Normen
BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §30 Abs1;
BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §30 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 13.340 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der in der Schiregion O gelegenen B-Alpe, die ein Ausmaß von ca 268 ha aufweist. Die Alpe zählt bewertungsrechtlich zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen.
Im Jahr 1996 gelangte das Finanzamt zur Auffassung, dass Pistenflächen und -trassen (so genannte Teilfläche A) von den landwirtschaftlichen Alpflächen zu unterscheiden und bewertungsrechtlich zum Grundvermögen zu zählen seien. Das Finanzamt nahm das Ausmaß dieser Flächen mit ca 13,7 ha an, erließ für diese Flächen einen Einheitswert zum 1. Jänner 1993 und bewertete sie als unbebautes Grundstück.
In der Berufung, in welcher die Aufhebung des Einheitswertbescheides für das Grundvermögen beantragt wurde, verwies der Beschwerdeführer darauf, dass seine Grundstücke eine Hochalm in einer Höhenlage zwischen 1740 m und 2400 m darstellten. Sie seien im Sommer alpwirtschaftlich durch Auftrieb von Milchkühen, Jungkühen und Schafen bewirtschaftet. Für die Bewirtschaftung stünden alle Gebäude und Einrichtungen zur Verfügung und würden auch genutzt. Die im Sommer erzeugte Milch sei in der Almmilchregelung berücksichtigt. Für das aufgetriebene Vieh werde vom Land Salzburg eine Alpungsprämie bezahlt. Die Almbewirtschaftung in der bestehenden Form werde bereits seit Jahrhunderten durchgeführt. In den letzten Jahrzehnten hätten allerdings durch den Bau von Liftanlagen, die Errichtung von Pisten, die Lawinenverbauungen und eine Grundstücksdurchschneidung aufgrund des Neubaues einer Bundesstraße Wirtschaftserschwernisse hingenommen werden müssen. Dadurch werde die Bewirtschaftung aber nicht in Frage gestellt. Die Alm werde nach wie vor in vollem Umfang bewirtschaftet. Seit nahezu 40 Jahren bestünden im Almgebiet Liftanlagen, Pisten und Lawinenverbauten, ohne dass es zu einer Artfortschreibung der Flächen gekommen sei. Obwohl keine weitere Änderung eingetreten sei, vertrete das Finanzamt nunmehr die Auffassung, dass für Flächen im Ausmaß von ca 14 ha keine landwirtschaftliche Nutzung vorliege und die Flächen ausschließlich dem Wintersport dienten. Diese Annahme sei unrichtig, weil die gesamten Flächen nach wie vor almwirtschaftlich genutzt seien. Die Weideflächen seien durch die Anlage von Lifttrassen und Pisten nicht vermindert worden, weil durch naturschutzrechtliche und behördliche Auflagen alle Flächen wieder rekultiviert und begrünt worden seien. Dadurch sei die Gesamtfläche nach wie vor almwirtschaftlich als Weidefläche genutzt.
In der abweisenden Berufungsvorentscheidung verwies das Finanzamt darauf, dass von den 268 ha der B-Alpe lediglich 13,73 ha als unbebautes Grundstück (Sportfläche) bewertet worden seien. Der genannte Teil der Alpe sei durch massive Planierungen, Sprengungen und andere kultivierende Maßnahmen ohne abschließende Humusierung für eine Nutzung als Fläche zur Sportausübung nutzbar gemacht worden.
Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verwies der Beschwerdeführer darauf, dass die für Liftanlagen und Schiabfahrten erforderlichen Flächen zwar in den Jahren 1959 bis 1970 mittels Sprengung und Planierung wesentlich beeinträchtigt worden seien, diese aber in der Zwischenzeit wieder vollkommen humisiert und rekultiviert worden seien. Die Flächen seien vollkommen in den alpwirtschaftlichen Betrieb integriert und voll nutzbar. Die Rekultivierung und Begrünung sei auf behördliche Anweisung erfolgt. Der Zustand der Schipisten in O sei in den letzten Jahren u.a. von der Akademie der Wissenschaften in Wien, vom pflanzensoziologischen Institut in Klagenfurt und von der Universität für Bodenkultur in Wien untersucht worden. Dabei sei festgestellt worden, dass die Schipisten durch gute Berasung unauffällig und ohne Oberflächenerosionsschäden seien. Es sei auch festgestellt worden, dass das Futter, das auf den Pisten wachse, eiweißreicher und rohfaserärmer sei und deshalb von den Weidetieren bevorzugt aufgenommen werde.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung dahingehend teilweise Folge gegeben, dass der Einheitswert für das Grundvermögen von ca 1 Mio S auf ca 550.000 S herabgesetzt wurde. Beim Augenschein vom 16. September 1997 hätte sich die Herstellung der Schipisten und Lifttrassen als gewaltige Eingriffe in die bis dahin vorgelegene Bodengestalt des Almbereiches und in den gewachsenen Almboden mit dem natürlich entstandenen Pflanzenkleides dargestellt. Diese Eingriffe der Liftgesellschaft habe der Beschwerdeführer aufgrund vertraglicher Vereinbarungen gegen ein jährliches Entgelt von ca 2 Mio S geduldet. Infolge dieser Eingriffe seien Bodenerhebungen abgesprengt bzw größere Felserhebungen auf einer Schneisenbreite von 30 m und mehr durchsprengt worden, während natürliche Senken und Mulden im Alpenboden mit dem durch diese Sprengungen gewonnenen Felsgeröll aufgefüllt worden seien, sodass dadurch eine Piste mir sehr gleichmäßiger Neigung ("Schiautobahn") hergestellt worden sei. Neben den Güterwegen sei sogar eine Abwasserkanalisation verlegt worden. Die bezeichneten Eingriffe seien nach Ansicht der belangten Behörde nicht aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen als Landwirt geduldet worden. Den gutachterlichen Stellungsnahmen des Amtssachverständigen sei zu entnehmen, dass durch die Geländeeingriffe der Almboden auf der Teilfläche A so grundlegend und tiefgreifend im Interesse der Nutzung als Schipisten und Lifttrassen zerstört worden sei, dass diese Teilfläche als Weide für Rinder ungeeignet sei. Nach den Ausführungen von Prof. Nestroy in seinem Beitrag im Mitteilungsheft 51/1995 der Österreichischen bodenkundlichen Gesellschaft seien die künstlich hergestellten Schipisten aus ökologischer Sicht als labile Standorte zu klassifizieren, von denen zusätzliche Belastungen, wie zB Beweiden durch Großvieh, starker Betritt durch Bergwanderer sowie Befahren mit Mountainbikes unbedingt fernzuhalten seien. Da es daher nicht im Sinne einer landwirtschaftlichen Nutzung gelegen sein könne, an Stelle des gewachsenen Almbodens Schipisten und Lifttrassen herzustellen oder deren Herstellung zu dulden, bleibe als Beweggrund nur übrig, dass der Beschwerdeführer diese Pisten- und Trassenherstellung nur wegen der doch beträchtlichen Jahreseinnahmen von der Liftgesellschaft geduldet habe. Die Nutzung der durch die Bodeneingriffe hergestellten Pisten und Liftanlagen für touristische Zwecke im Winter sei nach Ansicht der belangten Behörde unumkehrbar. Die von Prof. Dr. Nestroy empfohlene Weiterführung der Pflege der Pisten- und Trassenberasung mit dem Ziel einer Regenerierung des geschädigten Bodens sei bereits nach der für O geltenden Landschaftsschutzverordnung aus dem Jahr 1981 geboten und werde von der Liftgesellschaft bezahlt, "logischerweise aber nur so lange wie sie die Pisten und Liftanlagen auch für ihre unternehmerischen Zwecke nutzen kann".
