VwGH 2011/17/0074

VwGH2011/17/007427.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Dr. Zehetner und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde der D GmbH & Co KG in A, vertreten durch Haslinger / Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Roseggerstraße 58, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom 3. Februar 2011, Zl. VwSen-300995/2/BP/Ga, betreffend Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

GSpG 1989 §2 Abs3;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z1 idF 2010/I/073;
GSpG 1989 §2 Abs3;
GSpG 1989 §53;
GSpG 1989 §60 Abs25 Z1 idF 2010/I/073;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 4. Jänner 2011 wurde gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a des Glücksspielgesetzes, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 (im Folgenden: GSpG), die Beschlagnahme von zwei zunächst am 2. Dezember 2010 von Organen des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck vorläufig beschlagnahmten Spielapparaten sowie sieben näher bezeichneter Schlüssel, die im Eigentum der Beschwerdeführerin standen, bescheidmäßig ausgesprochen.

Die Behörde erster Instanz ging davon aus, dass mit den näher genannten Geräten virtuelle Walzenspiele hätten durchgeführt werden können und weder die dafür erforderliche Konzession des Bundesministeriums für Finanzen vorgelegen sei noch die Geräte nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol ausgenommen gewesen seien.

1.2. Aufgrund der Berufung der Beschwerdeführerin erging der angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde.

1.3. Begründend verwies die belangte Behörde zunächst auf die Neuregelung des Glücksspielwesens durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 73/2010, derzufolge eine mit der Bundeskompetenz korrespondierende Kompetenz der Länder zur Regelung des "Kleinen Glücksspiels" bestehe, die jedoch von diesen nicht ausgeschöpft werden müsse. Nach Darstellung der einschlägigen Bestimmungen des GSpG (insbesondere des § 4 Abs. 2 und des § 5 GSpG) legte die belangte Behörde dar, dass Ausspielungen mittels Glücksspielautomaten in Automatensalons bzw. im Wege der Einzelaufstellung dann schon von vornherein nicht dem Glücksspielmonopol des Bundes unterlägen, wenn der Höchsteinsatz von 10 EUR bzw. 1 EUR pro Spiel bzw. der Höchstgewinn von 10.000 EUR bzw. 1.000 EUR nicht überschritten werde.

Für das Land Oberösterreich bestehe eine an § 5 GSpG anknüpfende Regelung derzeit nicht. Nach § 60 Abs. 25 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, dürften Glücksspielautomaten, hinsichtlich derer eine aufrechte landesrechtliche Bewilligung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Novelle (dem 19. August 2010) bestanden habe, längstens bis zum 31. Dezember 2014 (in Sonderfällen bis 31. Dezember 2015) betrieben werden.

Daher bilde in Oberösterreich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids eine Ausspielung, für welche weder eine Konzession nach dem GSpG bestehe, noch eine Bewilligung nach dem Oö Spielapparate- und Wettgesetz, LGBl. Nr. 106/2007, erteilt worden sei, einen Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes.

Im Hinblick auf die in der Berufung vertretene Auffassung, dass bei über Internet gesteuerten Spielen von einer "zentralseitigen Ausspielung im Sinne des § 12a Abs. 1 erster Satz" (GSpG) auszugehen sei, erörterte die belangte Behörde sodann die Bedeutung der Übergangsvorschrift des § 60 Abs. 25 Z 1 GSpG für bestehende oder bis zum 31. Dezember 2010 vom Bundesminister für Finanzen genehmigte Videolotterieterminal-Outlets (VLT-Outlets). Abgesehen davon, dass keine Bewilligung des Bundesministers für Finanzen vorliege, sei auch fraglich, ob bei zwei aufgestellten Geräten von einem VLT-Outlet gesprochen werden könne. Es könne daher im Beschwerdefall nicht von einem VLT-Outlet im Sinne des § 12a GSpG die Rede sein.

Die Übergangsregelung des § 60 Abs. 25 Z 1 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, komme daher nicht zur Anwendung.

Den unionsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin wurde entgegen gehalten, dass in den novellierten Regelungen des GSpG - abgesehen davon, dass hier allenfalls ein Fall der Inländerdiskriminierung vorläge - nicht zwingend ein neuerlicher Verstoß gegen Unionsrecht erkannt werden könnte.

Nach Rekapitulierung der Feststellungen der Erstbehörde zum Glücksspielcharakter der angebotenen Spiele und Klarstellung, dass im Beschwerdefall bereits die Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 anzuwenden sei und die Beschwerdeführerin über keine Konzession verfüge, wird festgehalten, dass damit der Verdacht auf einen Eingriff in das Glücksspielmonopol (auch im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde; Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2009, Zl. 2005/17/0223) vorgelegen sei. Die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Nach § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 kann die Behörde die Beschlagnahme der Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technischen Hilfsmittel anordnen und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werde, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen werde.

