VwGH Ro 2014/10/0028

VwGHRo 2014/10/002821.1.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision der B K in M, vertreten durch Dr. Robert Wiesler, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sporgasse 27/I, gegen den Bescheid des Senates der Universität für Bodenkultur Wien vom 28. November 2013, ohne Geschäftszahl (GZ des Bescheides der Behörde erster Instanz: 1809/12-11 St/PK), betreffend Genehmigung eines individuellen Studiums (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AHStG §13 Abs5;
UniStG 1997 §17 Abs1;
UniStG 1997 §17 Abs3;
UniStG 1997 §17;
UniversitätsG 2002 §55;
VwRallg;
AHStG §13 Abs5;
UniStG 1997 §17 Abs1;
UniStG 1997 §17 Abs3;
UniStG 1997 §17;
UniversitätsG 2002 §55;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Senates der Universität für Bodenkultur Wien vom 28. November 2013 wurde der Antrag der Revisionswerberin auf Zulassung zum individuellen Bachelorstudium "Integratives Landnutzungsmanagement" gemäß § 55 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120, nicht genehmigt.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Revisionswerberin habe am 18. Juni 2011, umfassend überarbeitet am 9. Juli 2012, den Antrag auf Genehmigung des individuellen Bachelorstudiums "Integratives Landnutzungsmanagement" gestellt. Nach dem Gespräch mit dem Studiendekan vom 27. September 2012 habe sich die Revisionswerberin bereit geklärt, das von ihr vorgelegte Curriculum neuerlich zu überarbeiten und insbesondere die vom Studiendekan empfohlenen Grundlagenfächer aufzunehmen. Da eine dementsprechend Überarbeitung des Curriculums trotz einer weiteren Aufforderung nicht erfolgt sei, habe der Studiendekan den Antrag abgewiesen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens sei von der belangten Behörde eine fachliche Stellungnahme von Prof. P. eingeholt worden. Nach dieser Stellungnahme enthalte das von der Revisionswerberin vorgelegte Curriculum insgesamt 108,5 ECTS-Punkte aus dem Lehrveranstaltungsangebot für das bestehende Bachelorstudium Agrarwissenschaften. Dies entspreche mehr als 75 % des Pflichtlehrveranstaltungsangebotes dieses Bachelorstudiums. Das vorgelegte Curriculum übersteige daher die von den Richtlinien der Universität für Bodenkultur aufgestellte Obergrenze von 60 % der Lehrveranstaltungen aus einem bestehenden Studium. Die von der Revisionswerberin genannten Ausbildungsziele ließen sich auch im Rahmen des Bachelorstudiums Agrarwissenschaften mit Hilfe der Wahllehrveranstaltungen sowie der freien Wahlfächer zumindest größtenteils verwirklichen.

Die Revisionswerberin habe dazu vorgebracht, sie habe sich bei der Erstellung der Liste der Lehrveranstaltungen auf die Auskunft einer Sachbearbeiterin verlassen. Sie habe 40 % der Lehrveranstaltungen aus anderen Regelstudien entnommen.

Dazu führte die belangte Behörde weiter aus, dass die Festlegung der Obergrenze von 60 % für die Übereinstimmung eines individuellen Studiums mit einem Regelstudium entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfolgt sei, wonach ein individuelles Studium nur dann zulässig sei, wenn dadurch einem Ausbildungsziel entsprochen werde, dem andernfalls nicht oder nicht hinreichend Genüge getan werden könne (Hinweis auf das Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2002/10/0008).

Das Ermittlungsverfahren habe eindeutig ergeben, dass diese Obergrenze deutlich überschritten werde. Das von der Revisionswerberin genannte Ausbildungsziel könne auch im Rahmen des Bachelorstudiums Agrarwissenschaften zumindest größtenteils verwirklicht werden. Letzterem Argument habe die Revisionswerberin in ihrer Stellungnahme nicht substantiiert widersprochen. Der Senat sehe daher keinen Bedarf, neben dem eingerichteten Bachelorstudium "Agrarwissenschaften" das von der Revisionswerberin beantragte individuelle Studium zu bewilligen.

Über die dagegen gerichtete Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch das Bundesverwaltungsgericht erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass für die Behandlung der gegenständlichen Revision gemäß § 4 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - weiterhin anzuwenden sind.

§ 55 Universitätsgesetz 2002 - UG 2002, BGBl. I Nr. 120, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 176/2013, hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:

"Individuelles Studium

§ 55. (1) Fächer aus verschiedenen Diplom-, Bachelor- oder Masterstudien dürfen zu einem individuellen Diplom-, Bachelor- oder Masterstudium verbunden werden. Der Antrag auf Zulassung zu einem individuellen Studium ist an jener Universität einzubringen, an welcher der Schwerpunkt des geplanten Studiums liegen soll.

(2) Der Antrag hat jedenfalls zu enthalten:

  1. 1. die Bezeichnung des Studiums;
  2. 2. ein Curriculum einschließlich Qualifikationsprofil;
  3. 3. den Umfang in ECTS-Anrechnungspunkten;
  4. 4. wenn das Studium an mehreren Universitäten durchgeführt werden soll, die Zuordnung der Fächer zu den beteiligten Universitäten.

