VwGH Ra 2014/11/0063

VwGHRa 2014/11/006323.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision der S G in S, vertreten durch die Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Wilhelm-Spazier-Straße 2a, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 9. Juli 2014, Zl. LVwG- 7/260/4-2014, betreffend Übertretung des AVRAG (belangte Behörde:

Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg in 5024 Salzburg; mitbeteiligte Partei: C D, vertreten durch Dr. Robert Galler und Dr. Rudolf Höpflinger, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Viktor-Keldorfer Straße 1), den Beschluss gefasst:

Normen

AVRAG 1993 §7i Abs3;
AVRAG 1993 §7i Abs4;
AVRAG 1993 §7i Abs5;
VStG §22;
VStG §31;
VwRallg;
AVRAG 1993 §7i Abs3;
AVRAG 1993 §7i Abs4;
AVRAG 1993 §7i Abs5;
VStG §22;
VStG §31;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Beschluss wurde das gegen den Mitbeteiligten wegen Übertretung des § 7i Abs. 3 AVRAG geführte Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG wegen Verfolgungsverjährung eingestellt. In den Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, dem Mitbeteiligten sei in seiner Funktion als Arbeitgeber mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 18. September 2013 erstmals angelastet worden, einen namentlich genannten Arbeitnehmer vom 1. Mai 2011 bis 18. Juli 2011 beschäftigt zu haben, ohne diesem den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Grundlohn geleistet zu haben. Ausgehend vom Ende der Beschäftigung am 18. Juli 2011, durch welches das strafbare Verhalten aufgehört habe (§ 31 VStG), sei die gegenständlich maßgebende einjährige Verfolgungsverjährungsfrist (§ 7i Abs. 5 AVRAG) im Zeitpunkt der genannten ersten Verfolgungshandlung vom 18. September 2013 bereits verstrichen gewesen.

Das Verwaltungsgericht erklärte die Erhebung einer Revision gegen diesen Beschluss gemäß § 25a Abs. 1 VwGG für unzulässig.

2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

2.2.1. Die Revisionswerberin erachtet ihre (auf § 7i Abs. 7 iVm § 7g AVRAG gestützte) Revision ungeachtet des Ausspruches durch das Verwaltungsgericht für zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, wann eine Übertretung nach § 7i Abs. 3 AVRAG beendet sei und damit die Verjährungsfrist zu laufen beginne, nicht vorliege. Aus einem "Ministerialentwurf" zur Änderung des AVRAG und einer Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates sei aber zu entnehmen, dass es sich bei der Übertretung nach § 7i Abs. 3 AVRAG um ein Dauerdelikt handle, bei dem auch "das Bestehenlassen der Unterentlohnung" zum Tatbestand gehöre.

2.2.2. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Ein Dauerdelikt liegt vor, wenn das strafbare Verhalten nicht nur in der die Herbeiführung, sondern auch in der Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes besteht (vgl. die Judikaturzitate bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, E 277 ff. zu § 22 VStG und E 45 ff. zu § 31 VStG, und bei Raschauer/Wessely, VStG, Rn 26 zu § 1).

Der § 7i Abs. 3 AVRAG stellt unter Strafe, dass ein Arbeitgeber Arbeitnehmer "beschäftigt oder beschäftigt hat", ohne ihnen den nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehenden Lohn zu leisten. Schon das Verb "beschäftigen" stellt klar, dass die strafbare Handlung im gesetzwidrigen (weil unzureichend entlohnten) Beschäftigen des Arbeitnehmers liegt und als Dauerdelikt (vgl. die RV 1076 BlgNR 24. GP, 8) andauert, so lange die unterbezahlte Beschäftigung aufrecht erhalten wird. Hingegen ist dem Gesetzeswortlaut nicht zu entnehmen, dass der Tatbestand auch durch das bloße Unterlassen der Nachzahlung erfüllt wird. Aus § 7i Abs. 4 letzter Satz AVRAG ergibt sich vielmehr, dass die Nachzahlung einen Milderungsgrund darstellt, nicht aber die Beendigung des Tatzeitraumes.

2.3. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 23. Oktober 2014

Stichworte