VwGH 85/15/0368

VwGH85/15/036820.1.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Großmann, Dr. Närr, Dr. Wetzel und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Brauhart, über die Beschwerde des S Fonds in S, vertreten durch Dr. Erich Aigner, Rechtsanwalt in Salzburg, Sigmund Haffnergasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 25. Oktober 1985, Zl. 356‑GA5‑DK/1985, betreffend Stempelgebühr und Gebührenerhöhung, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §14 TP6 Abs1
GebG 1957 §2 Z1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1985150368.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr in Fotokopie angeschlossenen angefochtenen Bescheid geht folgender Sachverhalt hervor:

Mit Bescheid des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg vom 12. August 1985 wurde der Beschwerdeführerin für eine nicht vergebührte, d. h. nicht mit Stempelmarken versehene Eingabe, nämlich eine Berufung gegen die Abweisung eines Nachsichtsbegehrens, gemäß § 14 TP 6 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267 in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (GebG), eine Stempelgebühr in Höhe von S 120,-- sowie eine Erhöhung gemäß § 9 Abs. 1 leg. cit. in Höhe von S 60,--, insgesamt daher ein Betrag von S 180,--, zur Zahlung vorgeschrieben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Gebührenpflicht bestehe nur für Eingaben von Privatpersonen. Sie selbst sei mit Bundesgesetz vom 12. Juli 1950, BGBl. Nr. 147, errichtet worden und stelle auf Grund dieses Gründungsaktes eine Person des öffentlichen Rechtes und also keine Privatperson dar.

In einer abweislichen Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt dem entgegen, daß der Beschwerdeführerin mangels ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechtes die Gebührenbefreiung gemäß § 2 GebG nicht zukomme.

In ihrem fristgerecht gestellten Antrag auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz führte die Beschwerdeführerin aus, daß nicht mehr die Gebührenbefreiung gemäß § 2 GebG begehrt, sondern die Rechtsansicht vertreten werde, sie als juristische Person des öffentlichen Rechts sei nicht gleichzeitig auch Privatperson im Sinne des § 14 TP 6 GebG.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Zwar enthalte das Gebührengesetz keine Definition des Begriffes „Privatperson“ doch sei nach einhelliger Kommentarmeinung und Verwaltungspraxis für die Auslegung dieses Begriffes nicht die in der Rechtslehre getroffene Unterscheidung zwischen Personen des Privatrechtes und Personen des öffentlichen Rechtes maßgeblich, sondern es seien unter Privatpersonen alle Personen zu verstehen, die nicht als Behörden oder Notare in Ausübung ihres Amts tätig seien. Der Begriff umfasse demnach sowohl Personen des Privatrechtes als auch Personen des öffentlichen Rechtes, wenn sie nicht in Angelegenheiten tätig würden, die behördlichen oder amtlichen Charakter hätten. Da die der Gebühr unterworfene Eingabe von der Beschwerdeführerin nicht im Rahmen einer behördlichen Tätigkeit eingebracht worden sei und der Beschwerdeführerin, auch nicht eine Gebührenbefreiung nach § 2 Abs. 2 GebG zukomme, sei die erstinstanzliche Stempelgebührenfestsetzung zu bestätigen gewesen. Die Gebührenerhöhung gründe sich auf § 9 Abs. 1 GebG, wonach dann, wenn eine Gebühr, die nicht vorschriftsmäßig in Stempelmarken entrichtet wird, mit Bescheid festgesetzt werde, eine Gebührenerhöhung im Ausmaß von 50 v.H. der verkürzten Gebühr zu erheben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde. Ihrem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich die Beschwerdeführerin entsprechend ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsansicht deswegen in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung einer Stempelgebühr samt Gebührenerhöhung verletzt, weil sie als juristische Person des öffentlichen Rechtes nicht Privatperson im Sinne des § 14 TP 6 GebG sein könne.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 TP 6 Abs. 1 GebG unterliegen Eingaben von Privatpersonen (natürlichen und juristischen Personen) an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises, die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen, einer festen Gebühr, deren Höhe nach der im Zeitpunkt der eingangs erwähnten Eingabe an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Salzburg in Geltung gestandenen Fassung des Tarifes S 120,‑‑ betragen hat.

Zur Entrichtung der Stempelgebühr ist gemäß § 13 Abs. 1 Z. 1 GebG derjenige verpflichtet, in dessen Interesse die Eingabe eingebracht wird.

