VwGH 85/05/0014

VwGH85/05/001414.5.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schemel, über die Beschwerde des Univ.‑Prof. Dr. JL in W, vertreten durch DDr. Walter Barfuß, Rechtsanwalt in Wien I, Tuchlauben 13, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. November 1984, Zl. MDR‑B XXII‑38/84, betreffend einen baubehördlichen Beseitigungsauftrag, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38
BauO Wr §60
BauO Wr §61
BauRallg implizit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1985:1985050014.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.450,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Mag. Abt. 37, vom 18. Mai 1984 wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer der Baulichkeit und der Anlage 21. Bezirk, P Weg ONr. 21, EZ. 833, Gst. Nr. 216/5 des Grundbuches der Kat. Gem. B, unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien der nachstehende Auftrag erteilt:

„1.) Der ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Schachtbrunnen zwischen P Weg und Stallgebäude ist beseitigen zu lassen.

2.) Die ohne Bewilligung gemäß § 61 BO errichtete Schweinemastanlage ist beseitigen zu lassen.

Die Maßnahmen nach Punkt 1 und 2 sind binnen 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen. Dieser Auftrag gilt nicht, wenn innerhalb der festgesetzten Frist um die nachträgliche Baubewilligung für den Brunnen und die Bewilligung gemäß § 61 BO für die Anlage angesucht wird und diese in der Folge auch erwirkt werden. Das Projekt für die Anlage muß Maßnahmen enthalten, daß bei deren Ausführung die Gewähr gegeben ist, daß unzumutbare Belästigungen der Anrainer in Zukunft flieht mehr gegeben sind.“

Die ausdrücklich nur gegen Punkt 2.) des Spruches dieses Bescheides erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem auf dem Beschluß der Bauoberbehörde für Wien vom 28. November 1984 beruhenden Bescheid gleichen Datums gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen und „der angefochtene Bescheidteil bestätigt“.

Nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 61 der Bauordnung für Wien vertrat die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides die Auffassung, der Beschwerdeführer sei der zutreffenden Meinung, daß im baurechtlichen Sinn der Begriff „Anlage“ ein Oberbegriff sei; Anlage sei „alles, was angelegt, das heißt, durch die Hand des Menschen erbaut oder vorgekehrt wurde“. Der gegenständliche Schweinemaststall, in dem derzeit ca. 800 Mastplätze vorhanden seien, werde als vollautomatische Anlage wie folgt betrieben: Über zwei Molketanks, einen Futtermittelsilo mit acht Zellen für verschiedene Futtermittel sowie einen Wassertank werde über eine automatische elektronische Anlage das den Schweinen zuzuführende Futter gemischt und über Rohrleitungen in portionierter Form zu den einzelnen Futterplätzen geführt. Die bei der Schweinemastzüchtung anfallenden Ausscheidungen würden über gelochte Aluminiumbleche, auf denen die Schweine stehen, in einen darunter gelegenen Gülleraum gelangen. Dort verbleibe die Gülle ca. 1 Woche und werde anschließend durch Öffnung eines Schubers über ein Rohrleitungssystem in einen unterirdischen Vorbehälter mit ca. 6 m Durchmesser eingeleitet und anschließend mittels einer Schnecke, wobei vorhandene Feststoffe abgesondert werden, in einen oben offenen Güllebehälter aus Stahlblech mit ca. 15,50 m gepumpt. Die Gülle werde im Behälter mittels einer Spülpumpe mit Belüftungsaggregat belüftet und in Bewegung gehalten. Auf Grund der geschilderten maschinellen Ausstattung liege nicht nur eine bauliche Anlage, sondern auch eine Anlage im Sinne des § 61 der Bauordnung für Wien vor. Daß diese Anlage nicht geeignet sei, eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen, sei durch den Vertreter des Bezirksgesundheitsamtes für den 22. Bezirk festgestellt worden. Bei Beurteilung der Frage, ob die Anlage geeignet sei, die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise unter Berücksichtigung der Bestimmungen der für das entsprechende Widmungsgebiet zulässigen Nutzung zu belästigen, sei zu berücksichtigen, daß das Grundstück zwar als „Grünland - ländliches Gebiet“ gewidmet sei, es sich hiebei jedoch trotzdem um städtisches Gebiet handle. Nach Ansicht der Bauoberbehörde für Wien sei § 6 Abs. 15 BO so auszulegen, daß im Wiener Raum im „ländlichen Gebiet“ landwirtschaftliche Betriebe, die etwa dem Gemüseanbau, dem Weinbau oder der Meierei dienten, durchaus zulässig seien, da diese Art von landwirtschaftlicher Nutzung auch für den Wiener Raum typisch sei. Keinesfalls typisch für die landwirtschaftliche Nutzung im Wiener Raum sei jedoch der Betrieb von Schweinemastanlagen in einer Größenordnung wie der vorliegenden. Das örtlich zumutbare Ausmaß an Geruchsbelästigungen werde daher in Wien auch im ländlichen Gebiet durch intensiven Stallgeruch überschritten. Der Vertreter des Bezirksgesundheitsamtes für den 22. Bezirk habe während der Verhandlung vom 11. Mai 1984 festgestellt, daß durch den in der P Siedlung festgestellten Stallgeruch die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise belästigt werde. Durch den Baubewilligungsbescheid vom 20. Juni 1981 sei gemäß § 70 BO die Betriebstype und die bauliche Anlage genehmigt. Nicht genehmigt sei jedoch der Betrieb der maschinellen Anlage. Es entspreche der bisherigen Verwaltungspraxis, daß dort, wo eine Anlage im Sinne des § 61 BO vorliege, eine gesonderte Bewilligung für den Betrieb dieser Anlage erteilt werde. So werde beispielsweise auch in einem Wohnhaus, für das einschließlich der maschinellen Waschküche eine Baubewilligung gemäß § 70 erteilt worden sei, der Betrieb der maschinellen Waschküche gesondert gemäß § 61 BO - erforderlichenfalls unter Vorschreibung der erforderlichen Auflagen - genehmigt. Da eine Bewilligung des Betriebes der Anlage gemäß § 61 BO nicht vorliege, sei der angefochtene Bescheidteil zu bestätigen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Zunächst ist festzuhalten, daß der Beschwerdeführer nur gegen den Punkt 2.) des Bescheides der Baubehörde erster Instanz vom 18. Mai 1984 berufen hat, sodaß dessen Punkt 1.) (Auftrag zur Beseitigung des Schachtbrunnens) nicht Gegenstand der Entscheidung durch die belangte Behörde war und sohin auch der Prüfung durch den Gerichtshof entzogen ist.

Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle ist daher die Frage, ob die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht unter Berufung auf § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien den Auftrag zur Beseitigung der ohne Bewilligung gemäß § 61 leg. cit. errichteten Schweinemastanlage erteilt hat.

Gemäß § 129 Abs. 10 der Bauordnung für Wien sind Abweichungen von den Bauvorschriften zu beheben und es ist der vorschriftswidrige Bau, für den eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt worden ist, zu beseitigen.

Zufolge § 61 leg. cit. bedürfen Anlagen, die geeignet sind, eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen oder die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise unter Berücksichtigung der Bestimmungen über die Flächenwidmung und der für das entsprechende Widmungsgebiet zulässigen Nutzungen (§ 6) zu belästigen, einer Bewilligung, sofern sie nicht nach bundesgesetzlichen oder nach anderen landesgesetzlichen Vorschriften zu bewilligen sind.

Zunächst muß nun auf die auch in der Beschwerde einleitend aufgeworfene Frage eingegangen werden, ob die in Rede stehende Schweinemastanlage als „Anlage“ im Sinne der eben zitierten Bestimmung anzusehen ist.

