Normen
BauG Bgld 1997 §18;
B-VG Art116 Abs1;
B-VG Art119a Abs9;
B-VG Art131;
B-VG Art132;
B-VG Art144;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litc;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litf;
RPG Bgld 1969 §18;
VwGG §42 Abs2 Z1;
BauG Bgld 1997 §18;
B-VG Art116 Abs1;
B-VG Art119a Abs9;
B-VG Art131;
B-VG Art132;
B-VG Art144;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litc;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 litf;
RPG Bgld 1969 §18;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Die mitbeteiligte Partei ersuchte mit Eingabe vom 2. Mai 2006 um die baubehördliche Bewilligung für Zu- und Umbauten an einem bestehenden Gebäude auf einem näher genannten Grundstück in der KG St. Michael im Burgenland. In der Baubeschreibung wird unter "Art und Verwendung des Bauvorhabens" angegeben:
Veranstaltungsgebäude, Umbau, Zubau, Sanierung.
2. Der Bürgermeister der beschwerdeführenden Marktgemeinde als Baubehörde erster Instanz wies diesen Antrag mit Bescheid vom 4. Juni 2007 ab, weil das besagte Grundstück im örtlichen Flächenwidmungsplan als "BM-Bauland Gemischtes Baugebiet" gemäß § 14 Abs. 3 lit. f des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes (Bgld RPG) ausgewiesen sei.
Im Bescheid des Bürgermeisters wird dazu näher ausgeführt, dass mit Eingabe vom 2. Mai 2006 (gerichtet an die belangte Behörde, eingelangt bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 18. Mai 2006), ergänzt durch die Stellungnahme der Firma V über die Auswirkungen der Diskothek "C" auf die Lärmsituation in der Nachbarschaft (eingelangt am 28. Juni 2006 bei der belangten Behörde), ergänzt durch das Schreiben zur lärmtechnischen Stellungnahme der Diskothek "C" (eingelangt am 28. November 2006), ergänzt durch einen Zusatzplan zum Einreichplan (eingelangt am 21. Dezember 2006) sowie einen Austauschplan vom Februar 2007, u. a. die mitbeteiligte Partei um Erteilung einer Baubewilligung gemäß § 18 des Burgenländischen Baugesetzes 1997 (Bgld BG) wegen diverser Zu- und Umbauten betreffend das genannte Gebäude sowie der Änderung der Nutzung des Gebäudes als Veranstaltungsgebäude und Diskothek gemäß § 18 leg. cit. angesucht hätte. Die (u.a.) von der mitbeteiligten Partei beantragte gewerbebehördliche Genehmigung für die Neuerrichtung und den Betrieb einer Gastgewerbe - Betriebsanlage im Form einer Veranstaltungsstätte und Diskothek für maximal 100 Benutzer sei von der belangten Behörde mit Bescheid vom 5. Februar 2007 erteilt worden.
Als gemischte Baugebiete seien Flächen vorzusehen, auf denen (Z. 1) Wohngebäude samt den dazugehörigen Nebenanlagen und (Z. 2) sonstige Gebäude und Betriebsanlagen, die überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung dienten und keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn oder eine übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachten, errichtet werden dürften (vgl. § 14 Abs. 3 lit. f Bgld RPG). Für die Errichtung und den Betrieb der Betriebstype "Diskothek" sei die Baulandwidmung "gemischtes Baugebiet" grundsätzlich nicht vorgesehen. Ein Gastgewerbebetrieb in der Betriebsform einer Diskothek gelte als "Vergnügungsstätte". Für solche Vergnügungsstätten sei grundsätzlich die Bauland-Widmungskategorie "Geschäftsgebiet" gemäß § 14 Abs. 3 lit. c des Bgld. RPG einschlägig. Außerdem diene die beantragte Diskothek entgegen dem § 14 Abs. 3 lit. f Z. 2 Bgld. RPG nicht überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung. Gemäß § 18 Abs. 4 Bgld. BauG sei das Ansuchen um Baubewilligung ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich - wie vorliegend - schon aus dem Ansuchen ergebe, dass das Vorhaben unzulässig sei und sich die Gründe der Unzulässigkeit nicht beheben ließen. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben, weil die beantragte Diskothek dem örtlichen Flächenwidmungsplan der beschwerdeführenden Marktgemeinde widerspreche und ein typenmäßig unzulässiges Bauvorhaben auch nicht durch Vorschreibung von Auflagen zulässig gemacht werden könne.
