VwGH 83/07/0180

VwGH83/07/018026.2.1985

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hinterwirth, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesforste, vertreten durch ein Vorstandsmitglied in Wien III, Marxergasse 2, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 20. Mai 1983, Zl. LAS-165/8-1983, betreffend Elementarholzbezug (mitbeteiligte Partei: TL in X), zu Recht erkannt:

Normen

WWSGG §8 Abs1;
WWSLG Slbg 1955 §41;
WWSLG Slbg 1955 §8 Abs2;
WWSGG §8 Abs1;
WWSLG Slbg 1955 §41;
WWSLG Slbg 1955 §8 Abs2;

 

Spruch:

Der Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als die Vorzeige des Holzes innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des angefochtenen Bescheides angeordnet wurde.

Der Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof mitbeteiligten Partei steht als derzeitiger Eigentümerin des Ggutes in X nach dem Ablösungs-Erkenntnis Nr. 523/a vom 7. Juni 1866 (in Verbindung mit dem nur das Wirtschaftsgebäude betreffenden Nachtrag vom 6. September 1954, Zl. IV/b-714/2-1954) ein Anspruch auf Elementarholzbezug für die eingeforsteten Baulichkeiten zu. Am 11. September 1974 wurde das alte Wohngebäude des G-gutes durch Brand völlig zerstört. Mit Bescheid vom 7. Mai 1982 wies das Amt der Salzburger Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz gemäß den §§ 41 und 43 des Salzburger Wald- und Weideservitutengesetzes 1955, LGBl. Nr. 65/1955, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 9. Februar 1977, LGBl. Nr. 38 (WWSG), den Antrag der Mitbeteiligten auf Ausfolgung von Elementarholz durch die verpflichtete beschwerdeführende Partei im wesentlichen mit der Begründung ab, auf der berechtigten Liegenschaft sei bereits 1973 ein neues Wohnhaus errichtet worden, das an die Stelle des alten Wohnhauses, dessen Funktion es übernommen habe, getreten sei, so daß das abgebrannte Gebäude im Zeitpunkt der Zerstörung nicht mehr als eingeforstetes Objekt im Sinne der Regulierungsurkunde habe gelten können. Der Berufung der Mitbeteiligten gab sodann der Landesagrarsenat beim Amte der Salzburger Landesregierung mit Erkenntnis vom 20. Mai 1983 gemäß § 1 AgrVG 1950 und § 66 Abs. 4 AVG 1950 Folge, hob den erstinstanzlichen Bescheid auf und entschied gemäß § 41 WWSG in Verbindung mit Punkt IX. des schon zitierten Ablösungserkenntnisses wie folgt:

1) Die Österr. Bundesforste - d.i. die beschwerdeführende Partei - sind verpflichtet, an die Eigentümerin des G-gutes in X, Frau TL, - d.i. die Mitbeteiligte - zum Wiederaufbau des am 11. 9. 1974 abgebrannten Wohngebäudes 183,85 fm Rundholz am Stock abzugeben. Die Vorzeige des Holzes hat innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu erfolgen.

2) Festgestellt wird:

Mit Rechtskraft dieses Erkenntnisses tritt anstelle des abgebrannten Wohnhauses, das neu errichtete Wohnhaus, mit 1. Stock, ganz gemauert, Hartdach, und einer verbauten Grundfläche von 14 x 12 = 168 m2.

Die Elementarholzhöchstmenge hiefür beträgt 221,45 fm Rundholz.

In einem künftigen Elementarfall beträgt der Holzanspruch 70,37 fm Rundholz, wobei zusätzlich für Beschädigungen des Hartdaches eine Entschädigung in Geld oder Holz bis 22,32 fm Rundholz und für Beschädigungen der Tramdecken und der Mauerung eine solche bis 128,76 fm Rundholz gebührt.

In der Begründung wurde unter Hinweis auf die §§ 41 und 42 WWSG sowie Punkt IX. des Ablösungserkenntnisses zunächst ausgeführt, die von der beschwerdeführenden Partei ausdrücklich als richtig anerkannten Ermittlungen der Agrarbehörde erster Instanz hätten ergeben, daß die Mitbeteiligte an dem Brand vom 11. September 1974 ein Verschulden nicht treffe, das abgebrannte Wohngebäude ausreichend versichert gewesen und der Antrag auf Ausfolgung von Elementarholz rechtzeitig gestellt, ferner das durch den Brand zerstörte Objekt nicht vor der Antragstellung wiederhergestellt worden sei. Zu dem von der Agrarbehörde erster Instanz angenommenen Grund für die Anspruchsverweigerung bemerkte die Rechtsmittelbehörde folgendes:

