VwGH 85/07/0294

VwGH85/07/029420.2.1986

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde des 1.) LT und der 2.) AT in N, beide vertreten durch Dr. Rudolf Tobler, Rechtsanwalt in Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Burgenländischen Landesregierung vom 11. September 1985, Zl. LAS-42/3-1985, betreffend Zusammenlegungsplan N, zu Recht erkannt:

Normen

FlVfGG §4 Abs2 impl;
FlVfLG Bgld 1970 §20 idF 1979/055;
FlVfLG Bgld 1970 §21 idF 1979/055;
FlVfGG §4 Abs2 impl;
FlVfLG Bgld 1970 §20 idF 1979/055;
FlVfLG Bgld 1970 §21 idF 1979/055;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Das Amt der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz hat im Zusammenlegungsverfahren Neusiedl am See durch Auflage zur allgemeinen Einsicht in der Zeit vom 26. November 1984 bis einschließlich 10. Dezember 1984 den Zusammenlegungsplan erlassen.

Gegen diesen Bescheid haben die Beschwerdeführer Berufung erhoben und darin im wesentlichen ausgeführt, sie seien mit keinem gleichwertigen Ersatz für ihre in das Verfahren eingebrachten Grundstücke abgefunden worden. Sie begründeten dies in erster Linie damit, daß ihre Altgrundstücke von besserer Bonität als die Abfindungsgrundstücke gewesen seien; der Verkehrswert der Abfindungsgrundstücke liege um zumindest S 250.000,-- bis S 300.000,-- unter dem Verkehrswert der eingebrachten Grundstücke, auch könne mit den Abfindungsgrundstücken bei weitem nicht der frühere Betriebserfolg erzielt werden.

