VwGH Ra 2015/02/0159

VwGHRa 2015/02/015911.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck, die Hofräte Mag. Dr. Köller, Dr. Lehofer und Dr. N. Bachler sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Harrer, über die Revision des P in W, vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. März 2015, Zl. W107 2000372-1/7E, betreffend Übertretung des BWG (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: FMA; Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 VwGG: Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
BWG 1993 §20 Abs1 idF 2009/I/022;
BWG 1993 §20 Abs2 idF 2009/I/022;
BWG 1993 §99 Abs1 Z5 idF 2009/I/022;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

§ 20 Abs. 1 und 2 BWG in der im Revisionsfall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 22/2009 lauten:

"(1) Jeder, der beschlossen hat, eine qualifizierte Beteiligung an einem Kreditinstitut direkt oder indirekt zu erwerben oder eine derartige qualifizierte Beteiligung direkt oder indirekt zu erhöhen (interessierter Erwerber), mit der Folge, dass sein Anteil an den Stimmrechten oder am Kapital die Grenzen von 20 vH, 30 vH oder 50 vH erreichen oder überschreiten würde oder das Kreditinstitut sein Tochterunternehmen würde, hat dies der FMA zuvor schriftlich unter Angabe des Umfangs der geplanten Beteiligung zusammen mit den Informationen gemäß § 20b Abs. 3 anzuzeigen. Die Anzeigepflicht gilt auch für gemeinsam handelnde Personen, die zusammengenommen eine qualifizierte Beteiligung erwerben oder erreichen würden. Die Anzeige kann durch alle gemeinsam, mehrere oder jeden der gemeinsam handelnden Personen einzeln vorgenommen werden.

(2) Die Anzeigepflicht gemäß Abs. 1 gilt in gleicher Weise für die beschlossene Aufgabe der direkt oder indirekt gehaltenen qualifizierten Beteiligung oder Unterschreitung der in Abs. 1 genannten Grenzen für Beteiligungen an einem Kreditinstitut."

Gemäß § 99 Abs. 1 Z 5 BWG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 22/2009 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der FMA mit Geldstrafe bis zu EUR 30.000,-- zu bestrafen, wer beschlossen hat, seine qualifizierte Beteiligung an einem Kreditinstitut aufzugeben oder die in § 20 Abs. 1 BWG genannten Grenzen für Beteiligungen an einem Kreditinstitut zu unterschreiten und es unterlässt, dies der FMA zuvor schriftlich gemäß § 20 Abs. 2 BWG anzuzeigen.

Der Revisionswerber war jedenfalls im März 2012 Mitglied des Vorstandes der Y Privatstiftung und Mitglied des Vorstandes der Z Privatstiftung. Beide Privatstiftungen waren zu je 50 % an der X AG beteiligt, die wiederum 100 % der Anteile an der V AG hielt, die rund 90,9 % Anteile an der U Bank besaß. In der außerordentlichen Hauptversammlung der X AG vom 7. März 2012 haben die beiden Privatstiftungen jeweils als 50 % - Aktionärin der X AG ihren Willen erklärt, einem konkreten Veräußerungsvertrag hinsichtlich der indirekt über die V AG gehaltenen rund 90,9 % Anteile an der U Bank zuzustimmen. Am 19. März 2012 wurde der Aktienkaufvertrag über sämtliche der V AG gehörigen Anteile an der U Bank unterzeichnet. Am 22. März 2012 wurden die entsprechenden Anzeigen an die FMA übermittelt.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber als zur Vertretung nach außen Berufener der Y Privatstiftung und der Z Privatstiftung jeweils schuldig erkannt, er habe es unterlassen, den Beschluss der Y Privatstiftung und der Z Privatstiftung über die Aufgabe der indirekten Beteiligung von rund 45,5 % der Anteile an der U Bank vor Abschluss des Aktienkaufvertrages am 19. März 2012 gemäß § 20 Abs. 2 BWG anzuzeigen.

Begründend hat das Verwaltungsgericht unter anderem festgestellt, dass die Privatstiftungen Y und Z in der außerordentlichen Hauptversammlung der X AG vom 7. März 2012 - unter wörtlicher Wiedergabe des Beschlusstextes - "den Beschluss gefasst haben, ihre qualifizierten (in-)direkten Anteile an der Bank, nunmehr rund 90,9% bzw. rund 45,5% aufzugeben".

