Spruch:
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird bewilligt.
Begründung
Mit Verfügung vom 23. Juli 1998 wurde im hg. Verfahren, Zl. 98/01/0235, der Beschwerdeführerin der Auftrag erteilt, binnen zwei Wochen zwei weitere Ausfertigungen der Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 31. März 1998 beizubringen. Nach furchtlosem Ablauf dieser Frist wurde dieses Verfahren mit hg. Beschluss vom 8. März 1999 eingestellt.
Mit dem vorliegenden, am 6. April 1999 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrte die Antragstellerin unter gleichzeitiger Vorlage von drei Ausfertigungen der Beschwerde die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist. Die Aufforderung zur Mängelbehebung sei in der Kanzlei des Vertreters der Antragstellerin am 18. August 1998 eingelangt. In diesem Zeitpunkt sei die Mitarbeiterin dieses Rechtsanwaltes gerade damit beschäftigt gewesen, Akten zum Archivieren vorzubereiten. Aus einem - wie sich nunmehr herausgestellt habe - unerklärlichen Grund sei das Aufforderungsschreiben in einen zum Archivieren vorbereiteten Akt gelegt und mit diesem abgelegt worden. Der Vertreter der Antragstellerin habe daher erst durch die Zustellung des Einstellungsbeschlusses am 23. März 1999 davon Kenntnis erlangt, dass ein Mängelbehebungsauftrag erteilt worden sei. Nach Durchsicht sämtlicher Akten, auch jener im Archiv, sei die Aufforderung zur Mängelbehebung in einem abgelegten Akt entdeckt worden. Es liege somit ein unvorhergesehenes Ereignis vor, das die Antragstellerin daran gehindert habe, die Frist zur Mängelbehebung einzuhalten. Es könne zwar nicht davon gesprochen werden, dass niemanden ein Verschulden treffe, doch handle es sich um einen minderen Grad des Versehens.
Aufgrund der mit dem Wiedereinsetzungsauftrag vorgelegten eidesstättigen Erklärung der Kanzleibediensteten des Vertreters der Antragstellerin wird der diesem Vorbringen entsprechende Sachverhalt festgestellt.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Der Begriff des minderen Grades des Versehens wird als leichte Fahrlässigkeit im Sinn von § 1332 ABGB verstanden. Der Wiedereinsetzungswerber bzw. sein Vertreter darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, somit nicht die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Dabei ist an berufliche, rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen. Das Verhalten eines Kanzleibediensteten des beruflichen Parteienvertreters stellt sich jedoch grundsätzlich im Verhältnis zum Antragsteller als ein unvorhergesehenes Ereignis dar. (Vgl. zum Ganzen etwa den hg. Beschluss vom 28. September 1995, Zl. 95/18/1243.)
Vorliegend kann dem Vertreter der Antragstellerin eine Verletzung seiner Sorgfaltspflicht nicht angelastet werden. Unter dem Gesichtspunkt einer rationellen und arbeitsteiligen, die Besorgung abgegrenzter Aufgabenbereiche delegierenden Betriebsführung ist es nämlich einem Rechtsanwalt nicht zuzumuten, in jedem Einzelfall zu kontrollieren, ob ein in der Kanzlei eingehendes Schriftstück auch tatsächlich zur Bearbeitung vorgelegt wird. Derartige rein technische Vorgänge dürfen vielmehr einer - sonst zuverlässigen - Kanzleikraft überlassen werden.
Dem Wiedereinsetzungsantrag war daher stattzugeben.
Wien, am 12. Mai 1999
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