Mit dem mehrfach erwähnten Ablösungserkenntnis seien die Holz- und Streubezugsrechte von 48 Realitäten, darunter auch jene des Ggutes, in Grund und Boden abgelöst worden. Unter Punkt IX. dieser Urkunde sei den Eigentümern der abgelösten Liegenschaften ein Elementarholzrecht für die "vormals eingeforsteten Baulichkeiten" unter den in der Urkunde angeführten Bedingungen eingeräumt worden. Es bestehe daher ein Elementarholzbezugsrecht eindeutig zugunsten ganz bestimmter Objekte. Das am 11. September 1974 abgebrannte Wohngebäude sei unbestrittenermaßen eines von ihnen. Es stehe ferner fest, daß eine förmliche Übertragung des Elementarholzrechtes vom alten auf das neue Wohngebäude bisher nicht erfolgt sei. Der Bauplan für das neu zu errichtende Wohngebäude spreche keineswegs gegen die Aussage der Berechtigten, das neu zu errichtende Haus wieder zum Mittelpunkt des landwirtschaftlichen Betriebes des G-gutes machen zu wollen. Durch Bau und Bezug des neuen (1973 errichteten) Wohngebäudes sei nicht automatisch das Elementarholzrecht auf dieses übergegangen; hiefür hätte es eines Rechtsaktes in Form eines Parteienübereinkommens oder einer Ergänzungsregulierung bedurft. Der Zuspruch von Elementarholz für die bauordnungsmäßige Wiederherstellung des bezeichneten Wohngebäudes sei daher von seiten der Agrarbehörde erster Instanz zu Unrecht abgelehnt worden.

Dieses Erkenntnis wird mit der vorliegenden Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bekämpft; die beschwerdeführende Partei erachtet sich dabei "durch die rechtlich unrichtige Anwendung des § 41" WWSG, wie das ganze Beschwerdevorbringen zeigt, des Näheren insofern in ihren Rechten verletzt, als sie durch das angefochtene Erkenntnis überhaupt oder doch vor erfolgtem Neubau des Ersatzobjektes zur Elementarholzabgabe gegenüber der Mitbeteiligten verpflichtet wurde.

Einforstungsrechte, so führt die beschwerdeführende Partei aus, könnten nur eine Liegenschaft als solche und nicht ein bestimmtes Einzelobjekt betreffen. Die Identität von Baulichkeiten ergebe sich ausschließlich aus ihrer wirtschaftlichen Funktion für die eingeforstete Liegenschaft. Zu Recht habe daher die Agrarbehörde erster Instanz die gänzliche Übernahme der wirtschaftlichen Aufgaben des alten Wohnhauses durch das von der Liegenschaftseigentümerin seit 1973 bewohnte neue Objekt angenommen. Die Aussage der Berechtigten, ein weiteres Wohnhaus bauen zu wollen, stelle hingegen mangels Baubeginnes oder auch nur eines Antrages auf Baubewilligung lediglich eine im Zusammenhang unbeachtliche Absichtserklärung dar. Die belangte Behörde hätte daher nicht zu Spruchpunkt 2) des Erkenntnisses kommen dürfen. Auch Spruchpunkt 1) sei gesetzwidrig, und zwar deshalb, weil eine Leistung für ein Gebäude, das es noch nicht gebe, sondern das die Berechtigte lediglich angeblich plane, vorgesehen werde. Rechtlich ungeklärt bleibe, zu welchem Zeitpunkt bei einem Schadensfall das Elementarholz abzugeben sei und durch welchen Rechtsakt die Elementarholzberechtigung auf ein Ersatzobjekt übergehe, wenn ein Parteienübereinkommen nicht vorliege.

Von seiten der belangten Behörde sowie der mitbeteiligten Partei wurden Gegenschriften nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist der belangten Behörde darin beizupflichten, daß sie, anders als die Agrarbehörde erster Instanz, der Vorschrift des § 41 Abs. 2 Z. 1 WWSG entsprechend, unter Bedachtnahme auf den maßgebenden Urkundeninhalt davon ausgegangen ist, daß der Anspruch auf Elementarholzbezug im Beschwerdefall zugunsten ganz bestimmter, nämlich der "vormals eingeforsteten Baulichkeiten" (Punkt IX. des Ablösungserkenntnisses) besteht, und daher nach Errichtung eines zusätzlichen Bauwerkes vor dem Brand weder von selbst noch durch bloßen Willensentschluß der Berechtigten rechtswirksam dieses an die Stelle eines bisher in das Nutzungsrecht einbezogenen Objektes treten konnte. Es ist unzutreffend, wenn die beschwerdeführende Partei im Zusammenhang eine Berechtigung einzelner Bauwerke im Hinblick auf jene der Liegenschaft selbst grundsätzlich in Abrede stellt, da das Gesetz wiederholt auch von "eingeforsteten Objekten" (§ 2 Abs. 5, 13 Abs. 1, § 41 Abs. 9 WWSG) oder "eingeforsteten Baulichkeiten" (§ 2 Abs. 7 WWSG) spricht und damit zum Ausdruck bringt, daß die mit einer bestimmten Liegenschaft (Gut, Grundstück) verknüpfte Berechtigung durch einzelne Objekte, auf die sich diese bezieht, konkretisiert sein kann. Die Übertragung der in dem Bezug des Nutzungsrechtes auf ein derart bestimmtes Einzelobjekt liegenden Begünstigung auf ein anderes Objekt stellt eine Veränderung dieses Nutzungsrechtes und damit der Bestimmungen der vorhandenen Regulierungsurkunde dar, die mangels eines - seinerseits genehmigungsbedürftigen - Parteienübereinkommens (§ 5 Abs. 2 WWSG), nur im Weg einer Ergänzungsregulierung (§ 8 WWSG) vorgenommen werden kann. Der Verwaltungsgerichtshof ist nicht der Ansicht der beschwerdeführenden Partei, daß eine solche nur (Fall 1) bei Mangel- oder Lückenhaftigkeit der Regulierungsurkunde stattfinden dürfte. Die Ergänzungsregulierung bezweckt gemäß § 8 Abs. 2 WWSG in grundsatzgesetzkonformer Auslegung (vgl. § 8 Abs. 1 des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103) vielmehr eine Ergänzung oder auch Änderung der Bestimmungen der Regulierungsurkunde gleichermaßen dann, wenn (Fall 2) die "seit der Regulierung eingetretenen Veränderungen in den Verhältnissen eine solche Ergänzung oder Änderung nach den Bedürfnissen des berechtigten oder verpflichteten Gutes zur Erzielung ihrer vollen wirtschaftlichen Ausnutzung erfordern".

