Normen
12010P/TXT Grundrechte Charta;
ARHG §33 Abs3;
ARHG §34 Abs1;
B-VG Art9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
12010P/TXT Grundrechte Charta;
ARHG §33 Abs3;
ARHG §34 Abs1;
B-VG Art9 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit der angefochtenen Erledigung teilte die belangte Behörde dem Landesgericht Klagenfurt mit, dass sie auf Grundlage und im Umfang eines näher bezeichneten rechtskräftigen Beschlusses des Oberlandesgerichtes Graz die Auslieferung der Beschwerdeführer an die Justizbehörden der Vereinigten Staaten von Amerika zur Strafverfolgung bewilligt habe. Hievon würden die Justizbehörden der Vereinigten Staaten von Amerika verständigt und ersucht, einen Abholungstermin bekanntzugeben. Der Gerichtsakt werde in der Anlage zur weiteren Veranlassung gemäß § 36 Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) zurückgestellt.
Gegen diese Erledigung erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 18. April 2012, B 322/12-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die Beschwerde ist unzulässig:
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Beschluss vom 7. März 2008, Zl. 2008/06/0019, auf Grundlage der auch hier maßgebenden Rechtslage näher dargelegt hat, sind sämtliche subjektiven Rechte einer auszuliefernden Person umfassend und ausschließlich im gerichtlichen Auslieferungsverfahren wahrzunehmen und nicht von der belangten Behörde. Auf diesen Beschluss wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG verwiesen (vgl. insofern auch den hg. Beschluss vom 25. November 2008, Zl. 2008/06/0171).
Soweit die Beschwerdeführer auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2012, U 466/11, U 1836/11, verweisen und dazu vorbringen, die (mit der Auslieferung) befassten Gerichte hätten dieses Erkenntnis noch nicht berücksichtigen können, sodass davon auszugehen sei, dass für diese Gerichte die Charta der Grundrechte der Europäischen Union noch keinen Prüfungsmaßstab dargestellt habe, so wird auch damit nicht aufgezeigt, dass auf Grundlage der §§ 33 und 34 ARHG subjektive Rechte einer auszuliefernden Person nicht im gerichtlichen Auslieferungsverfahren, sondern durch die belangte Behörde wahrzunehmen gewesen wären. Wie der Verwaltungsgerichtshof im genannten Beschluss vom 7. März 2008 ausgeführt hat, wird mit der Wendung "Gesetz und Bundesverfassung" in § 33 Abs. 3 ARHG klargestellt, dass für die Entscheidung des Gerichts über die Genehmigung der Auslieferung die gesamte Rechtsordnung maßgeblich ist, soweit daraus wegen eines möglichen Eingriffs in die Rechtssphäre des Auszuliefernden für ihn (allfällige) subjektive Rechte abgeleitet werden können. Solche subjektiven Rechte können sich aus dem gesamten innerstaatlichen Recht ebenso wie aus zwischenstaatlichen Vereinbarungen, aus den gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG als Bestandteil des Bundesrechts geltenden "allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts" ebenso wie aus anderen Rechtsquellen des Völkerrechts oder supranationalen Rechts ergeben. Auch die aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union erfließenden allenfalls maßgeblichen subjektiven Rechte sind daher in diesem gerichtlichen Verfahren geltend zu machen. Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ins Treffen führt, ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit der Auslieferung gemäß § 31 ARHG durch Beschluss eines ordentlichen Gerichtes auf Grund einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu treffen ist, und dass gegen diesen Beschluss Beschwerde an das Oberlandesgericht vorgesehen ist, welches wiederum in öffentlicher mündlicher Verhandlung zu entscheiden hat (§ 31 Abs. 6 ARHG).
Zwar hat der Bundesminister für Justiz bei seiner Entscheidung gemäß § 34 Abs. 1 ARHG durchaus - wie jedes Staatsorgan - die gesamte Rechtsordnung und damit auch die subjektiven Rechte des Betroffenen zu achten. Jedoch besitzt der Betroffene darauf kein subjektives Recht, weil die Zulässigkeit der Auslieferung als möglicher Eingriff in seine Rechte bereits vom Gericht auf umfassende Weise geprüft und für zulässig befunden worden ist. Da eine Genehmigung der Auslieferung durch den Bundesminister nur dann erfolgen darf, wenn im gerichtlichen Verfahren die Auslieferung für zulässig erklärt wurde, besteht angesichts des Kognitionsumfanges des Bundesministers, der sich aus der nunmehrigen Rechtslage ergibt (eben staatspolitische Aspekte und Interessen der Republik Österreich und allgemeine völkerrechtliche Verpflichtungen) auch aus dem Blickwinkel des Schutzes der Interessen des Auszuliefernden kein zwingendes oder auch ausreichendes Bedürfnis, ihm die Möglichkeit der Bekämpfung der Entscheidung des Bundesministers einzuräumen.
Auch der Verfassungsgerichtshof hat im - nach dem genannten Erkenntnis vom 14. März 2012, U 466/11, U 1836/11, ergangenen - Ablehnungsbeschluss vom 18. April 2012, B 322/12-7, ausgeführt, dass die Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung unter dem Gesichtspunkt subjektiver Rechte ausschließlich im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vorzunehmen ist. Die Bundesministerin für Justiz hat über das Auslieferungsersuchen nur mehr nach Maßgabe zwischenstaatlicher Vereinbarungen und der Grundsätze des zwischenstaatlichen Rechtsverkehrs zu befinden.
Davon ausgehend konnten mit der angefochtenen Erledigung keine im Verfahren vor der belangten Behörde verfolgbaren subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführer, wie sie sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend gemacht haben, verletzt werden, sodass weder auf das inhaltliche Beschwerdevorbringen einzugehen ist noch der Verwaltungsgerichtshof sich veranlasst sieht, der Anregung der Beschwerdeführer auf Einholung einer Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union zu näher bezeichneten Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zu folgen. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist eine Vorlage auch für ein letztinstanzliches Gericht wie den Verwaltungsgerichtshof dann nicht verpflichtend, wenn die vor ihm aufgeworfene Frage nach der Auslegung des Unionsrechts nicht entscheidungserheblich ist, d.h. wenn die Antwort auf diese Frage, wie auch immer sie ausfällt, keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Rechtsstreits haben kann (vgl. etwa EuGH 6. Oktober 1982, Rs 283/81, C.I.L.F.I.T., Slg 1982, 3415 Rz 10). Da - wie dargelegt - subjektive Rechte des Auszuliefernden einschließlich allfälliger aus der Charta der Grundrechte der Europäischen Union erfließender Rechte ausschließlich im gerichtlichen Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit der Auslieferung geltend zu machen sind, stellen derartige Rechte einschließlich der in der genannten Charta verankerten Rechtspositionen keinen Prüfungsmaßstab für die Beurteilung der angefochtenen Erledigung dar, weshalb die Auslegung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gegenständlich für den Verwaltungsgerichtshof nicht entscheidungserheblich ist.
Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den (mit der Beschwerdeergänzung verbundenen neuerlichen) Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 31. Mai 2012
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