Normen
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3 Z1;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3 Z2;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;
AufG 1992 §9 Abs3 idF 1995/351;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs2;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3 Z1;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1996 §1 Abs3 Z2;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
VwGG §27;
Spruch:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 25. April 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz (AufG) abgewiesen. In der dagegen erhobenen Berufung vom 11. Juni 1996 (per Fax am gleichen Tag eingebracht) machte der Beschwerdeführer geltend, Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer einer näher genannten Baugesellschaft und somit Schlüsselkraft im Sinne der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 zu sein.
Mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1996, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 13. Dezember 1996, machte der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Die belangte Behörde habe innerhalb von sechs Monaten ab Erhebung des Rechtsmittels nicht über seine Berufung entschieden.
Die belangte Behörde wurde mit hg. Verfügung vom 18. Dezember 1996, zugestellt am 2. Jänner 1997, aufgefordert, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen. Die belangte Behörde erließ am 16. Jänner 1997 den Berufungsbescheid, mit dem sie dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "selbständige Erwerbstätigkeit" vom 2. Jänner 1997 bis 1. Jänner 1998 erteilte.
Auf Anfrage teilte die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 23. Jänner 1997 mit, daß die Anzahl der Bewilligungen gemäß § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 für das Jahr 1996 für das Bundesland Wien für die Zwecke Familiennachzug (zweiter Fall) und Erwerbstätige, Schüler, Pensionisten und privat Aufhältige (vierter Fall) bereits erreicht gewesen sei. Es habe daher der § 9 Abs. 3 AufG Anwendung gefunden; die Entscheidung über den anhängigen Fall sei bis zum Inkrafttreten einer neuen Verordnung gemäß § 2 AufG aufzuschieben gewesen. Dem entgegnete der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22. April 1997, daß er nicht in die von der Behörde genannten, bereits ausgeschöpften Quoten gefallen sei, sondern unter die Quote für Schlüsselkräfte (erster Fall der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995). Diese sei im Jahr 1996 nicht ausgeschöpft worden.
Dem entgegnete die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 3. Juli 1997, daß die Anzahl der Bewilligungen für Schlüsselkräfte für 1996 im Bundesland Wien zwar nicht zur Gänze ausgeschöpft worden sei; der Beschwerdeführer sei jedoch nicht als Schlüsselkraft anzusehen, da es sich bei ihm um einen geschäftsführenden Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 50 % an einer Ges.m.b.H. handle und aus diesem Grund der Aufenthaltszweck der "selbständigen Erwerbstätigkeit" zum Tragen gekommen sei. In einem weiteren Schriftsatz vom 6. August 1997 wies die belangte Behörde darauf hin, daß aufgrund des Umstandes, daß nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 6 Z. 2 und 3 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für Schlüsselkräfte eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich sei, von Schlüsselkräften nur bei Vorliegen einer unselbständigen Erwerbstätigkeit gesprochen werden könne. Im Fremdengesetz 1997 werde im § 18 Abs. 6 der Begriff "Führungs- und Spezialkräfte" definiert; der Gesetzgeber qualifiziere diese Gruppe von Fremden als unselbständig Erwerbstätige.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Fünfersenat erwogen:
§ 27 VwGG lautet:
"Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG kann erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war."
§ 36 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle, BGBl. I Nr. 88/1997, lautet:
"(2) Bei Säumnisbeschwerden nach Art. 132 B-VG ist der belangten Behörde aufzutragen, innerhalb einer Frist bis zu drei Monaten den Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt. Die Frist kann einmal verlängert werden, wenn die Verwaltungsbehörde das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachzuweisen vermag, die eine fristgerechte Erlassung des Bescheides unmöglich machten. Wird der Bescheid erlassen, oder wurde er vor Einleitung des Vorverfahrens erlassen, so ist das Verfahren über die Säumnisbeschwerde einzustellen."
§ 9 Abs. 3 AufG in der Fassung der Novelle
BGBl. Nr. 351/1995, lautet:
"(3) Sobald die gemäß § 2 Abs. 1 festgelegte Anzahl von Bewilligungen für eine in der Verordnung bestimmte Gruppe erreicht ist, dürfen für solche Personen keine weiteren Bewilligungen erteilt werden. Die Entscheidung über die zu diesem Zeitpunkt anhängigen und danach einlangenden Anträge ist bis zum Inkrafttreten einer nachfolgenden Verordnung gemäß § 2 aufzuschieben, die für solche Personen eine neue Zahl von Bewilligungen vorsieht. § 73 AVG und § 27 VwGG sind in diesem Fall nicht anwendbar."
Zu prüfen war zunächst, ob die Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG im vorliegenden Fall verstrichen war, ohne daß die belangte Behörde aus dem Grund des § 9 Abs. 3 AufG an der Bescheiderlassung gehindert gewesen wäre. Da die Quoten (für das Bundesland Wien) für den Aufenthaltszweck "Erwerbstätige" sowie "Familiennachzug" am 21. Juni 1996 erschöpft waren, die Quote für die Schlüsselkräfte im Jahr 1996 aber nicht ausgeschöpft wurde, war entscheidungswesentlich, unter welche Quote der Beschwerdeführer gefallen wäre. Der Beschwerdeführer selbst bezog sich in der Berufung ausdrücklich darauf, Schlüsselkraft im Sinne der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 zu sein und innerhalb der für Schlüsselkräfte offenstehenden Quote berücksichtigt werden zu müssen.
