VwGH Ro 2015/08/0013

VwGHRo 2015/08/00133.7.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Revision der *****, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. März 2015, Zl. W228 2005208-1/23E, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Angelegenheit des ASVG, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §69 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z2;
VwGVG 2014 §32;
AVG §69 Abs1 Z2;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28;
VwGVG 2014 §32 Abs1 Z2;
VwGVG 2014 §32;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) einem Wiederaufnahmeantrag der revisionswerbenden Partei nicht statt. Begründend führte es aus, dass zwar ein neues Beweismittel in Form einer Urkunde vorliege. Dabei handle es sich jedoch 1. um eine "Umgehung der korrekten Geltendmachung von Verfahrensmängeln" im mittlerweile abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 2013/08/0266, 2. sei die Vorlage des neuen Beweismittels verspätet und 3. führe diese Urkunde voraussichtlich auch nicht zu einem anderen Verfahrensergebnis. Die Revision wurde vom BVwG gemäß § 25a Abs. 1 VwGG zugelassen, weil zur "Frage einer Umgehung der Geltendmachung eines Verfahrensmangels durch Erstellung einer neuen Urkunde" keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Februar 2015, Ro 2015/21/0002, mwN). Dem Revisionsvorbringen muss eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zumindest entnehmbar sein.

3. Die vom BVwG in der oben wiedergegebenen Zulassungsbegründung aufgeworfene Frage ist keine, der grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zukommt. Vielmehr ist in der - insoweit auf § 32 VwGVG übertragbaren - Rechtsprechung zu § 69 Abs. 1 Z 2 AVG bereits geklärt worden, dass das nachträgliche Erkennen von Verfahrensmängeln keinen Wiederaufnahmegrund darstellt (vgl. etwa die bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 69 Rz 30 zitierten Entscheidungen).

Im Ergebnis hat das BVwG den Wiederaufnahmeantrag zu Recht abgewiesen:

Ein - wie hier - neu entstandenes (und nicht neu hervorgekommenes) Beweismittel könnte insofern als Wiederaufnahmegrund Bedeutung haben, als damit neu hervorgekommene Tatsachen aufgezeigt werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 19. April 2007, Zl. 2004/09/0159, und vom 14. November 2012, Zl. 2010/08/0165). Voraussetzung für die Stattgabe des Wiederaufnahmeantrags wäre unter diesem Gesichtspunkt weiters, dass diese Tatsachen ohne Verschulden der Partei nicht schon im wiederaufzunehmenden Verfahren geltend gemacht werden konnten. Das BVwG hat aber - wenn auch in Zusammenhang mit der von ihm angenommenen Verspätung des Wiederaufnahmeantrags - ein die Wiederaufnahme ausschließendes Verschulden festgestellt: Es sei der revisionswerbenden Partei vorzuwerfen, dass der Kontakt zu Herrn S., ihrem früheren Gesellschafter (dessen Aussage der neuen Urkunde zugrunde lag), früher gesucht werden hätte können. Dem tritt die Revision nur mit der Bemerkung entgegen, es lägen "aktenkonform" keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es der revisionswerbenden Partei früher als am 3. Dezember 2013 möglich gewesen wäre, Kenntnis von den vorgebrachten neuen Tatsachen zu erlangen. Damit legt sie nicht dar, dass sie tatsächlich kein Verschulden an der verspäteten Geltendmachung dieser Tatsachen getroffen hat; vor allem erschließt sich nicht, warum es ihr nicht möglich gewesen sein sollte, rechtzeitig mit (zumindest) einem der früheren Gesellschafter Kontakt aufzunehmen.

Das BVwG ist daher mit dem angefochtenen Beschluss - entgegen dem Revisionsvorbringen - nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

Auch sonst werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

4. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Wien, am 3. Juli 2015

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