Normen
FischereiG Tir 1952 §11;
FischereiG Tir 1952 §2;
FischereiG Tir 1952 §4;
FischereiG Tir 1952 §9;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.610,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Unbestritten ist, daß die beschwerdeführende Agrargemeinschaft Eigentümerin des P-Sees ist. Dieses Gewässer gehört derzeit offenbar zum Fischerei-Eigenrevier Nr. nn der mitbeteiligten Gemeinde.
Am 5. April 1982 richtete der Obmann der Beschwerdeführerin folgendes Schreiben an die mitbeteiligte Gemeinde:
"Laut ortsüblicher Kundmachung vom 4.4.82 wird die Fischerei im Gemeindegebiet I neu verpachtet.
Als Obmann der Agrargemeinschaft P darf ich darauf hinweisen, daß der P-See innerhalb des Privatgrundes der Agrargemeinschaft P liegt, somit ein Privatgewässer ist und von der Gemeinde nicht verpachtet werden kann, wie dies die vergangene Pachtperiode der Fall war."
Dazu teilte die Gemeinde der Beschwerdeführerin mit Anwortschreiben vom 26. April 1982 mit,
"daß der äußere P-See als Privatgewässer von der Verpachtung der Fischerei I ausgeschlossen wurde und der Agrargemeinschaft P zur Verfügung steht."
Am 1. August 1982 stellte dann die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde unter Hinweis auf diesen Briefwechsel den Antrag, "den sogenannten P-See von dem Fischereigewässer der Gemeinde I zu trennen", weil dieser See innerhalb des privaten Besitzes der Agrargemeinschaft liege und ein "sehr schönes, sehr geeignetes Fischereiwasser" darstelle.
Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 7. September 1983 nach Anhörung des Fischereirevierausschusses, des Institutes für Fischforschung und des Landesfischereiinspektors dem Antrag der Beschwerdeführerin "nach § 11 Abs. 2 Fischereigesetz 1952, LGBl. Nr. 15, in Verbindung mit § 9 Abs. 2 leg. cit. auf Unterteilung bzw. Abtrennung des 'Außeren P-Sees' vom Fischereirevier Nr. nn" nicht statt. Diese Entscheidung begründete die belangte Behörde im wesentlichen damit, daß der Außere P-See wegen seiner zu geringen Wasserfläche, wegen des ungenügenden Nahrungsangebotes sowie deshalb, weil er im Winter zum größten Teil zufriere, für sich allein weder die nachhaltige Hege eines der Beschaffenheit des Gewässers angemessenen Fischbestandes noch eine ordentliche Bewirtschaftung zulasse. Auch die Tatsache, daß der fischereiwirtschaftliche Zusammenhang mit dem übrigen Revier Nr. nn - wenn auch nur eingeschränkt - gegeben sei, spreche gegen die Abtrennung des Sees von diesem Revier.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat sich in der von ihr erstatteten Gegenschrift dem Standpunkt der belangten Behörde angeschlossen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 2 Abs. 1 des im Beschwerdefall maßgebenden Tiroler Fischereigesetzes, LGBl. Nr. 15/1952 (FiG 1952), ist das Fischereirecht an einem nicht im Eigentum des Fischereiberechtigten stehenden Gewässers als Grunddienstbarkeit zu behandeln, wenn es mit dem Eigentum einer Liegenschaft verbunden ist, sonst als unregelmäßige, allenfalls veräußerlich und vererbliche Dienstbarkeit. Von dem Beginn der Wirksamkeit dieses Gesetzes - maßgebender Stichtag ist der 20. Mai 1925 (§ 76 des Fischereigesetzes vom 3. März 1925, LGBl. Nr. 25, welches als FiG 1952 unter LGBl. Nr. 15/1952 wiederverlautbart worden ist) - kann es in Gemeinden, für die das Grundbuch eröffnet ist, nur durch Eintragung in das Grundbuch erworben und übertragen werden.
§ 2 Abs. 2 FiG 1952 sieht zur Entscheidung von Streitigkeiten über den Erwerb und Besitz von Fischereirechten die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte vor; die Zuweisung von Fischereigewässern und Gestattung der Zerlegung von Fischereirechten auf Grund und im Sinn der §§ 4, 5 und 7 dieses Gesetzes steht den Verwaltungsbehörden zu. Nach § 4 Abs. 2 FiG 1952 steht das Recht der Fischerei in jenen Wasserstrecken oder Wasserflächen, in welchen bisher der freie Fischfang ausgeübt werden durfte - diese auf § 382 ABGB beruhende Befugnis ist aufgehoben - künftighin zu:
1.) in künstlichen Wasseransammlungen oder Gerinnen den Eigentümern dieser Anlagen; 2.) in natürlichen Gewässern dem Land, welches die Hälfte des Reingewinnes aus der Fischerei an jene Gemeinden abzuführen hat, in deren Gebiet das betreffende Fischwasser liegt.
Ob am Außeren P-See der freie Fischfang ausgeübt worden ist, ist auf Grund der bisherigen Ermittlungen ungeklärt geblieben (zur früheren Rechtslage in Tirol vgl. die Ausführungen bei Marchet im Österreichischen Staatswörterbuch, zweiter Band, zweite Auflage, Wien 1906, Seite 106, erste Spalte). Für das Schicksal des vorliegenden Antrages ist es zunächst von entscheidender Bedeutung, ob und seit wann die Beschwerdeführerin im Besitz des Fischereirechtes am P-Sees ist.
