VwGH Ra 2015/12/0046

VwGHRa 2015/12/004622.10.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Zens und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die außerordentliche Revision des C A in W, vertreten durch Leitner ? Trischler, Rechtsanwälte in 1070 Wien, Lindengasse 38/3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. August 2015, Zl. W 213 2107325- 1/4E, betreffend Rückforderung von Übergenuss gemäß § 13a GehG (vor dem Bundesverwaltungsgericht belangte Behörde: Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
GehG 1956 §12c Abs1 Z2;
GehG 1956 §13a Abs1;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
B-VG Art133 Abs4;
GehG 1956 §12c Abs1 Z2;
GehG 1956 §13a Abs1;
Verwaltungsgerichtsbarkeits-Nov 2012;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 10. Jänner 2014 wurde gemäß § 12c Abs. 1 Z. 2 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 (im Folgenden: GehG), der Entfall der Bezüge des Revisionswerbers ab dem 30. November 2013 bis auf weiteres "verfügt".

Eine dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21. August 2014 als unbegründet abgewiesen.

Mit hg. Beschluss vom 20. Oktober 2014, Zl. Ra 2014/12/0014, wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene außerordentliche Revision zurückgewiesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen vom 16. März 2015 wurde festgestellt, dass der Revisionswerber dem Bund EUR 22.867,91 an zu Unrecht empfangenen Leistungen (Bezüge vom 30. November 2013 bis 16. November 2014) zu ersetzen habe, wobei dieser Betrag durch Abzug von seinen Bezügen in monatlichen Raten von EUR 746,36 zu erfolgen habe.

Der Revisionswerber erhob Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und berief sich insbesondere auf einen gutgläubigen Empfang der in Rede stehenden Bezüge.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde offenkundig die Beschwerde gegen den Bescheid vom 16. März 2015 (die Datumsangabe des angefochtenen Bescheides in diesem Erkenntnis mit 10. Jänner 2014 beruht auf einer offenkundigen Unrichtigkeit) gemäß § 12c Abs. 2 iVm § 13a Abs. 1 GehG als unbegründet abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Dem Einwand des Revisionswerbers betreffend den gutgläubigen Empfang der in Rede stehenden Leistungen hielt das Bundesverwaltungsgericht Folgendes entgegen:

"Dem ist entgegenzuhalten, dass der gute Glaube beim Empfang einer Leistung im Sinne des § 13a Abs. 1 GehG nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schon dann nicht anzunehmen ist, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistungen auch nur Zweifel hätte haben müssen (vgl. VwGH, 13.3.2002, GZ. 98/12/0199).

Im vorliegenden Fall gab es bereits seit 20.08.2013 einen umfangreichen Schriftverkehr zwischen der belangten Behörde und dem Beschwerdeführer, wobei dieser immer wieder aufgefordert wurde seinen Dienst anzutreten bzw. er zu ärztlichen Untersuchungen aufgefordert wurde. Der BF wurde schließlich seitens der belangten Behörde mit Schreiben vom 27.11.2013, GZ. 5344/2013, aufgefordert unverzüglich seinen Dienst anzutreten, wobei diesem Schreiben ein Gutachten der BVA angeschlossen war, das seine Fähigkeit bescheinigte. Diese Aufforderung zum Dienstantritt wurde dem Beschwerdeführer am 29.11.2013 zugestellt. Er hätte daher am 30.11.2013 seinen Dienst antreten müssen, was aber nicht geschehen ist. Mit Schreiben vom 9.12.2013, GZ. 5543/2013, zugestellt durch Hinterlegung am 16.12.2013, wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass wegen Verweigerung der zumutbaren Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung sowie Nichterscheinens am Arbeitsplatz trotz Dienstfähigkeit beabsichtigt sei, den Entfall seiner Bezüge ab dem 30.10.2013 zu verfügen. Schließlich wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 10.01.2014, GZ. 5543/2013, festgestellt dass der Beschwerdeführer ungerechtfertigt vom Dienst abwesend war und der Monatsbezug mit Wirkung vom 30. 11. 2013 eingestellt (vgl BVwG, 21.08.2014, GZ. W 213 2003258-1/4E)."