Im Gegensatz zu dem die Bewilligungspflicht von „Anlagen“ regelnden § 61 leg. cit. ist in dem die Bewilligungspflicht bestimmter „Bauführungen“ behandelnden § 60 dieses Gesetzes wiederholt von „baulichen Anlagen“ die Rede, weshalb von der Unterschiedlichkeit des Inhaltes dieser beiden Begriffe ausgegangen werden muß. Im Sinne der ständigen Judikatur des Gerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Juli 1956, Slg. N. F. Nr. 4125/A, und die darin zitierte Judikatur) ist unter einer baulichen Anlage jede Anlage zu verstehen, zw. deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine gewisse Verbindung gebracht und wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen Interessen zu berühren geeignet ist. Daraus folgt, daß eine Anlage, die keine „bauliche“ ist, und zu deren Errichtung zwar keine spezifisch bautechnischen Kenntnisse, aber doch bestimmte sonstige technische Kenntnisse erforderlich sind, nicht nach § 60 leg. cit. zu bewilligen ist, aber unter den dort umschriebenen Voraussetzungen einer Bewilligung nach § 61 dieses Gesetzes bedarf. Dem Beschwerdeführer ist daher beizupflichten, wenn er meint, daß eine bestimmte bauliche Anlage nicht zweier kumulativer Bewilligungen nach den §§ 60 und 61 der Bauordnung bedarf.

Entsprechend dem - bei der Darstellung der Begründung des angefochtenen Bescheides bereits teilweise wiedergegebenen - Wortlaut der anläßlich des Augenscheines vom 11. Mai 1984 aufgenommenen Niederschrift stellt sich der Betrieb der Schweinemastanlage des Beschwerdeführers, wie folgt, dar:

„Bei der gegenständlichen Anlage handelt es sich um einen Massentierhaltungsbetrieb, in dem dzt. ca. 800 Mastplätze vorhanden sind. Die Schweinemastanlage wird als vollautomatische Anlage wie folgt betrieben:

Über zwei Molketanks, einen Futtermittelsilo mit 8 Zellen für verschiedene Futtermittel sowie einen Wassertank wird über eine automatische elektronische Anlage das den Schweinen zuzuführende Futter gemischt und über Rohrleitungen den einzelnen Futterplätzen in portionierter Form in den Ställen zugeführt.

Das Stallgebäude enthält 8 gegeneinander durch Mauern abgegrenzte Abteile, die über einen Verbindungsgang mittels Türen zugänglich sind. In jedem dieser Abteile befinden sich 12 Buchten, die von einem mittleren Revisionsgang aus beobachtet werden können.

Die bei der Schweinemastzüchtung anfallenden Ausscheidungen gelangen über gelochte Aluminiumbleche, auf denen die Schweine stehen, in einen darunter gelegenen Gülleraum. Die Gülle verbleibt dort ca. 1 Woche und wird anschließend durch Öffnung eines Schubers über ein Rohrleitungssystem in einen unterirdischen Vorbehälter mit ca. 6,00 m Durchmesser eingeleitet und anschließend mittels einer Schnecke, wobei vorhandene Feststoffe abgesondert werden, in einen oben offenen Güllebehälter aus Stahlblech mit ca. 15,50 m Durchmesser gepumpt.

Die Gülle in dem Behälter wird in Intervallen mittels einer Spülpumpe mit Belüftungsaggregat belüftet und in Bewegung gehalten. Die Gülle aus dem Güllebehälter wird auch zum Spülen des Gülleraumes im Schweinestall nach Entleerung des Gülleraumes verwendet.

Nach Aussage des „ ..... (Beschwerdeführers)“ wurde die Gülle bis vor kurzem vom Landwirtschaftsbetrieb der Gemeinde Wien zu Düngezwecken abgenommen. In letzter Zeit wird die Gülle an ortsansässige Bauernbetriebe abgegeben. Der Güllebehälter ist in seinem Volumen derart ausgelegt, daß ein drei- bis viermonatiger Anfall bevorratet werden kann. Die getrennten Feststoffe werden auf einem Zwischenlagerplatz neben dem Güllebehälter zwischengelagert und ebenfalls an örtliche Bauernbetriebe zur Düngung abgegeben.