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG misst der Revisionswerber zunächst der Frage bei, was "das Gesetz unter 'beschlossener Aufgabe' in § 20 Abs. 2 BWG" versteht, zumal nicht konkretisiert werde, ob darunter eine formelle Beschlussfassung oder die interne Willensbildung zu verstehen sei.

Der Sachverhaltsdarstellung der Revision ist zu entnehmen, dass der Revisionswerber davon ausgeht, dass die Privatstiftungen Y und Z in der außerordentlichen Hauptversammlung der X AG vom 7. März 2012 keinen Beschluss zur Aufgabe der qualifizierten (in-)direkten Anteile an der Bank gefasst hätten, in den Revisionsgründen ist von einem "Ermächtigungsbeschluss" die Rede, ein "Verkaufsbeschluss" sei nicht gefasst worden.

Mit diesen Annahmen entfernt sich der Revisionswerber jedoch von der Feststellung im angefochtenen Erkenntnis, wonach die Privatstiftungen Y und Z dem Verkauf der Aktien ausdrücklich zugestimmt haben, welchen Umstand das Verwaltungsgericht zutreffend als Beschluss im Sinne des § 20 Abs. 2 BWG gewertet hat. Weder dieser Sachverhalt noch die rechtliche Beurteilung werden vom Revisionswerber begründet in Zweifel gezogen. Liegt jedoch ein solcher Beschluss vor, ist er unabhängig von einem allenfalls davor gefassten Beschluss anzuzeigen. § 20 Abs. 2 BWG lässt in dieser Hinsicht keinen Spielraum offen.

Damit im vorliegenden Fall von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG gesprochen werden kann, wäre es erforderlich gewesen, dass der Revisionswerber, der evident nicht von der vom Verwaltungsgericht der in Frage stehenden rechtlichen Beurteilung zu Grunde gelegten Feststellung ausgeht, offengelegt hätte, welchen konkreten Sachverhalt er bei der Beantwortung der von ihm gestellten Rechtsfrage im Auge hat, somit einen Bezug zum konkreten Einzelfall herstellt, anhand dessen beurteilt werden kann, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Natur ist. Zur Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nämlich nicht zuständig (vgl. den Beschluss vom 12. August 2014, Ra 2014/06/0015).

Im vorliegenden Fall hat der Revisionswerber im Rahmen der Zulässigkeitsbegründung, die für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebend ist (vgl. etwa den Beschluss vom 25. März 2014, Ra 2014/04/0001), weder dargelegt, welchen Sachverhalt er der von ihm formulierten Rechtsfrage zu Grunde legt, noch hat er behauptet, dass die Rechtsfrage vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sei (vgl. den Beschluss vom 16. Oktober 2014, Ra 2014/06/0004).

Mit dem Vorbringen zur "beschlossenen Aufgabe" hat der Revisionswerber demnach keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt.

Dasselbe gilt für die in der Folge formulierten Rechtsfragen, ob ein Beschluss auch vorliegen könne, wenn eine juristische Person (hier eine Stiftung) gar keinen Beschluss gefasst habe und ob eine einmal erstattete Anzeige der beschlossenen Aufgabe im Sinne des § 20 Abs. 2 BWG abermals angezeigt werden müsse, wenn sich die Person des Erwerbers ändere.

Auch hier fehlt die Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem vom Revisionswerber dieser konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzte zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt.

Die Frage, ob die Anzeigepflicht auch dann gegeben sei, wenn der (nur) indirekt Beteiligte keine Möglichkeit habe, die Beteiligung des direkt am Kreditinstitut Beteiligten aufzugeben, ist schon deshalb nicht wesentlich, weil die hier anzuwendenden Bestimmungen ausschließlich auf eine Anzeigepflicht des entsprechenden Beschlusses und nicht auf dessen Durchführung abstellen.

Zu der - wiederum nicht fallbezogen dargestellten - nachträglichen Änderung der Strafnorm des § 99 Abs.1 Z 5 BWG (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 184/2013) ist der Revisionswerber auf die vom Verwaltungsgerichtshof geteilte Ansicht des Verfassungsgerichtshofes im Beschluss vom 1. Juli 2015, E 888/2015- 8, zu verweisen, wonach das dem Revisionswerber vorgeworfene Verhalten bei Anwendung der nunmehr in Geltung befindlichen Strafnorm des § 99 Abs. 1 Z 3 BWG in der Fassung BGBl. I Nr. 184/2013 für den Revisionswerber zu keinem günstigeren Ergebnis geführt hätte.

Im Ergebnis werden in der Revision keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. September 2015

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