3. Die dagegen gerichtete Berufung wurde vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin als Baubehörde zweiter Instanz mit Bescheid vom 10. Juli 2007 auf dem Boden einer im Wesentlichen gleich gelagerten Argumentation abgewiesen.
4. Dieser Bescheid wurde von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid auf Grund einer auch von der mitbeteiligten Partei erhobenen Vorstellung behoben und die Angelegenheit wurde zur neuerlichen Entscheidung an die beschwerdeführende Marktgemeinde verwiesen.
Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Gemäß § 18 Abs. 1 Bgld. BauG sei für Bauvorhaben, die nicht geringfügig seien, vor Baubeginn (sofern keine Bauanzeige gemäß § 17 leg. cit. genüge) bei der Baubehörde um Baubewilligung anzusuchen. Der Baubewilligungspflicht unterlägen jedenfalls die Errichtung und die Änderung von Wohngebäuden über 200 m2 Wohnnutzfläche sowie die Errichtung und die Änderung aller anderen Gebäude über 200 m2 Nutzfläche. Nach dem Einleitungssatz des § 18 Abs. 2 leg. cit. habe der Bauwerber dem von ihm unterfertigten schriftlichen Ansuchen die für die baupolizeiliche Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Unterlagen anzuschließen.
Baubewilligungsvorhaben seien antragsbedürftige Projektverfahren. Ihr Rahmen werde durch die erklärte und aus den Unterlagen erkennbare Absicht des Antragsstellers definiert. Es sei unzulässig, entgegen dem Willen der Parteien ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens und aus den widerspruchsfreien Informationen der beigelegten Unterlagen nicht eindeutig erschlossen werden könne. Wenn Zweifel über die Absicht des Bewilligungswerbers bestünden, seien diese in einem ergänzenden Verfahren zu beseitigen.
Aus dem Antrag der Baubewilligungswerber und den beigelegten sowie nachgereichten Unterlagen gehe nicht hervor, dass eine Änderung des Verwendungszwecks des Gebäudes in Diskothek Verfahrensgegenstand sein solle. In den gesamten Plänen und Beschreibungen fehle eine entsprechende Aussage. Vielmehr sei festzustellen, dass der Antrag lediglich Um- und Zubauten als Absicht nenne, während die Einreichpläne und Beschreibungen sowie die Ergänzungspläne von der Nutzung des größten Teils des Gebäudes als "Veranstaltungsraum" ausgingen. Sogar das Lärmgutachten weise daraufhin, dass die Betriebsanlage hauptsächlich zur Darbietung von Tanz- und Diskothekenmusik sowie auch für private Firmenfeiern etc. Verwendung finden solle. Weiters sei anzumerken, dass der Bewilligungswerber zumindest in der Berufung ausdrücklich auf die Unrichtigkeit der Annahme einer Zweckänderung des Gebäudes als Diskothek hingewiesen habe. Durch den Antrag und die Einreichunterlagen sei der Verwendungszweck als Veranstaltungsraum definiert und nur dieser Verwendungszweck habe von der beschwerdeführenden Gemeinde in ihrem Bewilligungsverfahren behandelt werden dürfen. Selbst eine vorliegende andere Nutzung, zB als Diskothek, könne nichts daran ändern. Eine solche dem Antrag nicht entsprechende Verwendung könnte allenfalls den Gegenstand eines baupolizeilichen Auftragsverfahrens darstellen. Die Baubehörde erster Instanz hätte ihre Entscheidung über das das Verfahren einleitende Ansuchen um Baubewilligung nur im Rahmen des Antrags, insbesondere hinsichtlich des Verwendungszwecks Veranstaltungsraum, treffen dürfen. Ebenso wäre eine Aussage über die Zulässigkeit der Änderung des Verwendungszweckes nach den Vorgaben des Flächenwidmungsplans nur im Rahmen des Antrags rechtens gewesen.