Die Revision erachtete das Bundesverwaltungsgericht im Wesentlichen deshalb für unzulässig, weil die Rechtslage durch das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes geklärt sei.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Zur Zulässigkeit bringt der Revisionswerber Folgendes vor:

"Entgegen des Ausspruchs des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Revision gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG zulässig. Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes besteht nämlich eine Abweichung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf den Sorgfaltsmaßstab, insbesondere bei der Beurteilung eines 'durchschnittlichen Maßes' an Sorgfalt. Dies ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, dessen Auslegung sich an normativen Inhalten zu orientieren hat und der Prüfung durch den VwGH unterliegt (VwGH 4.5.72, Slg.8230/A, 18.3.85, Zl.84/12/51 18.1.92, Zl.92/12/261) und der denkunmöglich und wider der höchstgerichtlichen Judikatur von der Behörde ausgelegt wurde.

Zudem fehlt es an einer höchstgerichtlichen Judikatur zur Frage der Verpflichtung zum Dienstantritt bei Aufforderung trotz faktischer Verhinderung wegen Krankheit. Den Rechtsfragen kommen über den Einzelfall hinausgehende Bedeutungen zu, soweit erkennbar liegt auch eine höchstgerichtliche Judikatur diesbezüglich nicht vor."

Die Revision ist unzulässig:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Soweit sich der Revisionswerber im Rahmen seines Zulässigkeitsvorbringens auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor Inkrafttreten der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 beruft, wonach die Beurteilung des "durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt" einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof unterliege, ist ihm entgegenzuhalten, dass damit keinesfalls der Charakter jeder in diesem Zusammenhang getroffenen einzelfallbezogenen Beurteilung als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG in der seit 1. Jänner 2014 in Kraft stehenden Fassung dieses Absatzes feststeht.

Vorliegendenfalls berief sich der Revisionswerber zur Begründung der Gutgläubigkeit des Empfanges der in Rede stehenden Leistung im Wesentlichen auf einen Sachverhaltsirrtum betreffend seinen Gesundheitszustand und dessen Auswirkungen auf seine Dienstfähigkeit. Nach der in Auslegung des § 13a Abs. 1 GehG ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist diesfalls ein gutgläubiger Empfang der Leistung schon dann ausgeschlossen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausgezahlten Leistung auch nur Zweifel hätte haben müssen (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 2003, Zl. 2001/12/0116).

Die Anwendung dieser Rechtsprechung auf einen konkreten Einzelfall stellt keine Rechtsfrage von allgemeiner Bedeutung dar. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt in einem solchen Zusammenhang jedenfalls dann nicht vor, wenn das Verwaltungsgericht zu einem vertretbaren Ergebnis gelangt. Dies ist hier auf Grund der Übermittlung der Aufforderung der Dienstbehörde vom 27. November 2013 unter Anschluss eines die Dienstfähigkeit bestätigenden Sachverständigengutachtens an den Revisionswerber der Fall (zur Untauglichkeit gegenteiliger ärztlicher Bestätigungen zur Begründung von geschütztem Vertrauen unter dem Gesichtspunkt des Entfalls von Bezügen vgl. allgemein das hg. Erkenntnis vom 27. September 2011, Zl. 2009/12/0198, sowie - fallbezogen in Ansehung der zwischen 27. November 2013 und dem Ende des Bezugszeitraumes ausgestellten Bestätigungen - den bereits zitierten hg. Beschluss vom 20. Oktober 2014; nach dem Ende des Bezugszeitraumes erstattete ärztliche Gutachten können keinen gutgläubigen Empfang begründen).

Soweit der Revisionswerber eine grundsätzliche Rechtsfrage im Fehlen von Judikatur zur Frage "der Verpflichtung zum Dienstantritt bei Aufforderung trotz faktischer Verhinderung wegen Krankheit" erblickt, entfernt er sich von den Sachverhaltsannahmen des Bundesverwaltungsgerichtes, welches ja gerade nicht davon ausgegangen ist, dass der Revisionswerber objektiv (faktisch) durch Krankheit an der Dienstverrichtung gehindert war. Dass diese Annahme grundsätzliche Rechtsfragen des Verfahrensrechts aufwirft, wird im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens nicht behauptet.

Die Revision eignet sich sohin wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen war.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Wien, am 22. Oktober 2015

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