Das Verletzen der natürlichen Gras- und Pflanzennarbe auf der B-Alpe durch Ab- und Durchsprengen von felsigen Erhebungen mit einer Mächtigkeit von bis zu sechs Metern sowie das Zuschütten von natürlichen Bodensenken und -mulden mit der zersprengten Felsmasse gehörten nicht zum Mechanismus des "Schwenden" (das ist das periodische Entfernen unerwünschten Bewuchses auf Weideflächen zum Zwecke der Aufrechterhalten des Weidebetriebes). Zum Schutz vor Steinschlag seien auch laufend Arbeiten an der nahen Felswand notwendig, die ebenfalls vom Beschwerdeführer geduldet würden. Alle diese Arbeiten und Investitionen in die den Almboden nachhaltig und empfindlich beeinträchtigenden Herstellungen von Anlagen für Zwecke des Wintertourismus verminderten die landwirtschaftliche Verwendungsmöglichkeit des vom übrigen Gebiet der Alpe abgegrenzten Grundbesitzes so weitgehend, dass diese Fläche nur zur landwirtschaftlich unerheblichen Nutzung als Weide für Schafe und Ziegen herangezogen werden könnten. Das Abweiden der Pisten- und Trassenflächen durch dieses Kleinvieh und durch Wild sei aber eher als Rasenpflege im Interesse des Tourismus und damit im Interesse der Liftgesellschaft erwünscht.
Bei der Bewertung gehe die belangte Behörde von Vergleichspreisen aus der Kaufpreissammlung aus und gelange daher für 137.260 m2 zu einem Wert von 4 S pro m2.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Auf Grund des § 2 Abs 1 BewG ist jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im Ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Jänner 1988, 86/15/0141, SlgNF 6285/F).
Gem § 30 Abs 1 BewG gehören zum landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient (landwirtschaftlicher Betrieb).
Wenn Grundstücksteile verschiedenartigen Zwecken dienten, dann ist die Frage, welcher der Hauptzweck war, nach der überwiegenden Zweckbestimmung zu beurteilen. Was überwiegt, richtet sich dabei ausschließlich nach der Verkehrsauffassung. Dabei ist der objektive Charakter, die tatsächliche Nutzung des Grund und Bodens ausschlaggebend. Aus der Verkehrsauffassung ergibt sich auch, ob Grundstücke als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln sind (vgl nochmals das Erkenntnis vom 25. Jänner 1988).
Im angefochtenen Bescheid wurden Schipisten und Lifttrassen im Wesentlichen deshalb nicht als Teil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes angesehen, weil sie durch bedeutende Eingriffe in die bis dahin vorgelegene Bodengestalt des Almbereiches und in den gewachsenen Almboden mit seinem natürlich entstandenen Pflanzenkleid (insbesondere auch durch Sprengungen und das Auffüllen von Mulden) hergestellt worden seien, und das Dulden dieser Eingriffe nicht auf Interessen der Landwirtschaft zurückzuführen sei. Auch sei von der Liftgesellschaft eine bedeutende Benutzungsgebühr bezahlt worden. Die betreffenden Grundstücksflächen seien durch die genannten Eingriffe für die Weide von Großvieh ungeeignet geworden.
Mit diesen Ausführungen hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt. Selbst die belangte Behörde gesteht zu, dass die vom angefochtenen Bescheid erfassten Schipisten und Lifttrassen als Weide zumindest für Schafe und Ziegen dienen. Damit ist jedenfalls eine landwirtschaftliche Nutzung gegeben. Solange aber in ein land- und forstwirtschaftliches Gebiet eingebettete Schipisten und Lifttrassen einer landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt sind, zählen nach der Verkehrsauffassung ohne Zweifel auch die Flächen der Schipisten und Lifttrassen zur wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Veränderungen der Oberfläche, durch welche die landwirtschaftliche Nutzung nicht beeinträchtigt wird, ändern am landwirtschaftlichen Hauptzweck (§ 30 BewG) nichts.
