VwGH 2005/04/0250

VwGH2005/04/025024.2.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des G in F, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 8. September 2005, Zl. Ge-275000/1-2005- Myh/Neu, betreffend Verweigerung der Nachsicht vom Ausschluss der Gewerbeausübung gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
StGB §43 Abs1;
VwRallg;
GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §26 Abs1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
StGB §43 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 8. September 2005 hat der Landeshauptmann von Oberösterreich den Antrag des Beschwerdeführers auf Nachsicht vom Ausschluss von der Ausübung des Gewerbes "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik" gemäß § 26 Abs. 1 GewO 1994 abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Ried vom 12. August 2003 wegen der Vergehen der sittlichen Gefährdung von Personen unter 16 Jahren nach § 208 StGB, der öffentlichen unzüchtigen Handlung nach § 218 StGB, der geschlechtlichen Nötigung nach § 202 Abs. 1 StGB und des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB verurteilt worden. In seinem auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers ergangenen Urteil vom 8. März 2004 habe das Oberlandesgericht Linz ausgeführt, bei der Strafzumessung sei zu berücksichtigen, dass das strafsatzbestimmende Verbrechen eine Tat betreffe und der Schuldgehalt der exhibitionistischen Handlung durch die Therapie (Bereitschaft), also das Nachtatverhalten gemindert werde. Diese Krankheitseinsicht verbunden mit der Psychotherapie stelle die Grundlage für eine günstige Zukunftsprognose dar und sei daher tragfähige Basis einer teilbedingten Strafnachsicht. Das Oberlandesgericht habe daher die Freiheitsstrafe (von - wie sich aus der Beschwerde ergibt - 2 Jahren und 6 Monaten, wovon 20 Monate bedingt nachgesehen wurden) auf 24 Monate herabgesetzt, wobei der unbedingte Teil der Freiheitsstrafe mit 6 Monaten festgesetzt worden sei. Der behandelnde Psychotherapeut Dr. X bestätige, dass sich der Beschwerdeführer seit Ende 2002 in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Dem Beschwerdeführer werde eine hohe Kooperationsbereitschaft und Einsicht bescheinigt, wobei Dr. X die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalles als "sehr gering" bewerte. Beim Gewerbe der "Dienstleistungen in der automatischen Datenverarbeitung und Informationstechnik" handle es sich um ein Gewerbe mit Kundenkontakten, im Zuge dessen auch Hausbesuche vorkommen könnten und in der Regel auch vorkämen. Gerade bei diesem angestrebten Gewerbe könnten sich viele Gelegenheiten zur Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten, wie vom Berufungswerber im Zeitraum 1996 bis 2002 realisiert, ergeben. Der Beschwerdeführer habe einschlägige Straftaten über einen doch sehr langen Deliktszeitraum begangen. Selbst unter Berücksichtigung der Entscheidung des Oberlandesgerichtes Linz sei festzuhalten, dass das verhängte Strafausmaß von 24 Monaten, wenngleich 18 Monate bedingt, bereits die Therapie bzw. Therapiebereitschaft berücksichtigt habe. Der Beschwerdeführer habe selbst vorgebracht, es handle sich bei den von ihm realisierten Straftatbeständen vielfach um Gelegenheitshandlungen. Gerade diese Gelegenheiten würden sich im Rahmen der Ausübung des angestrebten Gewerbes vermehrt ergeben. Wenn Dr. X bescheinige, dass die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls aus heutiger Sicht sehr gering sei, so bedeute dies, dass sie in einem geringen Ausmaß nach wie vor vorhanden sei. Auf Grund der zahlreichen gleichartigen Straftaten des Beschwerdeführer sei unter Berücksichtigung des Deliktszeitraumes auf ein Persönlichkeitsbild zu schließen, das die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten bei Ausübung des angestrebten Gewerbes "nicht nicht befürchten lasse". Ein Wohlverhaltenszeitraum von nunmehr 3 Jahren vermöge diesbezüglich nicht vom Gegenteil zu überzeugen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die §§ 13 Abs. 1 sowie 26 Abs. 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 in der Fassung BGBl. I Nr. 131/2004, lauten (auszugsweise):

"§ 13. (1) Natürliche Personen sind von der Ausübung eines Gewerbes ausgeschlossen, wenn

1. sie von einem Gericht verurteilt worden sind

...

b) wegen einer sonstigen strafbaren Handlung zu einer drei Monate übersteigenden Freiheitsstrafe oder zu einer Geldstrafe von mehr als 180 Tagessätzen und

2. die Verurteilung nicht getilgt ist.

...

§ 26. (1) Die Behörde hat im Falle des Ausschlusses von der Gewerbeausübung gemäß § 13 Abs. 1 oder 2 die Nachsicht von diesem Ausschluß zu erteilen, wenn nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes nicht zu befürchten ist."

Die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 GewO 1994 liegen beim Beschwerdeführer unstrittig vor.

Wie sich aus § 26 Abs. 1 GewO 1994 ergibt, hat die Behörde bei der Prüfung der Frage, ob die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist, sowohl auf die Eigenart der strafbaren Handlung als auch auf das Persönlichkeitsbild des Verurteilten Bedacht zu nehmen.

Die Behörde hat die Erfüllung der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale für die Erteilung der Nachsicht selbstständig zu beurteilen, ohne hiebei an gerichtliche Strafzumessungsgründe bzw. den Inhalt einer gerichtlichen Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht gebunden zu sein, handelt es sich hiebei doch um einen ausschließlich von ihr zu beurteilenden gewerberechtlichen Tatbestand (vgl. dazu aus jüngster Zeit etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2009, Zl. 2009/04/0101).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu der im Hinblick auf die zu erstellende Prognose insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 ausgeführt, dass die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht schematisch außer Betracht bleiben können. Vielmehr bedarf es bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen für die Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt sind (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2009/04/0288, mwH). Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise für das Nachsichtsverfahren. Solche nach dieser Rechtsprechung besonderen Umstände für eine Berücksichtigung der bedingten Strafnachsicht kann die Beschwerde nicht dartun.

Auch mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe nicht dargelegt, inwieweit durch die Ausübung des angestrebten Gewerbes eine höhere Wahrscheinlichkeit eines Rückfalles zu befürchten sei als bei irgendeiner anderen beruflichen Tätigkeit, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen:

Nach dem insofern eindeutigen Wortlaut des § 26 Abs. 1 GewO kommt es nämlich nicht auf das Vorliegen einer "höheren Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls" bei der Gewerbeausübung im Vergleich zu einer anderen Tätigkeit, sondern lediglich darauf an, ob die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist.

Ebenso wenig kann die Ansicht der belangten Behörde, das angestrebte Gewerbe biete Gelegenheit für die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten, als rechtswidrig erkannt werden. Auch in der Beschwerde wird zugestanden, dass es dabei "naturgemäß ... zu Kundenkontakten komme."

Schließlich mag es - wie die Beschwerde vorträgt - zwar zutreffen, dass ein Gutachter kaum attestieren werde, ein Rückfall bzw. eine Verschlechterung sei zu 100 % auszuschließen. Dennoch kann in Anbetracht des zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides seit der letzten Tathandlung vergangenen Zeitraumes von - der Beschwerde folgend, wonach sich der Beschwerdeführer seit 2002 wohl verhalten habe - weniger als 4 Jahren des Wohlverhaltens und des langjährigen Deliktszeitraumes die Wertung der belangten Behörde, dass die Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten zu befürchten sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2010

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