VwGH 2013/03/0052

VwGH2013/03/005222.5.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des U W in S, vertreten durch Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Februar 2013, Zl VwSen-390338/8/Wim/BRe, betreffend Übertretung des Telekommunikationsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

TKG 2003 §104;
TKG 2003 §107 Abs1;
TKG 2003 §107 Abs1a;
TKG 2003 §109 Abs3 Z19a;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 2. Mai 2012 wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 107 Abs 1a in Verbindung mit § 109 Abs 3 Z 19a Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.700,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen) verhängt.

Dem Beschwerdeführer wurde dabei vorgeworfen, er habe es als Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der E C GmbH (im Folgenden: EC GmbH) in Salzburg zu verantworten, dass bei einem von diesem Unternehmen am 9. Jänner 2012 um 10.16 Uhr bei R M in G unter dessen näher genannter Rufnummer durchgeführten Anruf zu Werbezwecken (betreffend die Teilnahme an einem Gewinnspiel) anstelle einer Rufnummer der anrufenden E C GmbH die Rufnummer 06412/2 der E S GmbH (im Folgenden: ES GmbH) mitgesendet und beim Angerufenen angezeigt worden sei, wodurch bei diesem Anruf zu Werbezwecken die Rufnummernanzeige durch den Anrufer unzulässig verfälscht worden sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer handelsrechtlicher Geschäftsführer der EC GmbH und auch der ES GmbH sei. Die ES GmbH vertreibe Spieldienstleistungen in Form von Anrufen über Callcenter. Sie sei auch alleinige Gesellschafterin der EC GmbH.

Am 9. Jänner 2012 sei um 10.16 Uhr bei R M ein Anruf zu Werbezwecken von der EC GmbH durchgeführt worden, bei welchem eine Rufnummer der ES GmbH mitgesendet worden sei. Über den Beschwerdeführer sei bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides "eine Ermahnung und ein Straferkenntnis", beides wegen unzulässiger Werbeanrufe ohne vorherige Einwilligung, rechtskräftig ausgesprochen worden. Der Beschwerdeführer habe ein Einkommen von rund EUR 10.000,-- brutto monatlich und Sorgepflichten für drei Kinder und sei Eigentümer eines (belasteten) Grundstücks.

Gemäß § 109 Abs 3 Z 19a TKG 2003 sei mit einer Geldstrafe bis zu EUR 37.000,-- zu bestrafen, wer entgegen § 107 Abs 1a TKG 2003 die Rufnummernanzeige unterdrücke oder verfälsche oder veranlasse, dass sie unterdrückt oder verfälscht werde.

Gemäß § 107 Abs 1a TKG 2003 dürfe bei Telefonanrufen zu Werbezwecken die Rufnummernanzeige durch den Anrufer nicht unterdrückt oder verfälscht werden und der Diensteanbieter nicht veranlasst werden, diese zu unterdrücken oder zu verfälschen.

Dass eine andere Rufnummer als die des Anrufers beim gegenständlichen Werbeanruf mitgesendet worden sei, werde vom Beschwerdeführer nicht in Abrede gestellt. In objektiver Hinsicht liege somit ein Verfälschen der mitgesendeten Rufnummer vor. Daran ändere auch nichts, dass allenfalls im Telefongespräch selbst der Hinweis gegeben worden sei, dass der Anruf von der EC GmbH stamme.

Unter Bezugnahme auf die Erläuterungen zur anzuwendenden Gesetzesbestimmung führt die belangte Behörde weiter aus, dass Zweck der Regelung eindeutig die Ermöglichung der Erstattung von verwertbaren Strafanzeigen sei. Der vom Beschwerdeführer angeführte Servicegedanke, dass anstelle der Rufnummer des Anrufers die Rufnummer jenes Unternehmens, für den das Callcenter anrufe, mitgesendet werde, werde durch die gegenständliche Vorgehensweise geradezu ins Gegenteil verkehrt, da ein nicht kooperativer Unternehmer den erfolgten Anruf bestreiten und dafür sogar noch einen Einzelgesprächsnachweis für die mitgesendete Telefonnummer vorlegen könne, in dem der Anruf nicht aufscheine.

Hinsichtlich des Verschuldens sei auszuführen, dass es sich bei der Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt gemäß § 5 Abs 1 VStG handle, bei dem Fahrlässigkeit dann ohne weiteres anzunehmen sei, wenn der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Auf Grund seines Vorbringens sei dem Beschwerdeführer dies nicht gelungen; er habe daher die Übertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die verhängte Geldstrafe nur 10 % der gesetzlich vorgesehenen Höchststrafe betrage. Als erschwerend sei die einschlägige rechtskräftige Verwaltungsvorstrafe zu werten. Überdies liege auch eine rechtskräftige einschlägige Ermahnung vor. Bei den angegebenen persönlichen Verhältnissen, insbesondere dem hohen Einkommen des Beschwerdeführers, sei die verhängte Geldstrafe nicht als überhöht anzusehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die mit dem Bundesgesetz über Maßnahmen gegen Unerbetene Werbeanrufe, BGBl I Nr 23/2011, eingeführte § 107 Abs 1a TKG 2003 lautet:

"Bei Telefonanrufen zu Werbezwecken darf die Rufnummernanzeige durch den Anrufer nicht unterdrückt oder verfälscht werden und der Diensteanbieter nicht veranlasst werden, diese zu unterdrücken oder zu verfälschen."