Das Stallgebäude enthält außer den 8 Abteilen für die Schweinemast einen Raum, in dem die 4 Behälter untergebracht sind, einen Lagerraum, einen Raum, in dem die Steuerung für die Futtermischung untergebracht ist, einen Raum, der als Krankenstation eingerichtet ist, einen Schlachtraum, ein Büro, sowie einen Abort und eine Dusche mit Vorraum.

Die Be- und Entlüftung der 8 Abteile erfolgt mittels über Dach geführte Ab- bzw. Zuluftventilatoren. Diese Ventilatoren sind für die Erhaltung des Stallklimas unbedingt erforderlich.

Nach Beendigung einer Mastperiode (ca. 4 Monate) werden die Schweine aus den einzelnen Abteilen über den Verbindungsgang, nachdem sie gewogen werden, niveaugleich über eine Verladerampe auf LKW verladen.“

Die belangte Behörde hat, wie schon erwähnt, nach einer teilweisen Wiedergabe dieser Feststellungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Auffassung vertreten, daß „auf Grund der geschilderten maschinellen Ausstattung nicht nur eine bauliche Anlage, sondern auch eine Anlage im Sinne des § 61 der BO für Wien vorliegt“. Sofern die belangte Behörde damit gemeint haben sollte, daß die beschriebene Schweinemastanlage in bezug auf ihre maschinelle Ausstattung als Anlage im Sinne des § 61 der Bauordnung anzusehen ist - dafür spricht auch, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich auf das Fehlen einer Genehmigung hinsichtlich des Betriebes der maschinellen Anlage hingewiesen hat -, kann ihr der Gerichtshof im Lichte der vorangegangenen grundsätzlichen Erwägungen nicht entgegentreten, zumal diese Auffassung mit jenen Erwägungen übereinstimmt, denenzufolge der Gerichtshof in dem zu § 109 Abs. 2 der Bauordnung für Wien in der Fassung vor der Novelle 1976 (also jener Bestimmung, welcher der zitierte § 61 der Bauordnung für Wien nachgebildet worden ist) ergangenen Erkenntnis vom 28. Oktober 1968, Slg. N. F. Nr. 7433/A, der Ansicht war, daß etwa eine Klimaanlage, mit deren Betrieb eine Belästigung der Bewohner der Umgebung verbunden ist, einer Bewilligung nach dieser Bestimmung bedarf. Allerdings gebietet der Wortlaut des § 61 der Bauordnung eine Bedachtnahme darauf, daß eine Anlage, im Beschwerdefall also die maschinelle Ausstattung einer Schweinemastanlage, nur insoweit einer Bewilligung nach dieser Bestimmung bedarf, als sie u. a. geeignet ist, „die Nachbarschaft in einer das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Weise ... zu belästigen“. Daraus folgt, daß eine Anlage nur hinsichtlich jener Teile dieser Norm unterliegt, deren Betrieb die umschriebenen Immissionen zu verursachen vermögen. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich aber die Frage, welcher Teil der gesamten geschilderten Schweinemastanlage des Beschwerdeführers von dem durch die belangte Behörde erlassenen Beseitigungsauftrag umfaßt ist, zumal die belangte Behörde entsprechend der Begründung des angefochtenen Bescheides offensichtlich davon ausgegangen ist, daß im Beschwerdefall der festgestellte Stallgeruch jene Belästigung darstellt, welche durch § 61 der Bauordnung innerhalb der dort festgelegten Grenzen hintangehalten werden soll. Der von der belangten Behörde entsprechend dem von ihr übernommenen Spruch des erstinstanzlichen Bescheides erteilte Auftrag, „die ohne Bewilligung gemäß § 61 BO errichtete Schweinemastanlage ist beseitigen zu lassen“, läßt daher nicht einmal annähernd erkennen, welcher Teil der Schweinemastanlage des Beschwerdeführers zu beseitigen ist. Wenngleich die ausdrückliche Bezugnahme auf § 61 der Bauordnung ausschließt, daß sich der Beseitigungsauftrag auch auf jenen Teil des gesamten Bauvorhabens bezieht, welcher als Gebäude oder bauliche Anlage im Sinne des § 60 leg. cit. anzusehen ist, ist der gewählten Formulierung des Spruches des angefochtenen Bescheides angesichts der gerade im Beschwerdefall wegen der aufgezeigten baurechtlich notwendigen Trennung der einzelnen Teile des gesamten Bauvorhabens nicht zu entnehmen, welche Teile desselben von der belangten Behörde als jene angesehen werden, die im Lichte der vorstehenden Interpretation des § 61 der Bauordnung einer Bewilligung bedurft hätten und nunmehr beseitigt werden sollen.