(3) Der Antrag ist vom für die Organisation der Studien zuständigen Organ bescheidmäßig zu genehmigen, wenn das beantragte Studium einem facheinschlägigen Studium gleichwertig ist. In der Genehmigung ist der Zeitpunkt der Zulassung zum individuellen Studium festzulegen.

..."

Eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Regelung enthielt § 17 des mit Ablauf des 31. Dezember 2003 außer Kraft getretenen Universität-Studiengesetzes, BGBl. I Nr. 48/1997. Zu dieser Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof im von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2002/10/0008, gestützt auf die Gesetzesmaterialien und die Materialien zur Vorgängerbestimmung des § 13 Abs. 5 Allgemeines Hochschul-Studiengesetz Folgendes ausgeführt:

"§ 17 Abs. 1 und 3 UniStG normiert das Recht ordentlicher Studierender eines Diplomstudiums auf Genehmigung eines individuellen Diplomstudiums, d.h. eines durch Verbindung von Fächern aus verschiedenen, in diesem Bundesgesetz festgelegten Diplomstudien zu einem individuell gestalteten Diplomstudium, soferne dieses einem facheinschlägigen Studium gleichwertig ist. Das besagt allerdings noch nicht, dass ein Anspruch auf Genehmigung der beantragten Fächerverbindung als individuelles Diplomstudium bereits dann besteht, wenn die Voraussetzung der Gleichwertigkeit erfüllt ist.

Unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte des § 17 UniStG räumt diese Bestimmung den Studierenden nämlich (nur) insoweit die Möglichkeit ein, ihr Studium individuell zu gestalten, als dadurch einem Ausbildungsziel entsprochen wird, dem andernfalls nicht oder nicht hinreichend Genüge getan werden könnte. Ebenso wie es Sinn und Zweck des seinerzeitigen studium irregulare war, dem - beruflich oder wissenschaftlich motivierten -

individuellen Ausbildungsbedarf des Studierenden zu dienen, setzt die Einrichtung des individuellen Diplomstudiums grundlegend voraus, dass es zur Erreichung eines näher bestimmten Ausbildungszieles notwendig ist. Fehlt es an einem entsprechenden individuellen Ausbildungsbedarf, so mangelt es an einer grundlegenden Voraussetzung für ein individuelles Diplomstudium; für eine Genehmigung ist diesfalls kein Raum."

Das Erfordernis eines individuellen Ausbildungsbedarfs im dargelegten Sinn gilt auch für die nunmehr in Geltung stehende Regelung des § 55 UG 2002, ergeben sich doch weder aus der Textierung dieser Norm noch aus den Materialien (RV 1134 BlgNR 21.GP , 91) Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber von dieser Voraussetzung für die Genehmigung eines individuellen Studiums absehen wollte.

Wie Perthold-Stoitzner in Mayer (Hrsg.) Universitätsgesetz 20022 (2010), S. 253, ausführt, wäre überdies bei einem anderen Verständnis von § 55 UG 2002 eine Umgehung anderer studienrechtlicher Regelungen - insbesondere jener über die Erlassung von Curricula - leicht möglich, wobei man nicht davon ausgehen kann, dass der Gesetzgeber Derartiges ermöglichen wollte.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages auf Genehmigung des individuellen Studiums "Integratives Landnutzungsmanagement" damit begründet, dass die von der Revisionswerberin genannten Ausbildungsziele sich auch im Rahmen des Bachelorstudiums "Agrarwissenschaften" verwirklichen lassen.

Die Revisionswerberin behauptet dazu lediglich, dass die "Individualität" des von ihr beantragten Studiums auf Grund des vorgelegten Curriculums gegeben sei. Dieses in keiner Weise konkretisierte Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit der behördlichen Ansicht aufzuzeigen, wonach das von der Revisionswerberin im Rahmen des von ihr beantragten individuellen Studiums angestrebte Ausbildungsziel auch durch das als Regelstudium eingerichtete Bachelorstudium "Agrarwissenschaften" erreicht werden kann.

Da das angestrebte individuelle Studium somit nicht im Sinn der dargestellten Judikatur zur Erreichung eines näher bestimmten Ausbildungszieles notwendig ist, hat die belangte Behörde den Antrag der Revisionswerberin zu Recht abgewiesen, wobei es dahinstehen kann, ob das von der Revisionswerberin vorgelegte Curriculum die von der Richtlinie des Senats mit 60 % limitierte Übereinstimmung mit einem Regelstudium überschreitet.

Zum Vorbringen der Revisionswerberin, dass die belangte Behörde die Abweisung des Antrages anders begründet habe als die Behörde erster Instanz, genügt der Hinweis, dass die Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Soweit sich die Revisionswerberin gegen die Auffassung wendet, wonach das von ihr vorgelegte Curriculum die erforderliche Anzahl an ECTS-Punkten nicht erreiche und den Vorgaben des Studienplans nicht entspreche, ist ihr entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde die Abweisung des Antrages nicht auf diese Umstände gestützt hat. Den in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängeln kommt daher jedenfalls keine Relevanz zu.

Aus all diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Dem Rechtsträger der belangten Behörde konnte kein Aufwandersatz zugesprochen werden, weil ein solcher nicht verzeichnet wurde.

Wien, am 21. Jänner 2015

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