VwGH 92/11/0284

VwGH92/11/028412.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Baumgartner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache der 1) W-AG in X, 2) M in L, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in X, gegen den Landeshauptmann von Oberösterreich, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht über eine Berufung in Angelegenheit Sicherstellung von Pflegegebühren, den Beschluß gefaßt

Normen

AVG §73 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3 Satz2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
AVG §73 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §28 Abs1 Z2;
VwGG §28 Abs3 Satz2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit der vorliegenden, gegen den "Landeshauptmann von Oberösterreich Dr. Josef Ratzenböck, p.A. Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Sanitätsrecht, Klostergasse 7, 4020 Linz" als belangte Behörde gerichteten Beschwerde machen die Beschwerdeführerinnen geltend, daß sie gegen eine Pflegegebührenrechnung des öffentlichen Krankenhauses A fristgerecht Einspruch erhoben hätten, dem mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz keine Folge gegeben worden sei. Gegen diesen Bescheid hätten die Beschwerdeführerinnen fristgerecht und rechtswirksam Berufung an den Landeshauptmann von Oberösterreich erhoben, welcher darüber jedoch trotz Ablaufes einer Frist von sechs Monaten nicht entschieden habe.

Die Beschwerdeführerinnen selbst stützen sich zutreffend darauf, daß es sich bei der gegenständlichen Beschwerdesache um eine Angelegenheit des Art. 12 Abs. 1 Z. 1 ("Heil- und Pflegeanstalten") B-VG handelt. In diesen Angelegenheiten ist Bundessache die Gesetzgebung über die Grundsätze, Landessache die Erlassung von Ausführungsgesetzen und die Vollziehung. Nach Art. 101 Abs. 1 B-VG hat DIE LANDESREGIERUNG die Vollziehung des Landes auszuüben. Das bedeutet, daß grundsätzlich die Landesregierung als oberstes Verwaltungsorgan des Landes mit den obersten Verwaltungsgeschäften im selbständigen Vollzugsbereich des Landes betraut ist (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrecht7, Rz 823 mwN). Lediglich im Bereich der - hier nicht Gegenstand bildenden - "sanitären Aufsicht" (Art. 10 Abs. 1 Z. 12 B-VG) käme im gegebenen Zusammenhang eine Zuständigkeit des Landeshauptmannes in Betracht (mittelbare Bundesverwaltung).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt für den Fall einer fehlerhaften Bezeichnung der belangten Behörde durch die beschwerdeführende Partei (z.B. "Amt der Landesregierung" statt "Landesregierung" oder statt "Landeshauptmann") in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß nicht nur aus der zutreffenden Bezeichnung der Behörde durch den Beschwerdeführer ersehen werden kann, welche Behörde Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist, sondern daß dies auch aus dem Inhalt der Beschwerde insgesamt, den der Beschwerde angeschlossenen Beilagen sowie aus der dem Verwaltungsgerichtshof bekannten Rechtslage betreffend den Vollzugsbereich und die Behördenorganisation erschlossen werden kann. Jene Behörde ist Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, welche bei verständiger Wertung des gesamten Beschwerdevorbringens, einschließlich der der Beschwerde angeschlossenen Beilagen, als belangte Behörde zu erkennen ist (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 21. März 1986, Slg. Nr. 12.088/A, u.a.). Diese Grundsätze können jedoch nur dann zur Anwendung kommen, wenn auf Grund der Bezeichnung der belangten Behörde durch den Beschwerdeführer Zweifel darüber bestehen, welche Behörde der Beschwerdeführer als belangte Behörde bezeichnen wollte. Hat hingegen der Beschwerdeführer die belangte Behörde in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise ausdrücklich (wenn auch möglicherweise unrichtig) bezeichnet, dann steht es dem Verwaltungsgerichtshof nicht zu, diesbezüglich von sich aus eine Änderung vorzunehmen und die Partei, mit der sich der Beschwerdeführer in das Verfahren einlassen will, gegen eine andere, von ihm nicht bezeichnete, auszutauschen (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. März 1992, Zl. 92/08/0045).

Im vorliegenden Fall hatten die nunmehrigen Beschwerdeführerinnen ihre Berufung im Sinne der erteilten - insofern unrichtigen - Rechtsmittelbelehrung an den "Landeshauptmann von Oberösterreich" (Dr. Josef Ratzenböck p.A. Amt der Oberösterreichischen Landesregierung, Abteilung Sanitätsrecht) gerichtet und machen nun in gleicher Weise vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Verletzung der Entscheidungspflicht durch diesen geltend.

Gemäß § 27 VwGG kann die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn u.a. die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen 6 Monaten in der Sache entschieden hat.

Säumnisbeschwerde ist demnach insbesondere nur zulässig, wenn die belangte Behörde verpflichtet war, über den bei ihr eingebrachten Antrag mittels Bescheides zu entscheiden. Die Entscheidungspflicht trifft danach - abgesehen von einer etwaigen ausdrücklichen ausschließlichen Geltendmachung der Zuständigkeit einer bestimmten Behörde - im Anwendungsbereich der amtswegigen Überweisungspflicht nach § 6 AVG nur die sachlich zuständige Behörde (vgl. die hg. Beschlüsse vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/04/0202, und vom 4. November 1992, Zl. 92/01/0830, sowie die weitere dort zitierte Vorjudikatur).

Da jedoch dem von den Beschwerdeführerinnen als belangte Behörde gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bezeichneten Landeshauptmann von Oberösterreich in dem hier in Rede stehenden Vollzugsbereich keine Behördenzuständigkeit zukommt und er im gegenständlichen Fall auch gar keine Entscheidungspflicht verletzt haben konnte, ist auch nicht von einer Säumnis der belangten Behörde auszugehen (vgl. den Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Juli 1991, Zl. 91/04/0161, mit weiteren Judikaturhinweisen).

Die vorliegende Säumnisbeschwerde war somit ausgehend von ihrem hiefür bestimmenden Vorbringen schon aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unzulässig zurückzuweisen.

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