Nach Einholung eines Instruierungsberichtes des Operationsleiters und Durchführung einer mündlichen Verhandlung, welcher der Operationsleiter als Auskunftsperson beigezogen wurde, wies der Landesagrarsenat beim Amt der Burgenländischen Landesregierung (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 11. September 1985 die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950, § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 20, 21 und 25 Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl. Nr. 40/1970, in der Folge LGBl. Nr. 55/1979 (in der Folge FLG), als unbegründet ab. In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der §§ 20 Abs. 1 und 21 Abs. 2 und 3 FLG folgendes aus: Die Beschwerdeführer seien mit 17 Besitzkomplexen im Gesamtausmaß von 10,2339 ha in das Verfahren einbezogen worden, wobei ein Teil (4.432 m2) auf eine Baulandfläche entfalle. Diese Grundstücke entsprächen einem Vergleichswert von 2.356.624,75 Punkten. Unter Berücksichtigung des Anteiles der Beschwerdeführer an den gemeinsamen Anlagen hätten sie gemäß § 20 FLG Anspruch darauf, mit Grundstücken im Wert von 2.261.139,26 Vergleichspunkten abgefunden zu werden. Die Beschwerdeführer seien mit drei Besitzkomplexen im Ausmaß von 9.5899 ha, die einem Vergleichswert von 2.258.707,25 Punkten entsprächen, abgefunden worden. Diese Gegenüberstellung zeige zunächst, daß die Abfindung der Beschwerdeführer hinsichtlich der Fläche und des Wertes gesetzmäßig erfolgt sei. Sie hätten zwar gegenüber dem Abfindungsanspruch einen in Geld auszugleichenden Wertverlust von 2.432,01 Punkten, das sind 0,11 %, hinnehmen müssen, doch liege diese Differenz weit innerhalb der gesetzlich zulässigen Toleranzgrenze von 5 %. Das Flächen-Wert-Verhältnis betrage im alten Stand 16,45, im neuen Stand 17,24; dies ergebe eine Abweichung in bessere Bonitäten um 0,79 Punkte, was einem Prozentsatz von 4,8 % bei einer gesetzlich zulässigen Toleranzgrenze von 20 % entspreche. Es komme bei der Beurteilung der Gesetzmäßigkeit der Abfindung nicht auf den Vergleich bestimmter Alt- mit bestimmten Neugrundstücken an, sondern auf eine Gegenüberstellung des Gesamtstandes vor und nach der Zusammenlegung. Dazu komme, daß die Beschwerdeführer die eingebrachten Grundstücke zum Teil höher bewertet hätten als dies nach der unwidersprochen gebliebenen Darstellung des Operationsleiters in der Berufungsverhandlung gerechtfertigt sei. Eine Gegenüberstellung der im alten und im neuen Stand enthaltenen, nach Bonitätsklassen eingeteilten Flächen zeige, daß die Beschwerdeführer zwar in den Klassen 1 und 2 einen Flächenverlust erlitten hätten, daß aber durch den gänzlichen Wegfall von Hutweideflächen und einen fast gänzlichen Verlust von Flächen der Klasse 6 sowie durch die Reduzierung von Flächen der Klasse 5 um ca. 1/2 ha eine insgesamt bessere Bonitätsklasseneinteilung herausgekommen sei. Auch ein Vergleich der ersten drei Bonitätsklassen zusammengenommen führe durchaus zu dem Ergebnis einer weitgehenden Gleichwertigkeit; Grundflächen in diesen drei Klassen seien für den Anbau von Hackfrucht geeignet. Es sei den Beschwerdeführern auch nicht rübenanbaufähiger Boden zur Gänze verloren gegangen. Daß die Beschwerdeführer nicht mehr den gleichen Betriebserfolg wie vor der Zusammenlegung erzielen könnten, hätten sie nicht auf sachverständiger Basis unter Beweis gestellt; aus der Reduzierung der Anzahl der Besitzkomplexe von 17 auf 3 und dem daraus resultierenden Flächennutzungsgewinn müsse das Gegenteil gefolgert werden. Den Beschwerdeführern seien vier gut aufgeschlossene und ausgeformte Bauplätze zugewiesen worden, die bis zu einer allfälligen Verbauung bewirtschaftet werden könnten. Auch der Vorwurf, der Operationsleiter habe die Beschwerdeführer zum Ankauf eines Grundstücksanteils im Ried "Teichäcker" mit später nicht eingehaltenen Zusagen gedrängt, sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens widerlegt worden.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch diesen Bescheid, wie der Gesamtheit der Beschwerdeausführungen zu entnehmen ist, in ihrem Recht auf gesetzmäßige Abfindung verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragen deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat Teile der Verwaltungsakten vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach § 20 Abs. 1 FLG hat jede Partei, deren Grundstücke der Zusammenlegung unterzogen werden, Anspruch, nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (dieses Paragraphen) mit dem gemäß § 12 Abs. 2 ermittelten Wert ihrer in das Verfahren einbezogenen Grundstücke mit Grundstücken von tunlichst gleicher Beschaffenheit abgefunden zu werden. Miteigentümern steht ein gemeinsamer Abfindungsanspruch zu.

Gemäß § 21 Abs. 2 FLG darf der Unterschied zwischen dem Abfindungsanspruch nach Abs. 1 und dem Wert der Grundabfindung nicht mehr als fünf v. H. des Wertes des Abfindungsanspruches betragen und ist in Geld auszugleichen.

Zufolge des § 21 Abs. 3 leg. cit. haben die Grundabfindungen aus Grundflächen zu bestehen, die möglichst groß, günstig geformt und ausreichend erschlossen sind. Die gesamten Grundabfindungen einer Partei haben in Art und Bewirtschaftungsmöglichkeit den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken der Partei weitgehend zu entsprechen und bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung ohne erhebliche Änderung der Art und Einrichtung des Betriebes einen größeren oder zumindest gleichen Betriebserfolg wie die in das Verfahren einbezogenen Grundstücke zu ermöglichen. Unter Berücksichtigung der Grundaufbringung für gemeinsame Anlagen (§ 17 Abs. 2) hat das Verhältnis zwischen Wert und Flächenausmaß der gesamten Grundabfindungen einer Partei dem Verhältnis zwischen Wert und Flächenausmaß der gesamten in das Verfahren eingezogenen Grundstücke der Partei möglichst zu entsprechen. Aus Gründen der Zusammenlegung sich ergebende Abweichungen sind bis einschließlich 20 v. H. dieses Verhältnisses zulässig.