Im Beschwerdefall kommt dazu, dass die Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, die betreffenden Schipisten und Lifttrassen wären als Weide für Rinder ungeeignet, sodass eine Verminderung der landwirtschaftlichen Verwendbarkeit der Grundflächen eingetreten sei, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht standhält. Die belangte Behörde stützt ihre Feststellung auf eine dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. April 1997 vorgehaltene "Gutachtliche Stellungsnahme" des Amtssachverständigen vom 7. April 1997, in welcher ausgeführt wird: "Laut Auskunft von Herrn (Beschwerdeführer) anlässlich der Besichtigung am 15.09.1992 werden diese Grundflächen von den Rindern wegen der flächendeckend herumliegenden, scharfkantigen, etwa faustgroßen Steine nicht betreten. Auch nach eigener fachlicher Überzeugung erscheint klar, dass Grundflächen, die von derart vielen grobkantigen Steinen bedeckt sind, als Weide für Rinder nicht genutzt werden können, ohne dieselben der Gefahr von Klauenschäden u.a. Verletzungen auszusetzen. Es konnten auch keinerlei Spuren von Beweidung durch Rinder auf diesen 'Teilflächen A' festgestellt werden." In seiner Stellungsnahme vom 6. Mai 1997 meinte der Beschwerdeführer, nach den Ausführungen des Amtssachverständigen könnten die in Rede stehenden Teilflächen A jene am höchsten gelegenen sein, die eine solche Steilheit aufwiesen, dass auch eine Almbewirtschaftung nicht möglich sei; diese Lawinengänge und Geröllhalden könnten aber nur als unproduktive Flächen mit einem Wert von Null angesehen werden. Nachdem die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. Mai 1997 durch eine Planskizze die Lage der Teilfläche A aufgezeigt hatte, teilte dieser mit Schreiben vom 15. Juli 1997 mit, dass es sich ausschließlich um Grünflächen handle, die im Sommer gemeinsam mit der gesamten anderen Almfläche als Weidegebiet ausschließlich landwirtschaftlich genutzt würden. Eine Abzäunung oder Abtrennung von den übrigen almwirtschaftlich genutzten Flächen sei nicht gegeben. "Durch seinerzeitige Geländekorrekturen mit anschließender Humusierung und Rekultivierung seien eher die wertvollen Weideflächen auf der Alm vergrößert bzw verbessert worden." Als Beilage legte der Beschwerdeführer ein Schreiben der Kammer für Land- und Forstwirtschaft vor, in welchem ausgeführt wird, das Weidevieh gehe über sämtliche Almflächen der B-Alm und beweide die Flächen so, wie dies auch bei anderen Almen üblich sei; der landwirtschaftliche Betrieb werde durch die teilweise Nutzung als Schiabfahrt im Winter nicht beeinträchtigt. Die Flächen seien am 5. Juni 1997 besichtigt worden, wobei auch ein Laie habe erkennen können, dass die Flächen von Weidetieren benutzt worden seien, zumal Kuhfladen und Spuren der Tiere sichtbar gewesen seien. Bei dieser Sachlage hätte die belangte Behörde sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführer und der Stellungnahme der Kammer für Land- und Forstwirtschaft auseinander setzen und nicht lediglich unter Hinweis auf die gutachterliche Stellungnahme des Amtssachverständigen die Annahme treffen dürfen, dass die Teilfläche A als Weide für Rinder ungeeignet sei. Soweit die belangte Behörde ihre Annahme auch auf bodenökologische Studien von Prof. Nestroy stützt, zeigt die Beschwerde zutreffend auf, dass im zitierten Beitrag im Mitteilungsheft 51/1995 der Österreichischen bodenkundlichen Gesellschaft davon die Rede ist, dass ein verstärkter Einsatz zur Begrünung von Schipisten erforderlich sei, der von flankierenden Maßnahmen, wie dem Fernhalten des Großviehs während der ersten Jahre (!) nach erfolgter Einsaat ergänzt wird. Aus dem Beitrag ergibt sich daher - entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid - kein Hinweis auf eine langfristige Beeinträchtigung der Weide von Großvieh.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am 31. Oktober 2000
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