VwGH 93/07/0138

VwGH93/07/013816.11.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Kratschmer, Dr. Hargassner, Dr. Bumberger und Dr. Pallitsch, im Beisein der Schriftführerin Dr. Möslinger-Gehmayr, über die Beschwerde der G-Gesellschaft m.b.H. in N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. August 1993, Zl. 5048/162-IV/4/93, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages in einer Vollstreckungssache, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VVG §4 Abs2;
VwGG §27;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VVG §4 Abs2;
VwGG §27;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit den Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (BH) vom 24. Juni und 1. Juli 1991 wurde der Beschwerdeführerin in einer Wasserrechtssache die Vorauszahlung voraussichtlicher Vollstreckungskosten in der Höhe von insgesamt S 17,100.000,-- gegen nachträgliche Verrechnung aufgetragen.

Am 10. September 1992 langte beim Landeshauptmann von Oberösterreich (LH) ein Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung ein, welchen der LH mit Bescheid vom 9. Februar 1993 deswegen zurückwies, weil es der Zulässigkeit des Devolutionsbegehrens am Vorliegen eines sechs Monate zuvor eingebrachten Antrages fehle.

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte die Beschwerdeführerin geltend, daß der vom LH für die Zulässigkeit ihres Devolutionsantrages von ihr geforderte Antrag nur ein solcher auf Verrechnung hätte sein können, der aber aus dem Grunde des § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen gewesen wäre.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die belangte Behörde trat in der Begründung ihres Bescheides der Rechtsauffassung des LH bei, daß ein Devolutionsantrag einen der Entscheidungspflicht unterliegenden und noch nicht erledigten Antrag der Partei voraussetze. Das Wesen eines Verlangens auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung an die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde liege im Schutz der Partei vor Rechtsverweigerung durch die Behörde hinsichtlich des Abspruches über ein Parteibegehren, begründe aber nicht eine Abhilfemöglichkeit gegen behördliche Untätigkeit schlechthin. Daß die BH in ihren die Vorauszahlung voraussichtlicher Vollstreckungskosten auftragenden Bescheiden auf die gesetzliche Bestimmung der nachträglichen Verrechnung im Sinne des § 4 Abs. 2 VVG hingewiesen habe, habe nicht eine "Selbstbindung" der Behörde bewirkt, welche geeignet wäre, einen die Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 1 AVG auslösenden Antrag zu ersetzen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende

Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde führt die Beschwerde nicht aus; tatsächlich war die belangte Behörde auch zuständig (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts5, Rz 1000).

Ein Devolutionsantrag ist nur zulässig, wenn die der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde nachgeordnete Verwaltungsbehörde eine ihr obliegende Entscheidungspflicht verletzt hat; trifft dies nicht zu, so ist der Devolutionsantrag zurückzuweisen (vgl. die bei Ringhofer, Verwaltungsverfahrensgesetze I, E 99 zu § 73 AVG, wiedergegebene hg. Judikatur). Gemäß § 73 Abs. 1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Nach dem unzweideutigen Wortlaut dieser Bestimmung erwächst eine behördliche Entscheidungspflicht, deren Verletzung die Partei zur Inanspruchnahme des Rechtsbehelfs nach § 73 Abs. 2 AVG berechtigte, ausschließlich aus einem von der Partei gestellten Antrag. Einer Partei gegenüber, welche an die Behörde ein Anbringen nicht gerichtet hat, erwächst der Behörde Entscheidungspflicht nach § 73 Abs. 1 AVG nicht (vgl. den hg. Beschluß vom 20. April 1993, 93/07/0041).

Die Beschwerdeführerin hält dessen ungeachtet an ihrer Auffassung fest, daß es in ihrem Falle zur Auslösung der behördlichen Entscheidungspflicht eines Antrags deswegen nicht bedurft hätte, weil ein von ihr gestellter Antrag, die nachträgliche Verrechnung der vorausgezahlten Vollstreckungskosten durchzuführen, wegen entschiedener Sache zurückgewiesen hätte werden müssen; es habe die BH ihre Entscheidungspflicht über die nachträgliche Verrechnung mit der sie selbst bindenden Wirkung des Spruches ihrer Vorauszahlungsbescheide vielmehr selbst ausgelöst.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen. Die von der Beschwerdeführerin konstruierte Rechtsfigur der Selbstauslösung behördlicher Entscheidungspflicht durch vorangegangenen Bescheidspruch hat keine Grundlage im Gesetz und widerspricht dem Gesetzeswortlaut der Bestimmung des § 73 AVG in einer Weise, die jeglichem Versuch entgegenstehen muß, dem von der Beschwerdeführerin eingenommenen Standpunkt mit den Mitteln gesetzesgemäßer Interpretation auch nur in die Nähe zu kommen. Ob die Auffassung der Beschwerdeführerin zutrifft, daß ein von ihr gestellter Antrag auf Durchführung der in den Vorauszahlungsbescheiden angekündigten Abrechnung dem Schicksal der Zurückweisung aus dem Grunde des § 68 Abs. 1 AVG hätte verfallen müssen, ist nicht zu untersuchen. Die Beschwerdeführerin hat ihrem eigenen Vorbringen nach einen solchen Antrag an die BH nicht gestellt. Dies allein stand der Zulässigkeit ihres an den LH gerichteten Devolutionsbegehrens entgegen.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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