2.1. Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, sie seien sowohl flächen- als auch verkehrswert- und bonitätsmäßig benachteiligt worden; die Abfindung entspreche nicht in Art und Bewirtschaftungsmöglichkeit den eingebrachten Grundstücken und lasse die Erzielung eines zumindest gleichen Betriebserfolges nicht erwarten. Die Beschwerdeführer beziehen diese Behauptung allerdings nur auf die sogenannten "Spitzenbonitäten" und lassen dabei außer acht, daß eine Überprüfung der Gesetzmäßigkeit der Abfindung immer nur in einem Vergleich zwischen dem gesamten Altbesitz und der Abfindung in ihrer Gesamtheit erfolgen kann (vgl. dazu Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Mai 1984, Zl. 83/07/0374, vom 29. November 1983, Zl. 83/07/0075, und vom 5. Juli 1983, Zl. 82/07/0220).

Dem in den Verwaltungsakten erliegenden, einen Bestandteil des Zusammenlegungsplanes bildenden Abfindungsausweis betreffend die Beschwerdeführer ist zu entnehmen, daß die Beschwerdeführer tatsächlich in dem von ihnen behaupteten Ausmaß Teile der in ihrem Altbestand enthaltenen Flächen der ersten beiden Bonitätsklassen zugunsten einer entsprechend höheren Zuteilung von Flächen der 3. Klasse verloren haben. Auf der anderen Seite ergeben sich aus diesem Abfindungsausweis aber auch beträchtliche Verschiebungen von den schlechteren Bonitätsklassen in die 4. Klasse mit dem Resultat, daß es zwar unter Berücksichtigung des Beitrages an Grundflächen für die gemeinsamen Anlagen zu einem Flächenverlust, jedoch im Durchschnitt zu einer Bonitätsverbesserung der Flächen der Beschwerdeführer gekommen ist. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem zur vergleichbaren Rechtslage nach dem Niederösterreichischen Flurverfassungs-Landesgesetz 1975 ergangenen Erkenntnis vom 29. Mai 1984, Zl. 83/07/0330, zum Ausdruck gebracht, daß das Gebot der Zuteilung von Grundstücken "tunlichst gleicher Beschaffenheit" für die Parteien des Zusammenlegungsverfahrens keinen Rechtsanspruch auf Zuteilung bestimmter, dem Altbestand entsprechender Bonitätsklassen begründet. Sofern die nach dem Gesetz sonst noch einzuhaltenden Abfindungsregeln beachtet werden, wird eine Partei allein dadurch, daß sie teilweise qualitativ besser, teilweise qualitativ schlechter abgefunden wurde, als dies objektiv ohne Eingriff in die Rechte anderer Parteien sowie unter Bedachtnahme auf die gemeinsamen und die öffentlichen Interessen zulässigerweise auch möglich gewesen wäre, nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt.

