VwGH 93/01/0340

VwGH93/01/03409.9.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorstizenden Hofrat Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Kremla, Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lammer, über die Beschwerde des I in L, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 3. März 1993, Zl. 4.285.024/3-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art43;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 1991 §1;
AsylG 1991 §2 Abs2 Z3;
AsylG 1991 §25 Abs1;
AsylG 1991 §25 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
FlKonv Art43;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger, der am 26. Oktober 1989 in das Bundesgebiet eingereist ist - hat den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom 24. Jänner 1990, mit dem festgestellt worden war, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vorliegen, mit Berufung bekämpft. Mit Bescheid vom 3. März 1993 wies die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG, gestützt auf § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991, ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich im Recht auf Erteilung von Asyl in Österreich sowie im Recht auf Durchführung eines mängelfreien Verfahrens verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Beschwerde erwogen:

Da das Berufungsverfahren im vorliegenden Fall am 1. Juni 1992 beim Bundesminister für Inneres anhängig war, hatte die belangte Behörde gemäß § 25 Abs. 2 AsylG 1991 dieses Gesetz anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 ist einem Flüchtling dann nicht Asyl zu gewähren, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war.

Der Beschwerdeführer hatte bei seiner Einvernahme vom 4. November 1989 angegeben, daß er sich vom 7. Dezember 1988 bis 25. Oktober 1989 in Ungarn bei einer Verwandten seiner Ehegattin aufgehalten, sich dort bei den ungarischen Behörden gemeldet und eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis bekommen habe. Im Hinblick auf diese Angaben des Beschwerdefühers ging die belangte Behörde davon aus, daß für den Beschwerdeführer in Ungarn Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 vorgelegen sei. Er habe daher nicht befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe nach Rumänien abgeschoben zu werden. Im Hinblick auf dieses Ergebnis prüfte die belangte Behörde nicht mehr das Vorliegen der Voraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft.

Der vom Beschwerdeführer gerügte Umstand, daß aus dem angefochtenen Bescheid nicht ersichtlich sei, welchen "Bescheid der Sicherheitsdirektion" die Behörde überprüft habe, stellt im Hinblick auf die im hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1992, Zl. 92/01/0834, näher angeführten Gründe, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, keine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers dar, da zwar die deutliche Bezeichnung des Gegenstandes der Erledigung der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides fehlt, sich diese aber eindeutig aus der Bescheidbegründung ergibt. Im übrigen zeigt die Beschwerde, daß für den Beschwerdeführer kein Zweifel bestand, daß mit dem angefochtenen Bescheid über die angeführte Berufung entschieden wurde.

Der Beschwerdeführer rügt weiters, daß die Behörde ihre Entscheidung auf den Aufenthalt des Beschwerdeführers in Ungarn stützte, ohne überprüft zu haben, weshalb er sich in dieser Zeit in Ungarn aufgehalten habe, und ohne ihn darüber zu befragen, ob er tatsächlich vor Verfolgung sicher gewesen sei bzw. Asylschutz genossen habe. Hätte man ihn dazu befragt, hätte er darauf hinweisen können, wieso damals eine Weiterfahrt nach Österreich nicht möglich gewesen sei und warum er in Ungarn nicht um politisches Asyl angesucht habe.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (siehe das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1993, Zl. 93/01/0256) genügt für die Annahme der Verfolgungssicherheit, daß der Asylwerber im Drittstaat keiner Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt war und auch wirksamen Schutz vor Abschiebung in den Verfolgerstaat hatte (vgl. RV 270 BlgNr. 18. GP zu § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991). Dabei kommt es nicht darauf an, wie lange sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat, welche Absichten er dabei verfolgt hat und ob sein Aufenthalt den ungarischen Behörden bekannt und von diesen geduldet war. Die aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers bei der Ersteinvernahme gezogene Schlußfolgerung der belangten Behörde, daß Verfolgungssicherheit für den Beschwerdeführer in Ungarn bestanden habe, kann nicht als unschlüssig angesehen werden. Das Kriterium der Verfolgungssicherheit im Sinne des § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 verlangt nicht, daß dem Asylwerber in dem anderen Staat Asyl gewährt werde (siehe das zitierte hg. Erkenntnis).

Zu der Auffassung des Beschwerdeführers, daß Ungarn die Genfer Flüchtlingskonvention erst Ende Oktober 1989 ratifiziert habe, klarzustellen, daß die Genfer Flüchtlingskonvention gemäß Art. 43 für jeden Staat, der nach Hinterlegung der

6. Ratifikations- oder Beitrittsurkunde diese ratifiziert hat oder dieser beigetreten ist, am 90. Tage nach dem Tage der Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde durch diesen Staat in Kraft tritt. Nachdem Ungarn am 14. März 1989 die BEITRITTSURKUNDE der Konvention hinterlegt hat (vgl. BGBl. Nr. 260/1992), ist dieses Abkommen für Ungarn am 12. Juni 1989 in Kraft getreten, also noch zu einem Zeitpunkt, in dem sich der Beschwerdeführer in Ungarn aufgehalten hat.

Sofern der Beschwerdeführer sich darauf beruft, daß er sich wegen der zahlreichen in Ungarn befindlichen Rumänen, insbesondere Mitgliedern des geheimen Sicherheitsdienstes, nicht sicher gefühlt habe und es zu zahlreichen unliebsamen Vorfällen gegen politisch verfolgte Personen gekommen sei, vor denen man auch in Ungarn nicht sicher sei, kommt diesem Vorbringen schon deshalb keine Bedeutung zu, weil der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, daß er von einem solchen von ihm erwähnten Vorfall konkret betroffen war.

Zu der Behauptung, die belangte Behörde habe einzig aus dem Umstand, daß sich der Beschwerdeführer in einem anderen Staat aufgehalten habe, abgeleitet, daß Verfolgungssicherheit vorliege, muß dem Beschwerdeführer entgegengehalten werden, daß für die Behörde unbestritten feststand und auch vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bestritten wird, daß sich der Beschwerdeführer bei den ungarischen Behörden gemeldet hatte und im Zeitraum seines zehn Monate dauernden Aufenthaltes eine Arbeit- und Aufenthaltserlaubnis erhalten hatte. Im Lichte dieser Umstände kann die kritisierte Schlußfolgerung der belangten Behörde jedenfalls nicht als unschlüssig angesehen werden.

Sofern der Beschwerdeführer eine Rechtsverletzung dahingehend geltend macht, daß die Behörde nicht innerhalb einer ihr zumutbaren kürzeren Frist entschieden habe, wodurch das für den Beschwerdeführer günstigere

AsylG (BGBl. Nr. 126/1968) noch zur Anwendung gekommen wäre, ist - abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer jederzeit nach Ablauf von sechs Monaten nach Einbringung der Berufung beim Bundesminister für Inneres gemäß § 27 VwGG eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof hätte einbringen können - auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zu verweisen (vgl. hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1956, Zl. 3043/53), nach der dem Umstand, daß die belangte Behörde in der Lage war, ihre Entscheidung zu einem früheren Zeitpunkt zu treffen und dadurch eine für den Rechtsmittelwerber günstigere Gesetzeslage anzuwenden, für die Frage einer allfälligen Rechtswidrigkeit dieser Enscheidung keine Bedeutung zukommt.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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