Die Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 sieht im § 1 Abs. 3 folgende Definition der Schlüsselkräfte vor:
"(3) Schlüsselkräfte sind Fremde, an deren Erwerbstätigkeit
1. im Hinblick auf ihre besondere Ausbildung, speziellen Kenntnisse und Fertigkeiten oder besondere Erfahrung oder
2. im Hinblick auf den mit der Erwerbstätigkeit verbundenen Transfer von Investitionskapital gesamtwirtschaftliche Interessen bestehen."
Mit dieser Verordnung wurde für das Bundesland Wien die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1996 in der Höhe von insgesamt höchstens 5.400 Bewilligungen festgelegt, wobei höchstens 500 Bewilligungen für Schlüsselkräfte vorgesehen waren. In § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 findet sich nach der zahlenmäßigen Festlegung der Quote für Schlüsselkräfte ausdrücklich der Verweis auf § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 der Verordnung
BGBl. Nr. 395/1995. Diese letztgenannte Verordnung legt in § 1 Abs. 1 fest, für welche Aufenthaltszwecke Aufenthaltsbewilligungen erteilt werden können. § 1 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 dieser Verordnung sieht die unselbständige Erwerbstätigkeit (Z. 1) ebenso wie die selbständige Erwerbstätigkeit (Z. 2) als zulässigen Aufenthaltszweck vor.
Daraus ergibt sich, daß auch jemand, der einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht, als Schlüsselkraft angesehen werden kann. Dies ist sowohl aus der Definition der Schlüsselkraft in der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995, wo undifferenziert von "Erwerbstätigkeit" gesprochen wird, ableitbar als auch daraus, daß der in § 1 Abs. 3 Z. 2 der Verordnung genannte Transfer von Investitionskapital typischerweise mit einer selbständigen Erwerbstätigkeit in Verbindung steht. Auch der Verweis in § 1 Abs. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995 (Festlegung der Quotenzahlen) auf die Z. 1 und 2 der Verordnung BGBl. Nr. 395/1995 bedeutet, daß sowohl selbständige als auch unselbständige Erwerbstätigkeit bei einer Schlüsselkraft vorgesehen ist.
Der Beschwerdeführer bezog sich in seiner Berufung auf seine Qualifikation als Schlüsselkraft und meinte, er sei "mehrheitlicher Gesellschafter und Geschäftsführer der P.-Bauträger- und Planungs Ges.m.b.H". Die genannte Gesellschaft mache "einen Umsatz von mehreren Millionen öS jährlich, die daraus erfließende Umsatzsteuer rechtfertige die Annahme von volkswirtschaftlich zu berücksichtigenden Interessen."
Damit macht der Beschwerdeführer aber nicht geltend, mit seiner Erwerbstätigkeit sei ein Transfer von Investitionskapital (vgl. § 1 Abs. 3 Z. 2 der Verordnung, BGBl. Nr. 854/1995) verbunden. Selbst wenn man in der vom Beschwerdeführer geleisteten Stammeinlage in der Höhe von S 255.000,-- den Transfer von Investitionskapital erblicken sollte, so bestehen an einem Investitionsbetrag in dieser Höhe (noch) keine gesamtwirtschaftlichen Interessen. Daß der Beschwerdeführer die in § 1 Abs. 3 Z. 1 der eben zitierten Verordnung genannten Merkmale - auch diese Kriterien können an sich auf eine selbständig erwerbstätige Person zutreffen und sie zur Schlüsselkraft qualifizieren - aufweise, hat er selbst nicht behauptet und ergibt sich auch nicht aus der Aktenlage. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den Beschwerdeführer nicht als Schlüsselkraft ansah.
Fehlt aber die Qualifikation des Beschwerdeführers als Schlüsselkraft, so konnte die belangte Behörde auch nicht auf die (offene) Quote für Schlüsselkräfte für das Jahr 1996 zurückgreifen, sondern mußte den Umstand, daß die - für den Beschwerdeführer auch in Frage kommende - Quote für Erwerbstätige am 21. Juni 1995 bereits erschöpft war, beachten. Die belangte Behörde war daher aufgrund der Bestimmung des § 9 Abs. 3 AufG gehindert, den Berufungsbescheid bis zur Erlassung einer nachfolgenden Quotenverordnung (hier: der entsprechenden, am 13. Dezember 1996 im BGBl. Nr. 707/1996 kundgemachten Verordnung über die Anzahl der Bewilligungen im Jahr 1997) zu erlassen. Unbestritten ist, daß keine Gründe für eine Abweisung des Antrages vorlagen, sodaß die belangte Behörde nicht berechtigt war, eine derartige - ungeachtet der Erschöpfung der Quoten mögliche (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1997, Zl. 95/19/2208) - Entscheidung zu treffen.
Die Zeiten der geschlossenen Quote (von 21. Juni 1996 bis 31. Dezember 1996) waren auf die Frist des § 27 VwGG nicht anzurechnen (vgl. hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1997, Zl. 96/19/2208). Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß der Behörde nur der Zeitraum vom 11. Juni bis 21. Juni 1996 (10 Tage) zur Entscheidung über die Berufung offenstand. Die Wartefrist des § 27 VwGG von sechs Monaten war daher im Zeitpunkt der Quotenerschöpfung für das Jahr 1996
(21. Juni 1996) noch nicht abgelaufen.
Die am 13. Dezember 1996 beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachte Säumnisbeschwerde erweist sich daher als zu früh gestellt, da die belangte Behörde keine sechs Monate zur Entscheidung über die vorliegende Berufung zur Verfügung hatte. Die Säumnisbeschwerde war daher wegen mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
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