§ 60 Abs. 25 Z 1 und 2 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, lauten:

"(25) Nach erfolgter Notifikation im Sinne der RL 98/34/EG (Nr. 2010/228/A) und nach am 16. Juli 2010 abgelaufener Sperrfrist des Art. 8 RL 98/34/EG treten die Änderungen jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, am Tag nach Kundmachung dieses Bundesgesetzes, BGBl. I Nr. 73/2010, im Bundesgesetzblatt in Kraft. Dabei gelten jedoch folgende Sonderbestimmungen:

"1. Zum 1. Jänner 2011 bestehende VLT-Outlets oder VLT-Outlets, die bis 31. Dezember 2010 vom Bundesminister für Finanzen bescheidmäßig genehmigt sind, müssen spätestens mit 31. Dezember 2014 den Vorschriften des § 12a in der Fassung dieses Bundesgesetzes entsprechen. Dies gilt nicht für § 12a Abs. 2 dritter Satz für zum 1. Jänner 2010 bereits bestehende VLT-Outlets.

2. Glücksspielautomaten, die auf Grund

landesgesetzlicher Bewilligung gemäß § 4 Abs. 2 in der Fassung vor diesem Bundesgesetz zugelassen worden sind, dürfen längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014 betrieben werden".

2.2. Der angefochtene Bescheid beruht auf der Auffassung, die beiden beschlagnahmten Glücksspielautomaten könnten weder nach § 60 Abs. 25 Z 1 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, noch nach § 60 Abs. 25 Z 2 GSpG in der genannten Fassung zulässig betrieben werden. Da auch keine Konzession nach GSpG vorgelegen sei, seien die Glücksspielautomaten zu Recht beschlagnahmt worden und die Berufung abzuweisen gewesen.

Die Beschwerdeführerin vertritt demgegenüber die Auffassung, dass in ihrem Falle (ungeachtet der geringen Anzahl an Glücksspielautomaten) ein VLT-Outlet vorgelegen sei, welches nach § 60 Abs. 25 Z 1 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, erst im Jahre 2014 den Vorschriften des GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 entsprechen müsse.

2.3. Es kann im Beschwerdefall dahin gestellt bleiben, ob die Auslegung der Beschwerdeführerin des Begriffes "VLT-Outlet" zutrifft (und der Gesetzgeber bei Verwendung dieses vor der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 nicht im Gesetz enthaltenen Begriffes tatsächlich auch Geräte in Einzelaufstellung erfassen wollte).

Die Beschwerdeführerin verkennt nämlich die Rechtslage, wenn sie ferner die Auffassung vertritt, § 60 Abs. 25 Z 1 erste Alternative GSpG erfasse auch faktisch bestehende VLT-Outlets, auch wenn sie über keine Konzession verfügen. Diese Übergangsvorschrift bezieht sich lediglich auf solche zum Stichtag bestehende Outlets, für die eine Konzession des Bundesministers für Finanzen erteilt worden ist (vgl. die Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. I Nr. 73/2010, 657 BlgNR, 24. GP, 10). Für die Annahme, der Gesetzgeber hätte mit dieser Vorschrift auch eine Sanierung rechtswidrig betriebener Outlets vornehmen wollen, besteht angesichts des den Materialien deutlich entnehmbaren Willens des Gesetzgebers keinerlei Anhaltspunkt. Es ist auch unzutreffend, dass das in § 60 Abs. 25 Z 1 zweite Variante GSpG (die auch noch nicht errichtete Outlets betrifft) vorausgesetzte Genehmigungsregime nicht bestehe. Im Übrigen ist es für die Auslegung der ersten Variante auch nicht von Belang, ob - was nicht zutrifft - die zweite Variante keinen Anwendungsbereich hätte.

Selbst wenn die Bedenken der Beschwerdeführerin zuträfen, dass die Wortwahl des Gesetzgebers in § 60 Abs. 25 Z 1 zweite Variante GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, in der von einer bescheidmäßigen Genehmigung die Rede sei, während § 12a GSpG von einer Bewilligung spreche, zu einer Unklarheit führte, wäre dies für die Auslegung der ersten Variante nicht von Bedeutung. Abgesehen davon, dass die vermeintliche Unklarheit nicht besteht, änderte der Umstand, dass eine Übergangsvorschrift teilweise (hinsichtlich der zweiten Variante) ins Leere ginge, nichts daran, dass der Gesetzgeber entsprechend seinem eindeutig erklärten Willen mit der ersten Variante nur bewilligte bestehende "Outlets" erfassen wollte.