Dies hätte die Baubehörde zweiter Instanz erkennen, die erstinstanzliche Entscheidung infolge Fehlens eines entsprechenden Antrags beheben und die neuerliche Durchführung des Ermittlungsverfahrens veranlassen müssen. Die Ausführungen der Baubehörde zweiter Instanz, mit denen versucht werde darzulegen, dass durch Beurteilung des Verwendungszwecks Veranstaltung anstelle von Diskothek das Verhandlungsergebnis nicht hätte anders lauten können, gingen ins Leere, weil der Verhandlungsgegenstand eben nicht den Abspruch über eine Diskothek decke.
5. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
6. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstatte eine Gegenschrift. Auch die mitbeteiligte Partei legte eine Gegenschrift vor.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Mit dem Vorbringen, dass subjektiv-öffentliche Rechte der Beschwerdeführerin nicht bestünden, dass solche nicht verletzt worden seien und dass damit die beschwerdeführende Marktgemeinde nicht beschwerdelegitimiert sei, übersieht die mitbeteiligte Partei, dass Art. 116 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 119a Abs. 9 B-VG der Gemeinde ein subjektives Recht auf Selbstverwaltung und auf Beschwerdeführung gegen aufsichtsbehördliche Bescheide und demzufolge einen Abwehranspruch gegenüber rechtswidrigen aufsichtsbehördlichen Verwaltungsakten gewährleistet. Gemäß Art. 119a Abs. 9 B-VG hat die Gemeinde im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde vor dem Verwaltungsgerichtshof (Art. 131 und 132) und vor dem Verfassungsgerichtshof (Art. 144) Beschwerde zu führen. Jede Gemeinde ist sohin berechtigt, gegen sie belastende aufsichtsbehördliche Bescheide mittels Bescheidbeschwerde den Verwaltungsgerichtshof anzurufen, sie macht dabei ein subjektives Recht geltend. Die beschwerdeführende Gemeinde, die sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf gesetzmäßige Ausübung des Aufsichtsrechtes verletzt erachtet, ist daher zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde legitimiert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2006/05/0234, mwH).
2. Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Rahmen eines Baubewilligungsverfahrens als antragsbedürftiges Projektverfahren durch die erklärte und aus den Unterlagen erkennbare Absicht des Antragstellers definiert werde, kann nicht als rechtswidrig angesehen werden.
Die belangte Behörde hebt diesbezüglich zum einen hervor, dass sich dem Antrag und den beigelegten sowie nachgereichten Unterlagen nicht entnehmen lasse, dass eine Änderung des Verwendungszwecks des Gebäudes in Diskothek Verfahrensgegenstand sein solle. Sie weist aber auch darauf hin, dass das vorgelegte Lärmgutachten als hauptsächlichen Zweck der Betriebsanlage unter anderem auch die Darbietung von Diskothekenmusik nenne.
Es kann dahingestellt bleiben, wie die Raumwidmung von Räumen für "Diskothekenmusik" konkret bezeichnet wird. Die Baubehörde
2. Instanz durfte nämlich angesichts einer derartigen Nutzung entgegen der belangten Behörde zu dem Ergebnis gelangen, dass die im Bauverfahren angegebene Nutzung des größten Teils des Gebäudes als "Veranstaltungsraum" auch diskothekartigen Zwecken dienen soll, und diese Beurteilung ihrer Entscheidung zu Grunde legen.
Insofern hat die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
4. Dessen ungeachtet ist der Vollständigkeit halber anzumerken, dass auch die Auffassung der Baubehörde 2. Instanz, dass eine Vergnügungsstätte wie die vorliegende typischerweise eine Anziehungskraft gerade für Bewohner der weiteren Umgebung aufweisen werde und für eine solche Vergnügungsstätte damit nur § 14 Abs. 3 lit. c Bgld. RPG in Frage komme, nicht rechtsirrig erscheint (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 1997, Zl. 97/05/0163, Slg. Nr. 14771 A, mwH).
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 20. Oktober 2009
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