VwGH Ra 2015/09/0100

VwGHRa 2015/09/010025.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die außerordentliche Revision des Ing. H K in S, vertreten durch Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH in 4865 Nußdorf, Stockwinkl 18, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. Juni 2015, Zl. LVwG-300589/7/BMa/BD, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck), den Beschluss gefasst:

Normen

AuslBG §18 Abs12 Z1;
AuslBG §18 Abs12 Z2;
AuslBG §18 Abs12;
AuslBG §28 Abs1 Z4 litb;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
AuslBG §18 Abs12 Z1;
AuslBG §18 Abs12 Z2;
AuslBG §18 Abs12;
AuslBG §28 Abs1 Z4 litb;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Oktober 2014 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Verantwortlicher der A GmbH in M, die dort bestimmte näher beschriebene Gewerbe ausübe, zu verantworten, dass diese entgegen § 18 Abs. 12 AuslBG von 27. März 2014 bis 29. März 2014 die Arbeitsleistungen von vier näher bezeichneten Ausländern (drei kroatische Staatsangehörige, ein Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina), die von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des EWR - der AN d.o.o. in L, Slowenien - zur Arbeitsleistung nach Österreich - auf die Baustelle EKZ in K - entsandt wurden, in Anspruch genommen, obwohl § 18 Abs. 12 Z. 1 und 2 AuslBG nicht erfüllt und auch keine EU-Entsendebestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Revisionswerber habe dadurch vier Übertretungen gemäß § 18 Abs. 12 iVm § 28 Abs. 1 Z. 4 lit. b AuslBG begangen. Es wurden vier Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich abgewiesen.

Die ordentliche Revision sei unzulässig.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision.

Gemäß § 28 Abs. 3 VwGG hat die Revision, wenn das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen hat, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Der Revisionswerber wendet gegen die Nichtzulassung der Revision ein:

1) Es sei die Zustellung der Ablehnungsbescheide des AMS hinsichtlich der von der AN d.o.o. beantragten Erteilung von Entsendebestätigungen von Bedeutung. Diese seien der AN d.o.o. bis 29. März 2014 nicht ordnungsgemäß zugestellt gewesen. Die (weitere) am 26. März 2014 an den Revisionswerber erfolgte Zustellung sei bloß eine Zustellung an einen nicht verfahrensbeteiligten Dritten und damit juristisch ohne Bedeutung.

Der Revisionswerber übersieht, dass § 18 Abs. 12 vorletzter Satz AuslBG ("... hat dem Unternehmen und dem Auftraggeber, der die Arbeitsleistungen in Anspruch nimmt, das Vorliegen der Voraussetzungen zu bestätigen (EU-Entsendebestätigung) oder bei Nichtvorliegen die Entsendung zu untersagen.") eindeutig als Normadressaten für die (Zustellung der Entscheidung mit Auslösung von Rechtswirkungen über die) Anzeige der Entsendung (auch) den inländischen Auftraggeber nennt (vgl. den hg. Beschluss vom 19. März 2014, Ro 2014/09/0031). Im gegenständlichen Fall wurde der Untersagungsbescheid nach den eigenen Angaben des Revisionswerbers jedenfalls dem Revisionswerber als inländischem Auftraggeber am 26. März 2014, sohin vor Beginn des Tatzeitraumes, zugestellt.

Nach dieser unmissverständlichen Norm entfaltete der zugestellte Bescheid demnach seine Wirkung gegenüber dem inländischen Auftraggeber. Es kommt daher auf die Frage, ob oder wann die Zustellung an den ausländischen Beschäftiger AN d.o.o. erfolgte, im gegenständlichen Verfahren nicht an.

2) Der Revisionswerber bringt vor, das Landesverwaltungsgericht übersehe, dass

"verantwortlich für die Beantragung der Bewilligung und damit auch Vorlage der entsprechend erforderlichen Unterlagen allein der Arbeitgeber, in diesem Falle also die AN d.o.o. und nicht der

Revisionswerber sein kann. ... Für eine Strafbarkeit des

Revisionswerbers aufgrund des Umstandes, dass von vornherein die Voraussetzungen zur Erteilung einer Entsendebestätigung nicht gegeben gewesen wären, fehlt somit zumindest das Verschulden."

Dieses Vorbringen ignoriert die unter 1) behandelte Frage, dass dem Revisionswerber der Untersagungsbescheid vor Beginn des Tatzeitraumes zugestellt war und geht daher am gegenständlichen Fall vorbei. Der Revisionswerber wusste, dass die Tätigkeit der vier Ausländer nicht hätte beginnen dürfen.

Darüber hinaus richtet sich die Strafdrohung des § 28 Abs. 1 Z. 4 lit. b AuslBG an denjenigen, der die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt (also des Revisionswerbers als inländischem Auftraggeber), obwohl § 18 Abs. 12 Z. 1 oder 2 AuslBG nicht erfüllt ist und auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde. Es ist Aufgabe des Normadressaten (also des inländischen Auftraggebers), sich - unabhängig vom Stand des Verfahrens über den Antrag auf Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung - (wie auch bei jeder anderen Strafdrohung) vor Beginn der Tätigkeit (also vor Beginn des potentiellen Tatzeitraumes) der vom ausländischen Arbeitgeber zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandten Arbeitnehmer davon zu überzeugen, dass die (materiellen) Voraussetzungen des § 18 Abs. 12 Z. 1 oder Z. 2 AuslBG erfüllt sind, wenn noch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt ist.

3) Insofern der Revisionswerber darauf hinweist, dass die AN d.o.o. gegen die "Ablehnungsbescheide" Beschwerde erhoben habe, worüber das Verfahren offen sei, zeigt er deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes betreffend das Verwaltungsstrafverfahren ankommt. Zu diesem Zeitpunkt war es nicht verpflichtet, etwa sein Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Administrativverfahrens auszusetzen, sondern durfte die Erfüllung des Tatbestandes des § 28 Abs. 1 Z. 4 lit. b AuslBG selbständig beurteilen. Dass die rechtliche Beurteilung aus inhaltlichen Erwägungen unrichtig sei, wird vom Revisionswerber nicht vorgebracht.

4) Der Revisionswerber sieht es als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung an, dass seine Kontrollpflichten als inländischer Auftraggeber anders zu beurteilen seien als solche eines unmittelbaren Arbeitgebers.

Der Revisionswerber bringt aber kein Argument, das seinen Standpunkt zu stützen imstande wäre. Mit dem Wort "naturgemäß" zeigt er kein solches Argument auf, weil sein Standpunkt keine allgemein anerkannte Erfahrungstatsache ist. Aus den in 1) und 2) behandelten Normtexten ist entgegen seiner Ansicht kein Unterschied ableitbar. Die belangte Behörde durfte sich daher zu Recht auf die ständige hg. Rechtsprechung zum Kontrollverschulden stützen.

In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 25. November 2015

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