Da der Brand vom 11. September 1974 im Beschwerdefall somit ein eingeforstetes Gebäude betraf, konnte die Berechtigte unter den durch das Gesetz (§ 41 WWSG) und die Regulierungsurkunde (Punkt IX.) statuierten Voraussetzungen, die unbestrittenermaßen vorliegen, den gebührenden Holzbezug für sich in Anspruch nehmen. Der beschwerdeführenden Partei ist indessen zuzustimmen, daß sie nicht verpflichtet werden durfte, ohne Bedachtnahme auf den Stand der Realisierung des in Aussicht genommenen Ersatzbaues bereits "innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung" des angefochtenen Erkenntnisses das gebührende Holz vorzuzeigen und damit die Berechtigte in die Lage zu versetzen, das derzeit zu einem Neubau noch nicht benötigte Holz (am Stock - vgl. § 41 Abs. 7 WWSG) sofort zu beziehen. Nach Punkt IX. der bezeichneten Urkunde erfolgt die Abgabe "zur bauordnungsmäßigen Wiederherstellung", und das Holz muß "zu der Baustelle bringbar" sein; es ist gemäß § 41 Abs. 7 WWSG "tunlichst in der Nähe des Baues" anzuweisen. Die Lieferung steht also in engem Bezug zur tatsächlichen Wiederherstellung - womit § 41 Abs. 8 WWSG übereinstimmt, in dem von dem "zur Verbauung gelangenden" Holz die Rede ist - und repräsentiert nicht lediglich den in Baumaterial berechneten Wert zur Abgeltung des entstandenen Schadens. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der beschwerdeführenden Partei, daß die von ihr zu erbringende Leistung vor Erteilung der Baubewilligung für das vom Berechtigten geplante und von den Agrarbehörden in bezug auf das Nutzungsrecht als Ersatzobjekt anzuerkennende Bauwerk nicht fällig wird. Die Formulierung in Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides erweist sich deshalb als mit der Rechtslage nicht in Einklang stehend. Die Verpflichtung hätte lediglich dem Grund und der Höhe nach ausgesprochen werden dürfen, die Fälligkeit der von der Vorzeige abhängigen Holzabgabe wäre hingegen richtigerweise derart zu bestimmen gewesen, daß hiefür dem Verpflichteten eine frühestens ab Bekanntgabe der Wirksamkeit der erteilten Baubewilligung durch den Berechtigten laufende, von der Agrarbehörde (auch jahreszeitlich) für angemessen erachtete Frist zur Vorzeige vorgeschrieben wird. Ebensowenig hält die in Spruchpunkt 2) des angefochtenen Erkenntnisses von der belangten Behörde getroffene Feststellung der rechtlichen Überprüfung stand. Die Bestimmung des eingeforsteten Objektes und die Festlegung der bei einem allfälligen künftigen Elementarereignis gebührenden Höchstmenge an Holz konnte rechtens nicht vor der tatsächlichen Wiedererrichtung der Baulichkeit und nicht in Unkenntnis insbesondere dessen, ob es einen in der vorgesehenen Weise hergestellten Neubau - der zudem in mißverständlicher Weise als "das neu errichtete Wohnhaus", statt als "das neu zu errichtende Wohnhaus" bezeichnet wird - überhaupt geben werde, erfolgen. Die in Spruchpunkt 1) auferlegte Verpflichtung zur Elementarholzabgabe dem Grunde und der Höhe nach - in der zuletzt genannten Hinsicht von der beschwerdeführenden Partei nicht, in der vorher bezeichneten Hinsicht nur mit dem schon widerlegten Einwand bekämpft - war hingegen von der Aufhebung unberührt zu belassen.

Insoweit war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, im übrigen aber der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Aufwandersatz wurde von Seiten der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht beansprucht.

Wien, am 26. Februar 1985

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