Im übrigen geht der Gerichtshof davon aus, daß es für die Bewilligungspflicht der Anlage nach § 61 der Bauordnung nur darauf ankommt, daß diese Anlage, worunter bei sinnvoller Interpretation nur deren Betrieb verstanden werden kann, geeignet ist, die umschriebene Belästigung der Nachbarschaft herbeizuführen oder mitherbeizuführen. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß die belangte Behörde im Rahmen des baupolizeilichen Auftragsverfahrens nicht zu prüfen hatte, ob für die Schweinemastanlage eine nachträgliche Bewilligung gemäß § 61 der Bauordnung erteilt werden kann, weil diese Frage weder den Entscheidungsgegenstand noch eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG 1950 bildete (vgl. dazu u. a. das hg. Erkenntnis vom 28. April 1975, Slg. N. F. Nr. 8817/A). Die belangte Behörde hatte daher in diesem Verfahren nicht zu untersuchen, ob die Anlage des Beschwerdeführers tatsächlich eine dem § 61 der Bauordnung zu unterstellende Immission verursacht.

Schließlich ist noch festzuhalten, daß der schon während des Verwaltungsverfahrens vertretenen Auffassung des Beschwerdeführers, die mit den Bescheiden der Baubehörde erster Instanz vom 26. März 1980 und 20. Juni 1981 erteilten Bewilligungen umfaßten auch eine solche nach § 61 der Bauordnung für Wien, nicht beigepflichtet werden kann, weil sich sowohl der Bescheid vom 26. März 1980 als auch der eine Planänderung bewilligende Bescheid vom 20. Juni 1981 nur auf die Bewilligung der baulichen Anlage, aber nicht auch auf die entsprechend den vorstehenden Erwägungen dem § 61 der Bauordnung unterliegenden Teile des Vorhabens bezogen haben. Ganz abgesehen davon wurde über die gegen diese Bescheide eingebrachten Berufungen eines Nachbarn entsprechend den Ausführungen in der Gegenschrift bisher noch nicht entschieden, so daß diese Bewilligungen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtskräftig waren.

Die aufgezeigte, auch vom Beschwerdeführer relevierte Unbestimmtheit des im Gegenstande erteilten Beseitigungsauftrages belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er im Umfange der Anfechtung gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Aus prozeßökonomischen Gründen weist der Gerichtshof abschließend noch darauf hin, daß der in der Begründung des angefochtenen Bescheides vertretenen Auffassung der belangten Behörde, wonach für die landwirtschaftliche Nutzung im Wiener Raum der Betrieb von Schweinemastanlagen in einer Größenordnung wie der vorliegenden keinesfalls typisch ist, keine rechtliche Bedeutung zukommt. Abgesehen davon, daß ländliche Gebiete zufolge § 6 Abs. 1 der Bauordnung für Wien - ohne Beschränkung auf eine bestimmte Art oder ein bestimmtes Ausmaß - für land- und forstwirtschaftliche oder berufsgärtnerische Nutzung bestimmt sind, läßt sich aus § 6 Abs. 15 leg. cit. ableiten, daß die unbedingte Erforderlichkeit baulicher Anlagen nicht davon abhängt, ob eine bestimmte Form landwirtschaftlicher Nutzung für den Wiener Raum typisch ist. Vielmehr richtet sich diese unbedingte Erforderlichkeit nach der jeweiligen Nutzung.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 59 Abs. 3 dritter Satz leg. cit. in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 14. Mai 1985

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