VwGH AW 2013/06/0060

VwGHAW 2013/06/006015.1.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag von Dr. W und von 15 weiteren Beschwerdeführern, alle vertreten durch Mag. Florian Kreiner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stephansplatz 4/VIII, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19. September 2013, Zl. MagIbk/3720/RA-RM-BA/1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Dr. M; 2. W; 3. A; weitere Partei: Tiroler Landesregierung), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Normen

BauRallg;
VwGG §30 Abs2;

 

Spruch:

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Der vorliegende Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass der angefochtene Bescheid einem Vollzug zugänglich sei. Zwingende öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Mit dem durch den angefochtenen Bescheid möglichen Vollzug würden überhaupt keine öffentlichen Interessen berührt. Es handle sich um ein privates Bauprojekt, mit dessen Durchführung öffentliche Interessen, wenn, dann lediglich dahingehend berührt würden, dass durch die Bauführung den Zielen der örtlichen Raumordnung widersprochen werde. Für die Beschwerdeführer wäre mit dem Vollzug des Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden, als durch den raschen Vollzug vor der Kassation des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof ihre Parteienrechte als Nachbarn in unbilliger Weise verletzt wären. Zum anderen würde das erhöhte Verkehrsaufkommen bereits im Bau auf Grund der einseitigen, gesetzwidrigen Erweiterung der Wegeservitut vorliegen. Der Vollzug würde zudem eine sofortige Entwertung der Grundstücke der Beschwerdeführer bedeuten, da derzeit lediglich ein kleines Wohnhaus an die Liegenschaften der Beschwerdeführer angrenze, jedoch den Antragsgegnern eine Baugenehmigung für eine Wohnanlage mit sieben Wohneinheiten erteilt worden sei. Letztlich wäre mit einem sofortigen Baubeginn zu rechnen, wodurch eine Zerstörung der Denkmäler in der Gartenanlage durch Aufgraben des Grundstückes der Beschwerdeführer ermöglicht wäre. Ohne Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wäre die Rechtschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes vereitelt, da die Beschwerdeführer mit unumkehrbaren Folgen des einstweiligen Vollzuges konfrontiert wären. Auch eine Güterabwägung schlage zugunsten der Beschwerdeführer aus, da ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Baugenehmigung nicht vorliege. Dem gegenüber wären die Beschwerdeführer in Bezug auf den Wert ihrer Liegenschaften stark beeinträchtigt. Die Antragsgegner träfen bei Bewilligung der aufschiebenden Wirkung keine nachteiligen Folgen, als sie ohnehin noch zahlreiche Auflagen in Entsprechung des Baubewilligungsbescheides zu erfüllen hätten und damit noch vor Baubeginn etliche Vorbereitungen zu treffen seien. Zudem verzögerte sich im Falle, dass der Beschwerde nicht stattgegeben werde, lediglich der Baubeginn, womit jedoch keine wie immer gearteten Nachteile verbunden seien. Die Nachteile der Beschwerdeführer wögen unverhältnismäßig schwerer als das Interesse der Republik Österreich an der sofortigen Wirksamkeit eines Baubewilligungsbescheides.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Soweit die Beschwerdeführer sich auf die Entwertung ihrer Liegenschaft beziehen, ist dieses Vorbringen schon deshalb nicht zielführend, weil sie damit kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht im baurechtlichen Bereich geltend machen (vgl. zB. den hg. Beschluss vom 25. September 2013, Zl. AW 2013/05/0053).

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Ausgehend davon, dass es lediglich um die Auswirkungen eines möglichen sofortigen Vollzuges des Bescheides geht, ist festzuhalten, dass die belangte Behörde im Verfahren die vom Bauvorhaben ausgehenden Gefahren geprüft hat. Die für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung genannten Gründe der Beschwerdeführer stellen sich in diesem Zusammenhang als nicht nachvollziehbare Behauptungen dar, die auch nicht durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauert werden.

Im Fall des Obsiegens der Beschwerdeführer hätten im Übrigen allein die mitbeteiligten Bauwerber die Folgen einer dann allenfalls eingetretenen Konsenslosigkeit eines inzwischen ausgeführten Baues und die damit verbundenen finanziellen Nachteile zu tragen. Hingegen ist nicht erkennbar, dass durch die Ausübung der Berechtigung ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens auf Seiten der Beschwerdeführer zu erwarten ist (vgl. den hg. Beschluss vom 8. Oktober 2013, Zl. AW 2013/05/0058).

Dass ein allfälliger späterer Abbruch bzw. eine Rückgängigmachung von Baumaßnahmen tatsächlich unführbar wäre, haben die Beschwerdeführer nicht konkret dargelegt (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 25. September 2013).

Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist allgemein davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die in der Bescheidprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof gegebene Rechtschutzfunktion soll durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der beschwerdeführenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Beschwerde nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte, während vom Standpunkt der öffentlichen Interessen oder auch bei Interessen des Mitbeteiligten ein Zuwarten mit der Durchsetzung des normativen Gehaltes des Bescheides hingenommen werden kann (vgl. zB. den hg. Beschluss vom 28. Oktober 2013, Zl. AW 2013/05/0063, mwN).

Während grundsätzlich die Interessen des Bauwerbers an der Umsetzung der Baubewilligung auf der Hand liegen (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 28. Oktober 2013, mwN), haben die Beschwerdeführer nicht substantiiert dargelegt, weshalb die Bauführung irreversible Veränderungen mit sich brächte. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, weshalb der durch die Ausübung der Berechtigung zu erwartende Nachteil unverhältnismäßig sein sollte.

Dem Antrag musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Wien, am 13. Jänner 2014

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