European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986100163.X00
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der vorliegenden Beschwerde in Verbindung mit den dieser angeschlossenen Beilagen ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 1986 (zugestellt am 12. September 1986) wurde die Beschwerdeführerin für schuldig befunden, am 17. Juni 1986 um 1.30 Uhr an einem näher bezeichneten Ort durch die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs gegen Bezahlung mit einer bestimmten Person die Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle ausgeübt und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 14 lit. a des (Tiroler) Landes‑Polizeigesetzes (LGBl. Nr. 60/1976, im folgenden kurz: LPG) begangen zu haben. Über die Beschwerdeführerin wurde eine Arreststrafe in der Dauer von vier Wochen verhängt.
Gegen diesen Bescheid ‑ und zwar lediglich hinsichtlich des Strafausspruches ‑ richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 14 lit. a LPG ist die gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechtes zu deren sexueller Befriedigung (Prostitution) außerhalb behördlich bewilligter Bordelle verboten. Nach § 19 Abs. 1 lit. a leg. cit. begeht, wer einem im § 14 festgelegten Verbot zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,‑ ‑ oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei Vorliegen von besonders erschwerenden Umständen können Geld‑ und Arreststrafe nebeneinander verhängt werden.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1985, Zl. 85/02/0011) ist die Bemessung der Strafe nach § 19 VStG 1950 eine Ermessensentscheidung. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof insofern eine eingeschränkte Prüfungsbefugnis, als die Ermessensübung nicht seiner vollen Kontrolle unterliegt, sondern eine zur Aufhebung des Ermessensaktes durch den Verwaltungsgerichtshof führende Rechtswidrigkeit nur dann vorliegt, wenn die Behörde das Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes geübt hat (Art. 130 Abs. 2 B‑VG). Es ist daher zu prüfen, ob die Behörde (noch) eine vertretbare Lösung gefunden hat, oder ob ihr ein Ermessensmißbrauch zum Vorwurf gemacht werden muß. Letzteres vermag der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall allerdings nicht zu erkennen:
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin konnte die belangte Behörde den Unrechtsgehalt der Tat als erheblich ansehen. Mit der Durchführung eines nach der obzitierten Vorschrift verbotenen Geschlechtsverkehrs sind nämlich zweifellos gesundheitliche Gefahren verbunden, was die belangte Behörde selbst dann in ihre Überlegungen einbeziehen durfte, wenn dies nicht zum Schutzzweck des LPG gehört (vgl. Pallin, Die Strafzumessung in rechtlicher Sicht, RZ 27).
Zu Recht konnte die belangte Behörde einschlägige Vorstrafen der Beschwerdeführerin als erschwerend heranziehen: Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 26. November 1984, Zl. 84/10/0189) hindert die Erhebung einer Verfassungs‑ oder Verwaltungsgerichtshof‑Beschwerde, selbst wenn ihr aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, nicht den Eintritt der formellen Rechtskraft und damit auch nicht die Berücksichtigung der in Beschwerde gezogenen Strafe als Vorstrafe. Insoweit sind aus den zu den Zlen. 86/10/0076 und 86/10/0078 protokollierten Akten des Verwaltungsgerichtshofes folgende Feststellungen zu treffen: Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 24. März 1986 (zugestellt am 26. März 1986) wurde die Beschwerdeführerin einer Verwaltungsübertretung nach § 14 lit. b LPG (verbotene Prostitutionsanbahnung) für schuldig befunden und über sie eine Arreststrafe in der Dauer von 14 Tagen verhängt. Weiters wurde die Beschwerdeführerin mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 1986 (zugestellt am 2. April 1986) einer Verwaltungsübertretung nach § 14 lit. a LPG für schuldig befunden und über sie gleichfalls eine Arreststrafe von 14 Tagen verhängt. Diese beiden Bescheide wurden mit den hg. Erkenntnissen vom 15. September 1986, Zlen. 86/10/0076 und 86/10/0078, jeweils hinsichtlich des Strafausspruches (samt der Vorschreibung von Kosten des Strafverfahrens) aufgehoben. Diese beiden Erkenntnisse wurden jeweils am 20. Oktober 1986 zugestellt. Außerdem ergibt sich aus den erwähnten Akten des Verwaltungsgerichtshofes, daß über die Beschwerdeführerin eine dritte einschlägige (Geld‑)Strafe verhängt wurde, welche durch die Zustellung des Berufungsbescheides (spätestens im Jänner 1986) rechtskräftig wurde.
Sohin steht fest, daß zum Tatzeitpunkt am 17. Juni 1986 drei rechtskräftige einschlägige Vorstrafen vorlagen, wovon zwei jeweils eine Arreststrafe von 14 Tagen betrafen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das obzitierte Erkenntnis vom 15. September 1986, Zl. 86/10/0076) ist die Behörde nicht daran gehindert, sich bei der ihr zustehenden Wahl, eine Geldstrafe oder eine Arreststrafe zu verhängen, selbst bei Fehlen von Erschwerungsgründen unter Berücksichtigung der übrigen Strafzumessungsgründe für die Verhängung einer (primären) Arreststrafe zu entscheiden. Weiters entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 12. Mai 1986, Zl. 86/10/0039), daß Überlegungen der Generalprävention bei der Anwendung des § 19 VStG 1950 ihren Platz haben. Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang vorbringt, für eine generalpräventive Wirkung müßte der angefochtene Bescheid publik gemacht werden, damit er auf andere eine abschreckende Wirkung erzielt, was weder bisher geschehen noch der Behörde erlaubt sei, so genügt der Hinweis, daß der mit der Generalprävention verbundene Gedanke, der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (vgl. Leukauf‑Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 2. Auflage, Seite 321) schon dadurch verwirklicht werden kann, daß die Ergebnisse von Verwaltungsstrafverfahren statistisch ausgewertet und veröffentlicht werden könnten, wozu kommt, daß eine Mitteilung durch die Beschwerdeführerin an andere Personen nicht ausgeschlossen ist.
Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Sach‑ und Rechtslage und unter Berücksichtigung des besonders hervorzuhebenden Umstandes, daß es sich bei der Beschwerdeführerin offenbar um eine hartnäckige Rechtsbrecherin handelt, vermag der Verwaltungsgerichtshof ‑ zusammengefaßt ‑ einen Ermessensfehler der belangten Behörde bei der Strafbemessung nicht zu erkennen.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit erübrigt sich die Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 10. November 1986
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