Ebenfalls mit dieser Novelle zum TKG 2003 wurden die Verwaltungsstrafbestimmungen in § 109 TKG 2003 dahingehend geändert, dass nach § 109 Abs 3 Z 19a leg. cit eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu 37.000 Euro zu bestrafen ist, wer "entgegen § 107 Abs 1a die Rufnummernanzeige unterdrückt oder verfälscht oder veranlasst, dass sie unterdrückt oder verfälscht wird".

Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1008 BlgNR 24. GP) geben für die Einführung des § 107 Abs 1a TKG 2003 folgende Begründung:

"Anonymes Auftreten ist ein häufiger unseriöser Aspekt von Telefonmarketing. Da betroffene Teilnehmer keine verwertbaren Strafanzeigen erstatten können, entziehen sich die Initiatoren der Anrufe damit erfolgreich der Rechtsverfolgung. Eine Offenlegung des Namens oder der Firma des Unternehmers sowie des geschäftlichen Zwecks des Gesprächs ist bereits nach den Bestimmungen des Fernabsatzrechtes zwingend und ein Zuwiderhandeln mit Verwaltungsstrafe bedroht. Diese Bestimmungen sollen nun durch korrespondierende Bestimmungen im TKG 2003 gestützt werden.

Zu diesem Zweck soll die Unterdrückung und Verfälschung der Rufnummernanzeige untersagt werden."

2. Die Beschwerde zieht nicht in Streit, dass bei dem verfahrensgegenständlichen Anruf nicht die Rufnummer der anrufenden EC GmbH, sondern eine Rufnummer der ES GmbH mitgesendet wurde.

Der Beschwerdeführer erachtet jedoch die Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach bereits dann eine Verfälschung der Rufnummernanzeige im Sinne des § 107 Abs 1a TKG 2003 vorliege, wenn ein Callcenter nicht die eigene Rufnummer, sondern die Rufnummer jenes Unternehmens mitsende, für das geworben werde, als unzutreffend.

Im Verwaltungsstrafrecht sei allein der Gesetzeswortlaut maßgebend. Gemäß dem Wortlaut des § 107 Abs 1a TKG 2003 dürfe bei Telefonanrufen zu Werbezwecken die Rufnummernanzeige durch den Anrufer nicht unterdrückt oder verfälscht werden. Aus dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung könne nicht geschlossen werden, dass der Anrufer seine eigene Rufnummer mitsenden müsse. Die EC GmbH als Callcenter der ES GmbH habe daher schon deshalb nicht gegen § 107 Abs 1a TKG 2003 verstoßen, weil sie bei einem Anruf zu Werbezwecken der ES GmbH die Rufnummer der ES GmbH mitgesendet habe.

Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden:

Das Gesetz untersagt dem zu Werbezwecken Anrufenden, die Rufnummernanzeige - also nach § 104 TKG 2003 die "Anzeige der Rufnummer des Anrufenden" - zu unterdrücken oder zu verfälschen. Wer einen Anruf zu Werbezwecken tätig, darf daher weder die Anzeige seiner Rufnummer unterdrücken, noch darf er eine andere Rufnummer mitsenden. Wie sich aus den unstrittigen Feststellungen des angefochtenen Bescheides ergibt, wurde bei dem verfahrensgegenständlichen Anruf nicht die Rufnummer des Anrufenden - der EC GmbH, deren Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist - mitgesandt, sondern die Rufnummer der ES GmbH. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers wurde damit genau der im Gesetz umschriebene Straftatbestand des Verfälschens der Rufnummernanzeige verwirklicht.

4. Der Beschwerdeführer meint, dass es Zweck der Regelung des § 107 Abs 1a TKG 2003 sei, Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers - also anonyme "Telefonkeilerei" - zu verhindern. Zur Erreichung dieses Zwecks sollten die Initiatoren der Anrufe nach § 107 Abs 1a TKG 2003 bestraft werden können, wenn es auf Grund einer unterdrückten oder verfälschten Rufnummernanzeige zu einem anonymen Anruf zu Werbezwecken gekommen sei. Die Behörde habe daher im Verwaltungsstrafverfahren festzustellen, ob es auf Grund der mitgesendeten Rufnummer zu einem anonymen Anruf zu Werbezwecken gekommen sei. Genau das treffe aber im gegenständlichen Fall nicht zu. Der verfahrensgegenständliche Anruf zu Werbezwecken der ES GmbH sei - unter Einhaltung aller Vorgaben des Fernabsatzgesetzes - von der EC GmbH für die ES GmbH durchgeführt worden. Bei diesem Anruf sei von der EC GmbH die Rufnummer der ES GmbH mitgesendet worden, für die geworben worden sei. Es sei daher zu keinem anonymen Anruf zu Werbezwecken gekommen.