2.2. Zur Frage des von den Beschwerdeführern behaupteten schlechteren Betriebserfolges weist die belangte Behörde zutreffend auf die seit dem Erkenntnis vom 28. Oktober 1976, Zl. 1790/74, ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hin, wonach die Agrarbehörde von sich aus nicht in der Lage ist, volle Kenntnis von der Struktur und Leistungsfähigkeit jedes einzelnen landwirtschaftlichen Betriebes zu besitzen, um bei der Zuweisung der Abfindungsgrundstücke jede Benachteiligung im Sinne des Gesetzesauftrages ausschalten zu können. Es muß daher von einer Partei, die behauptet, mit der ihr zugewiesenen Abfindung nicht mehr zumindest den gleichen Betriebserfolg erzielen zu können wie vor der Zusammenlegung, verlangt werden, daß sie den Nachweis erbringt, welche Erschwernis sie nunmehr auf sich zu nehmen hat, welche Einbußen sie erleidet und in welchem Maße der auf Grund der durchgeführten Zusammenlegung erzielte oder zu erwartende Erfolg geringer sei als jener, der vor der Zusammenlegung erzielt worden ist. Einen solchen Beweis haben die Beschwerdeführer nicht erbracht, obwohl ihnen im Verwaltungsverfahren dazu ausreichend Gelegenheit geboten war. Was sie daran gehindert haben sollte, etwa im Rahmen der Berufungsverhandlung ihre - wie es in der Beschwerde heißt - "konkreten Erfahrungswerte hinsichtlich der Bewirtschaftungsmöglichkeiten aufzuzeigen" bzw. diese allenfalls durch ein Privatgutachten zu untermauern, ist aus den Akten nicht zu ersehen. Wenn die Beschwerdeführer trotz der an ihren Vertreter ergangenen Ladung zur Berufungsverhandlung nicht erschienen sind, fällt dies nicht der belangten Behörde zur Last. Der darin von den Beschwerdeführern erblickte Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.

2.3. Die Beschwerdeführer werfen der belangten Behörde ferner vor, sie habe im angefochtenen Bescheid bloße Scheinbegründungen verwendet. Auch dies trifft jedoch nicht zu.

2.3.1. Aus den in den vorgelegten Akten enthaltenen Plänen ergibt sich, daß die belangte Behörde völlig zu Recht davon ausgegangen ist, daß der Altbestand der Beschwerdeführer aus insgesamt 17 Besitzkomplexen bestanden hat, wobei aneinandergrenzende Grundstücke jeweils als ein zusammenhängender Komplex gezählt wurden. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu erkennen, inwiefern die belangte Behörde hier nur mit Scheingründen operiert hätte; es muß im Gegenteil der belangten Behörde darin beigepflichtet werden, daß sich allein aus der Beseitigung der vorhergegangenen Besitzzersplitterung für die Beschwerdeführer offenkundig ein vom Gesetzgeber gewünschter Kommassierungserfolg ergeben hat.

2.3.2. Eine weitere Scheinbegründung erblicken die Beschwerdeführer im "Argument mit Bauplätzen", womit offenbar gemeint ist, daß die belangte Behörde die Zuweisung von vier Bauplätzen im Gesamtausmaß von 3.863 m2 an die Beschwerdeführer zu Unrecht als einen dem Gesetz gemäßen Ersatz für die 4,432 m2 Bauland im Altbestand angesehen hat. Dazu ist jedoch neuerlich auf den Abfindungsausweis zu verweisen, aus welchem hervorgeht, daß 446 m2 Bauland aus dem Altbestand als Beitrag zu den gemeinsamen Anlagen gemäß § 17 Abs. 2 FLG aufgegangen sind und das die Beschwerdeführer für die Restdifferenz zu dem in ihrer Abfindung enthaltenen Bauland einen Geldausgleich gemäß § 21 Abs. 2 FLG zugewiesen erhalten haben. Da diese Umstände den Parteien bereits aus dem in erster Instanz aufgelegten Zusammenlegungsplan bekannt waren, von den Beschwerdeführern jedoch im Berufungsverfahren nicht bekämpft worden sind, verstößt das Beschwerdevorbringen, mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmals eine unbefriedigende Baulandzuweisung an die Beschwerdeführer geltend gemacht wird, gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG).

3. Da es nach dem Gesagten den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des durch den bekämpften Bescheid bestätigten Zusammenlegungsplanes hinsichtlich der den Beschwerdeführern zugewiesenen Abfindung aufzuzeigen, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.

Wien, am 20. Februar 1986

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