zukam. Der Umstand, dass der Verwaltungsgerichtshof der Revisionswerberin Verfahrenshilfe bewilligt hat, spricht schließlich auch nicht dafür, dass die Revisionswerberin ein rechtliches Interesse an der Entscheidung hätte, weil dem Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt der Bewilligung der Verfahrenshilfe die Verfahrensakten und insbesondere die Ausreisebestätigung nicht vorlagen.

Der Revision steht somit der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war. Wien, am 8. September 2015

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