VwGH 2008/05/0150

VwGH2008/05/015016.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der Dr. M G in Melk, vertreten durch Rechtsanwaltspartner Haftner + Schobel, in 3100 St. Pölten, Wiener Straße 12, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Dezember 2007, Zl. RU1-BR-738/001-2007, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Melk in 3390 Melk, Rathausplatz 11), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §75;
BauRallg;
BauO NÖ 1996 §75;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 30. November 2006 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses auf ihrem Grundstück Nr. 532/2 der Liegenschaft EZ 1085, Grundbuch 14143 Melk.

Das Grundstück befindet sich laut rechtswirksamem Flächenwidmungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde im Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone 1 (BW-A1).

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 8. Jänner 2007 wurde das Ansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen, weil sich das Baugrundstück in einer Aufschließungszone-A1 befinde. Dieses Bauland dürfe erst dann zur Bebauung freigegeben werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt seien:

"Gewährleistung einer Fußwegverbindung (Breite 3 m) zur Himmelreichstraße als Verbindung des neuen Wohngebietes 'Auf der Schanz' mit der Schule und den Sport- und Freizeiteinrichtungen.

Gewährleistung des Anschlusses an das öffentliche Kanalnetz."

Da diese Bedingungen bislang nicht erfüllt seien, habe bisher auch keine Freigabe dieser Aufschließungszone stattgefunden. Bis zur Freigabe einer Bauland-Aufschließungszone stehe ein Bauvorhaben auf einem darin gelegenen Grundstück im Widerspruch zu den derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen.

Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit Bescheid des Stadtrates der mitbeteiligten Stadtgemeinde als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, die mitbeteiligte Stadtgemeinde habe im Jahre 1999 im Zuge der Änderung des örtlichen Raumordnungsprogrammes beabsichtigt, das gegenständliche Grundstück und das daneben liegende Grundstück Nr. 527/9 von Bauland-Wohngebiet Aufschließungszone-A1 und Verkehrsfläche auf Bauland-Wohngebiet umzuwidmen. Da der raumordnungsfachliche Amtssachverständige jedoch die Auffassung vertreten habe, dass die Schaffung des gegenständlichen Fußweges begründet sei und nach wie vor seine Berechtigung besitze, weil nur so eine verkehrssichere fußwegige Verbindung des teilweise bebauten und potentiellen Wohngebietes "Auf der Schanz" mit Schule und Sport- und Freizeiteinrichtungen gewährleistet sei, sei die Umwidmung nicht beschlossen worden. Da diese Änderung im Flächenwidmungsplan nicht vorgenommen worden sei, sei die vorgesehene öffentliche Verkehrsfläche auch im Bebauungsplan weiter verblieben und somit rechtsverbindlich.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG mit Beschluss vom 18. Juni 2008, B 208/08-7, abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof hat im Ablehnungsbeschluss u.a. festgehalten:

"Die Beschwerde bedenkt nicht ausreichend, dass das Erfordernis der 'Gewährleistung einer Fußverbindung ...' als Bedingung für die Freigabe einer Aufschließungszone eine 'sachgerechte Voraussetzung' im Sinne des § 16 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976, insbesondere im Hinblick auf die darin beispielsweise angeführte 'Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen', sein kann."

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin im Recht auf Erteilung der beantragten Baubewilligung verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Die Beschwerdeführerin ergänzte ihr Vorbringen mit Urkundenvorlage vom 24. Oktober 2008.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 Z. 1 Niederösterreichische Bauordnung 1996 bedarf der Neu- und Zubau von Gebäuden einer Baubewilligung.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. hat bei Anträgen nach § 14 die Baubehörde vorerst zu prüfen, ob dem Bauvorhaben die im Flächenwidmungsplan festgelegte Widmungsart des Baugrundstücks, seine Erklärung zur Vorbehaltsfläche oder Aufschließungszone entgegen steht.

Nach § 16 Abs. 4 NÖ Raumordnungsgesetz 1976 kann zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung sowie zur Sanierung und/oder Sicherung von Altlasten bzw. Verdachtsflächen das Bauland in verschiedene Aufschließungszonen unterteilt werden, wenn zugleich im örtlichen Raumordnungsprogramm sachgerechte Voraussetzungen für deren Freigabe festgelegt werden. Als derartige Voraussetzungen kommen die Bebauung von Baulandflächen mit gleicher Widmungsart zu einem bestimmten Prozentsatz, die Fertigstellung oder Sicherstellung der Ausführung infrastruktureller Einrichtungen sowie von Lärmschutzbauten u.dgl. in Betracht. Eine fehlende Standorteignung gemäß § 15 Abs. 3 leg. cit. kann - ausgenommen Altlasten und Verdachtsflächen - durch Freigabevoraussetzungen nicht ersetzt werden.

Die Freigabe erfolgt durch Verordnung des Gemeinderates nach Maßgabe der Bestimmungen der NÖ Bauordnung, LGBl. 8200. Die Freigabe von Teilen einer Aufschließungszone ist zulässig, wenn die jeweils festgelegten Freigabevoraussetzungen erfüllt sind, der Gemeinde keine unwirtschaftlichen Aufwendungen für die Grundausstattung erwachsen und die ordnungsgemäße Bebauungsmöglichkeit der verbleibenden Restfläche gesichert bleibt.

Die Freigabe von Aufschließungszonen regelt § 75 NÖ Bauordnung 1996. Diese Bestimmung hat folgenden Wortlaut (auszugsweise):

"§ 75

Freigabe von Aufschließungszonen

(1) Aufschließungszonen sind im örtlichen Raumordnungsprogramm festgelegte Bereiche des Baulandes zur Sicherung einer geordneten Siedlungsentwicklung.

(2) Der Zeitpunkt der Freigabe einer Aufschließungszone ist mit Verordnung des Gemeinderates zu bestimmen. Er darf nicht vor Eintritt der im örtlichen Raumordnungsprogramm hiefür festgelegten Voraussetzungen liegen.

Eine Freigabe von Teilen darf dann erfolgen, wenn

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