Selbst wenn man - wie die belangte Behörde - den Zweck der Regelung des §107 Abs 1a TKG 2003 auf "verwertbare Strafanzeigen" reduzieren wolle, sei diesem Zweck von der EC GmbH entsprochen worden. Dies deshalb, weil die Rufnummer der ES GmbH, für die geworben worden sei, mitgesendet worden sei. Es wäre daher jederzeit möglich gewesen, ein allfälliges Verwaltungsstrafverfahren gegen ES GmbH einzuleiten, sodass dem Zweck des § 107 Abs 1a TKG 2003 entsprochen worden sei.

Auch damit zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

§ 107 Abs 1a TKG 2003 stellt weder darauf ab, ob im Falle eines Anrufs zu Werbezwecken der Anrufende tatsächlich (etwa aufgrund von Angaben während des Telefonats) identifiziert werden kann, noch ob der Angerufene gegenüber dem Anrufenden - oder, wie der Beschwerdeführer offenbar meint, gegenüber einem anderen Unternehmen, für das der Anrufende wirbt - seine Einwilligung in Werbeanrufe gegeben hat. § 107 Abs 1a in Verbindung mit § 109 Abs 3 Z 19a TKG 2003 stellt insbesondere auch keine subsidiäre Strafdrohung für den Fall auf, dass ein zu Werbezwecken Anrufender nicht identifiziert werden kann, sondern legt jedem zu Werbezwecken Anrufenden (unabhängig von der darüber hinaus gemäß § 107 Abs 1 TKG 2003 bestehenden Verpflichtung, zuvor eine Einwilligung des Angerufenen einzuholen) die Pflicht auf, die Anzeige der eigenen Rufnummer nicht zu unterdrücken oder zu verfälschen.

5. Der Beschwerdeführer macht weiters einen nicht vorwerfbaren Verbotsirrtum gemäß § 5 Abs 2 VStG geltend. Er habe sich im Rahmen seiner Geschäftsführertätigkeit mit den Bestimmungen des TKG 2003 vertraut gemacht. Wie aber dieses Verfahren zeige, seien die aus § 107 Abs 1a TKG 2003 resultierenden Verhaltenspflichten weder für ihn noch für jedermann leicht erkennbar. Er habe daher nicht schuldhaft gehandelt, sodass er mangels Verschulden auch nicht nach § 107 Abs 1a TKG 2003 zu bestrafen sei.

Ein unverschuldeter und damit entschuldigender Rechtsirrtum im Sinne des § 5 Abs 2 VStG kann dem Beschwerdeführer schon nach seinem Vorbringen nicht zugute kommen. Ein solcher setzt nämlich voraus, dass dem Beschwerdeführer das Unerlaubte seines Verhaltens trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entschuldigt auch eine irrige Gesetzesauslegung den Betroffenen nur dann, wenn sie unverschuldet war. Um sich darauf berufen zu können, bedarf es - zur Einhaltung der einem am Wirtschaftsleben Teilnehmenden obliegenden Sorgfaltspflicht - einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen. Demnach ist der Gewerbetreibende bei Zweifel über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; wenn er dies unterlässt, so vermag ihn die fehlerhafte Gesetzesauslegung grundsätzlich nicht von seiner Schuld zu befreien (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 26. März 2012, Zl 2011/03/0169, mwN). Dass der Beschwerdeführer derartige - ihn entlastende - Erkundigungen eingeholt hätte, lässt sich seinem Vorbringen aber nicht entnehmen.

6. Der Beschwerdeführer macht schließlich unter dem Beschwerdegrund der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, dass sich die rechtliche Beurteilung und mithin die Begründung des angefochtenen Bescheides unter Verweis auf die Materialien zu § 107 Abs 1a TKG 2003 lediglich auf einen Satz reduziere und der angefochtenen Bescheid daher an gravierenden Begründungsmängeln leide.

Gemäß § 60 AVG, der gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anwendbar ist, sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Wie sich aus dem oben dargelegten wesentlichen Inhalt des angefochtenen Bescheides ergibt, hat die belangte Behörde den entscheidungserheblichen - vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren auch nicht bestrittenen - Sachverhalt festgestellt und darauf aufbauend in nachvollziehbarer und eindeutiger Weise die Subsumtion des dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handelns unter den gesetzlich umschriebenen Tatbestand vorgenommen. Der angefochtene Bescheid erfüllt damit die Anforderungen des § 60 AVG.

7. Die Beschwerde war daher, da schon ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. Mai 2013

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