Gemäß § 2 leg. cit. sind von der Entrichtung von Gebühren jedoch befreit:

1) Der Bund, die von ihm betriebenen Unternehmungen sowie öffentlich‑rechtliche Fonds, deren Abgänge er zu decken verpflichtet ist;

2) die übrigen Gebietskörperschaften im Rahmen ihres öffentlich‑rechtlichen Wirkungskreises;

3) sonstige öffentlich-rechtliche Körperschaften, weiters alle Vereinigungen, die ausschließlich wissenschaftliche, Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke verfolgen, hinsichtlich ihres Schriftverkehrs mit den öffentlichen Behörden und Ämtern;

4) ......

Von den Voraussetzungen, unter denen nach der eingangs wiedergegebenen Gesetzesstelle eine Eingabe gebührenpflichtig wird, ist im vorliegenden Fall das Tatbestandsmerkmal „Eingaben von Privatpersonen (natürlichen oder juristischen Personen)“ strittig. Während die belangte Behörde auch juristische Personen des öffentlichen Rechtes, die als Privatrechtsträger Eingaben an Organe der Gebietskörperschaften in Angelegenheiten von deren öffentlich‑rechtlichem Wirkungskreis einbringen, als gebührenpflichtig betrachtet, können nach der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin juristische Personen des öffentlichen Rechtes niemals als „Privatpersonen“ im Sinne dieser Gesetzesstelle angesehen werden.

Hiezu vertreten Frotz-Hügel-Popp in ihrem Kommentar zum Gebührengesetz die Auffassung, daß unter Privatpersonen „grundsätzlich alle Personen des Privatrechtes und des öffentlichen Rechtes (auch Gebietskörperschaften) zu verstehen sind, wenn sie nicht behördlich oder sonst in einer Form amtlich (z.B. Notar als Amtsperson) tätig sind, wenn sie also einem Organ einer Gebietskörperschaft in Angelegenheiten des öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises ... gegenüber als Träger von Privatrechten und -pflichten auftreten. Eine Gebietskörperschaft ist auch dann als Privatperson anzusehen, wenn sie als Träger von Privatrechten in Angelegenheiten, die sie im öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis wahrzunehmen hat, Eingaben an sich selbst richtet ...“

Nach Warnung-Dorazil, Stempel- und Rechtsgebühren3, S. 50, kommt es hiebei nicht so sehr auf die persönliche Eigenschaft des Einschreiters als vielmehr darauf an, ob die Eingabe eine Privatangelegenheit betrifft.

Auch Gaier, Kommentar zum Gebührengesetz, S. 90, versteht unter „Privatpersonen“ alle Personen des Privatrechtes und des öffentlichen Rechtes, wenn sie nicht behördlich oder sonst auf irgendeine Weise amtlich tätig sind, wenn also die Eingabe eine Privatangelegenheit betrifft.

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der mit den zitierten Kommentarmeinungen übereinstimmenden Rechtsansicht der belangten Behörde an. Dies vor allem im Hinblick darauf, daß es dem Gesetzgeber, wie auch aus dem weiteren Tatbestandsmerkmal „... die die Privatinteressen der Einschreiter betreffen“ hervorgeht, offensichtlich um eine funktionelle und nicht um eine organisatorische Abgrenzung ging. Zudem legt es eine am Gleichheitssatz orientierte, unsachliche Eingriffe in Wettbewerbsverhältnisse vermeidende Gesetzesauslegung nahe, den von den Befreiungsvorschriften des § 2 GebG losgelösten Gebührentatbestand des § 14 TP 6 leg. cit. möglichst umfassend, und zwar im Sinne der vorangeführten Lehrmeinungen zu begreifen.

Auch das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in ihrem Fall greife (doch) eine der Befreiungsbestimmungen des § 2 GebG ein, ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erweisen. Da nach § 4 Abs. 1 des vorerwähnten Bundesgesetzes über die Errichtung eines „Fonds“ der Bund nur zur Deckung von jeweils 40 v.H. der Abgänge verpflichtet ist, die Z. 1 des § 2 GebG hingegen vollständige Abgangsdeckung erfordert, folgt aus der letztangeführten Gesetzesstelle keine Befreiung. Die Beschwerdeführerin ist auch nicht Gebietskörperschaft (Z. 2 leg. cit.) und behauptet selbst nicht, ausschließlich wissenschaftliche, Humanitäts- oder Wohltätigkeitszwecke zu verfolgen (Z. 3 leg. cit.). Die von der Beschwerdeführerin behauptete Gebührenbefreiung besteht daher nicht.

Auf Grund des Gesagten läßt schon der Inhalt der Beschwerde erkennen, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Jänner 1986

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