VwGH 2008/02/0103

VwGH2008/02/010316.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des F N in H, vertreten durch Tramposch & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Franz-Fischer-Straße 17a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 27. Februar 2008, Zl. VwSen-162243/10/Kei/Ps, betreffend Übertretungen des KFG 1967, zu Recht erkannt:

Normen

31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8 Abs3;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs7a liti;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §49 Abs2;
VStG §5 Abs2;
31985R3820 Harmonisierung best Sozialvorschriften Strassenverkehr Art8 Abs3;
31985R3821 Kontrollgerät im Strassenverkehr Art15 Abs7a liti;
KFG 1967 §134 Abs1;
VStG §49 Abs2;
VStG §5 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 27. Februar 2008 wurde der Beschwerdeführer als Lenker eines den Kennzeichen nach näher bestimmten Sattelzugfahrzeuges samt Anhänger nachstehender Verwaltungsübertretungen schuldig erkannt:

"1) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen. Am 20. August 2006 wurde festgestellt, dass Sie die Schaublätter für die laufende Woche und die von Ihnen in den der laufenden Woche vorausgehenden 15 Tagen verwendeten Schaublätter dem Kontrollorgan auf dessen Verlangen nicht vorgelegt haben. Es wurden die Schaublätter vom 30.07.2006 bis 12.08.2006, 12:05 Uhr sowie die Schaublätter der laufenden Woche von 17.08.2006, 13:10 Uhr bis 18.08.2006, 9:05 Uhr nicht vorgelegt.

Tatort: Gemeinde Kematen am Innbach, Autobahn Freiland, Nr. 8

bei km 24.900, Verkehrskontrollplatz Kematen.

Tatzeit: 20.08.2006, 13:05 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134 Abs. 1 KFG iVm Art. 15 Abs. 7a lit i EG-VO 3821/85

2) Sie haben als Lenker des angeführten KFZ, welches zur Güterbeförderung im innergemeinschaftlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen höchst zulässiges Gesamtgewicht einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, folgende Übertretung begangen. Es wurde festgestellt, dass Sie die wöchentliche Ruhezeit von 24 zusammenhängenden Stunden nicht eingehalten haben. Sie haben die Ruhezeit nicht am Standort des Fahrzeuges oder Ihres Heimatortes konsumiert. In der Woche vom 14.08.2006, 00:00 Uhr bis 20.08.2006, 13:05 Uhr betrug die wöchentliche Ruhezeit nur 18 Stunden.

Tatort: Gemeinde Kematen am Innbach, Autobahn Freiland, Nr. 8

bei km 24.900.

Tatzeit: 20.08.2006, 13:05 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 134 Abs. 1 KFG iVm Art. 8 Abs. 3 EG-VO 3820/85."

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Beschwerdeführer gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu Spruchpunkt 1) eine Geldstrafe von EUR 960,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 190 Stunden) und zu Spruchpunkt 2) eine Geldstrafe von EUR 100,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 20 Stunden) verhängt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer beruft sich zu Spruchpunkt 1 des angefochtenen Bescheides zunächst auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum, weil nahezu archivarischer Fleiß und eine juristische Ausbildung erforderlich sei, um die Änderungen durch die EG-VO Nr. 561/2006 , insbesondere deren zeitlichen Geltungsbereich, unmittelbar nach Inkrafttreten der genannten Verordnung herauszufinden. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer von der "alten" Rechtslage ausgegangen sei, wonach lediglich die Schaublätter der laufenden Woche und des letzten Tages der vorangegangenen Woche vorzulegen seien, ergebe sich daraus, dass er eben diese Schaublätter bei sich geführt und den Kontrollorganen ausgehändigt habe.

Dem ist entgegenzuhalten, dass Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwider gehandelt hat, gemäß § 5 Abs. 2 VStG nur dann entschuldigt, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Dabei ist auch irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten aber nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass sie unverschuldet war, und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Bei Einhaltung der einem Berufskraftfahrer obliegenden Sorgfaltspflicht bedarf es der Objektivierung durch geeignete Erkundigungen und es ist Sache des Lenkers eines Lastkraftwagens, sich auch über die Rechtslage hinsichtlich der Einhaltung der Ruhezeiten bzw. über die Vorlage von Schaublättern zu informieren; wer dies verabsäumt, trägt das Risiko eines Rechtsirrtums (vgl. zu einer Übertretung des GütBefG etwa das hg Erkenntnis vom 23. Mai 2002, Zl 2001/03/0430). Dass der Beschwerdeführer solche geeigneten Erkundigungen vorgenommen habe, behauptet er nicht, sodass das Vorliegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums von der belangten Behörde zu Recht verneint wurde.

Zu Spruchpunkt 2 des angefochtenen Bescheides führt der Beschwerdeführer aus, dass gemäß Art. 1 Z. 4 der EG-VO Nr. 3820/85 unter "Woche" der Zeitraum zwischen Montag 00.00 Uhr und Sonntag 24.00 Uhr zu verstehen sei, und eine Woche somit nicht am Sonntag um 13.00 Uhr ende. Der Beschwerdeführer hätte sohin im verbleibenden Zeitraum von nahezu 11 Stunden die Möglichkeit gehabt, die wöchentliche Ruhezeit von 24 Stunden (restliche 6 Stunden) einzuhalten.

Mit diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass Art. 8 Abs. 3 der EG-VO 3820/85 vorschreibt, dass in jeder Woche eine Ruhezeit eingehalten werden muss, die außerhalb des Standortes des Fahrzeugs oder des Heimatortes des Fahrers auf eine Mindestdauer von 24 zusammenhängenden Stunden verkürzt werden kann. Da innerhalb der verbleibenden 11 Stunden der im Beschwerdefall zu beurteilenden Woche eine zusammenhängende Ruhezeit von 24 Stunden wohl nicht mehr eingelegt werden konnte, ist der Argumentation des Beschwerdeführers schon deshalb die Grundlage entzogen.

Ein Verstoß gegen § 49 Abs. 2 letzter Satz VStG liegt - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift zu Recht verweist - deshalb nicht vor, weil die zunächst in den Spruchpunkten 1., 2. und 4. der Strafverfügung aufgesplittert gewesenen Zeiträume und verhängten Strafen zusammengefasst wurden und die in Spruchpunkt 1 des Straferkenntnisses verhängte "Gesamtgeldstrafe" der Summe der sich aus der Strafverfügung ergebenden "Teil"-Geldstrafen" entspricht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. April 1970, Slg. Nr. 7771/A).

Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit seinen Überlegungen, es liege ein zu berücksichtigender Rechtsirrtum vor, abschließend meint, es hätte auch vom Vorliegen einer mangelnden Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 21 VStG ausgegangen werden müssen, kann ihm schon im Lichte der vorangegangenen Ausführungen zum Rechtsirrtum nicht gefolgt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGHAufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. September 2011

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