Nicht von Belang ist weiters, dass die Übergangsbestimmung bereits vor dem 1. Jänner 2011 in Kraft getreten ist, aber auf zu diesem Zeitpunkt "bestehende" Outlets abstellt, da es dem Gesetzgeber frei steht, einen Zeitpunkt zu wählen, der als Stichtag für das Bestehen bereits genehmigter Anlagen gelten soll.

Die Beschwerdeführerin kann sich schon mangels Vorliegens einer Konzession für Elektronische Lotterien nach § 12a GSpG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 73/2010 nicht auf § 60 Abs. 25 Z 1 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, berufen. Ihr Vorbringen zeigt somit insoweit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.

2.4. Soweit in der Beschwerde gegen die Begründung des angefochtenen Bescheids eingewendet wird, die belangte Behörde sei einerseits von einer zentralseitigen Herbeiführung des Spielergebnisses, andererseits aber vom Vorliegen von Glücksspielautomaten ausgegangen, sodass nicht nachvollziehbar sei, welche rechtlichen und tatsächlichen Überlegungen die belangte Behörde dem Spruch des Bescheides zugrunde gelegt habe, ist Folgendes auszuführen:

Nach § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 54/2010 kann die Behörde (unter den dort genannten näheren Voraussetzungen) nicht nur die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sondern auch von sonstigen Eingriffsgegenständen anordnen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 4. November 2009, Zl. 2009/17/0147, zu "elektronischen Lotterien" ausgeführt hat, liegt der für die Beschlagnahme nach § 53 GSpG erforderliche Verdacht auch vor, wenn die beschlagnahmten Geräte objektiv beurteilt "elektronische Lotterien" (nach der derzeitigen Rechtslage im Besonderen auch Video-Lotterie-Terminals) sind. Eine abschließende Klärung der Frage, ob ein Glücksspielautomat im Sinne der Definition des § 2 Abs. 3 GSpG oder aber ein Gerät, bei dem das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt wird, war für die Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids daher nicht von Bedeutung (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2012, Zl. 2011/17/0269).

2.5. Die Beschwerdeführerin beruft sich schließlich auch auf Unionsrecht und vertritt die Auffassung, dass die angewendeten innerstaatlichen Bestimmungen im Hinblick auf die jüngere Rechtsprechung des EuGH unangewendet zu bleiben hätten. Da die Vorlagefrage in der Rechtssache C-347/09 , Dickinger und Ömer, ausdrücklich dahingehend formuliert worden sei, ob Art. 43 und 49 EG einer mitgliedstaatlichen Regelung entgegen stünden, wonach eine Konzession für Ausspielungen nur einem einzigen Konzessionswerber erteilt werden dürfte, könne der Beschwerdeführerin auch nicht die im Übrigen nach Unionsrecht zulässige Inländerdiskriminierung entgegen gehalten werden.

Zu diesem Vorbringen ist darauf hinzuweisen, dass die in dieser Rechtssache an den EuGH gerichteten Fragen über den Rahmen des Ausgangsverfahrens (das Anbieten von Glücksspielen über das Internet) hinausgingen (vgl. die Schlussanträge von Generalanwalt Bot vom 31. März 2011, Rn 37 ff). Der EuGH beantwortete in seinem Urteil vom 15. September 2011, C-347/09 , zwar Fragen zur "Auslegung der Art. 43 EG und 49 EG" (vgl. Rn 1 des Urteils), traf dabei aber neben der Feststellung, dass Unionsrecht einer Strafbestimmung entgegen stehe, wenn die übertretene Norm nicht mit Unionsrecht vereinbar sei (Punkt 1. des Tenors), bzw. dass Art. 49 EG auf Glücksspieldienstleistungen anwendbar sei, die im Hoheitsgebiet eines Aufnahmemitgliedstaates von einem Wirtschaftsteilnehmer mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat über das Internet angeboten würden (Punkt 2. des Tenors und dazu Rn 37 des Urteils, aus der sich ergibt, dass der EuGH hiebei die Anwendung auf den Glücksspielanbieter beurteilte), unter Punkt 3. des Tenors zur Auslegung des Art. 49 EG nur verschiedene inhaltliche Klarstellungen zur Zulässigkeit von Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit. Daraus ist aber nichts für die von der Beschwerdeführerin vertretene These von der Erweiterung des Schutzbereiches des Art. 56 AEUV (ex Art. 49 EG) abzuleiten (vgl. insbesondere Rn 41 des Urteils, wo die vom EuGH beantwortete Frage 1 dahin gehend umschrieben wird, dass die beurteilte Regelung "es allen anderen - auch den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen - Anbietern" untersage, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedslandes von der Regelung erfasste Dienstleistungen über das Internet anzubieten).

3. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. April 2012

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