Nach § 9 Abs. 1 FiG 1952 hat die Landesregierung die Gewässer nach Anhörung der Fischereiberechtigten in Fischereireviere (Eigen- und Pachtreviere) einzuteilen. Nach § 9 Abs. 2 FiG 1952 soll jedes Revier eine ununterbrochene Wasserstrecke oder Wasserfläche samt den etwaigen Altwässern und Ausständen umfassen, welche die nachhaltige Hege eines der Beschaffenheit des Gewässers angemessenen Fischbestandes und eine ordentliche Bewirtschaftung des Reviers überhaupt zuläßt. Gemäß § 9 Abs. 3 FiG 1952 hat die Revierbildung für jene Gewässer zu unterbleiben, welche nach ihrer ständigen Beschaffenheit für keinen Zweig der Fischerei von Belang sind. Wenn sich herausstellt, laß die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 schon ursprünglich nicht gegeben waren oder nachträglich entfallen sind, dann kann die Landesregierung gemäß § 9 Abs. 4 FiG 1952 die getroffenen Verfügungen außer Kraft setzen, wenn wichtige fischereiwirtschaftliche Rücksichten es erfordern.
Mit dem Begriff des "Eigenreviers" befaßt sich § 11 FiG 1952, nach dessen Abs. 1 fließende und stehende Gewässer, hinsichtlich deren nur ein Fischereirecht besteht - mag dasselben im Besitz einer oder ungeteilt mehrerer Personen sich befinden - und welche zugleich den Erfordernissen des zweiten Absatzes des § 9 entsprechen, auf die Dauer dieses Verhältnisses über Anspruch des Fischereiberechtigten als ein solches Eigenrevier anzuerkennen sind, dessen Betrieb den Berechtigten unter Beobachtung der allgemeinen gesetzlichen Vorschriften und der besonderen Vorschriften der nachfolgenden §§ 12 und 13 anheimsteht. Nach § 11 Abs. 2 FiG 1952 kann der Fischereiberechtigte, ist ein Gewässer hiezu geeignet, auch dessen Unterteilung in mehrere Eigenreviere beanspruchen.
Die belangte Behörde hat den von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall gestellten, auf keine bestimmte Gesetzesstelle gestützten Antrag als einen solchen nach § 11 Abs. 2 FiG 1952 behandelt und damit offenbar die für einen Antrag nach dieser Gesetzesstelle erforderliche Fischereiberechtigung der Beschwerdeführerin als gegeben angenommen. Sie hat dabei die Antragsberechtigung, wie es scheint, auf das unbestrittene Grundeigentum der Beschwerdeführerin gestützt. Dies gibt aber bei der oben dargestellten Rechtslage noch nicht Aufschluß darüber, wem das Recht, in diesem Gewässer zu fischen, zusteht. Auf der anderen Seite legt der Inhalt der vorgelegten Akten die Vermutung nahe, daß sich das für die Bildung des Eigenreviers Nr. nn gemäß § 11 Abs. 1 FiG 1952 erforderliche "eine" Fischereirecht im Besitz der mitbeteiligten Gemeinde befindet, was einer Gründung des Antrages der Beschwerdeführerin auf § 11 Abs. 2 FiG 1952 im Wege stehen würde.
Die Behörde hat aber auch unaufgeklärt gelassen, ob die Beschwerdeführerin schon beim Verfahren betreffend die ursprüngliche Reviereinteilung als Partei behandelt worden ist, bzw. ob sich seit einer möglicherweise auch der Beschwerdeführerin gegenüber in Rechtskraft erwachsenen behördlichen Reviereinteilung die Verhältnisse hinsichtlich dieser Fischereirechte so geändert haben, daß der strittige Antrag allenfalls als solcher auf eine erforderliche Neueinteilung der zum Eigenrevier Nr. nn gehörenden Fischwässer einer Erledigung zuzuführen wäre (vgl. § 9 Abs. 4 FiG 1952).
Sollte sich auf Grund der hiezu noch erforderlichen ergänzenden Sachverhaltsermittlungen die Antragsberechtigung der Beschwerdeführerin, sei es nach § 11 Abs. 2 FiG 1952 oder aus anderen rechtlichen Erwägungen (etwa nach § 9 Abs. 4 FiG 1952, vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Mai 1956, Zl. 1364/55, oder aus dem Umstand, daß die Beschwerdeführerin im seinerzeitigen Reviereinteilungsverfahren als Partei übergangen wurde), als gegeben herausstellen, dann wäre die weitere, im angefochtenen Bescheid nur unzulänglich geprüfte Frage zu klären, ob der Außere P-See den gesetzlichen Voraussetzungen für seine Anerkennung als Fischereirevier im Sinne des § 9 Abs. 2 FiG 1952 entspricht. Die von der belangten Behörde hiezu durchgeführten Erhebungen erweisen sich nämlich, wie die Beschwerde mit Recht aufzeigt, als ungenügend. Weder der Stellungnahme des Fischereirevierausschusses noch jener des Institutes für Fischforschung sind über die Eignung des Außeren P-Sees als eigenes Fischereirevier brauchbare Hinweise zu entnehmen; die diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid stützen sich auf eine kurze Äußerung des Landesfischereiinspektors, die aber eine Beurteilung des Vorliegens der gesetzlichen Kriterien über die Bewirtschaftung oder Revierbildung noch nicht zuläßt, wobei auch die widersprüchlichen Angaben über die vom Außeren P-See eingenommene Grundfläche unaufgeklärt geblieben sind. Die belangte Behörde wird daher im fortzusetzenden Verfahren auch auf die hiezu in der Beschwerde vorgebrachten Behauptungen einzugehen haben.
Der für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt bedarf daher in wesentlichen Punkten der Ergänzung. Außerdem hat die belangte Behörde Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 und 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 24. Jänner 1984
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