VwGH 83/07/0028

VwGH83/07/002820.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberrat im Verwaltungsgerichtshof Dr. Feitzinger, über die Beschwerde des K und der GF, beide in M, beide vertreten durch Dr. Günther Kraus und Dr. Reinhold Lingner, Rechtsanwälte in Linz, Lederergasse 27, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Dezember 1982, Zl. Wa -

711/3-1982/Spe/Hz, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: J und FP, beide in M), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
VwRallg impl;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §38;
VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
VwRallg impl;
WRG 1959 §111;
WRG 1959 §38;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid vom 12. Jänner 1982 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems den beiden Mitbeteiligten "gemäß §§ 38, 98, 105, 111 und 112 WRG 1959, BGBl. Nr. 215, i.d.F.d. WR-Novelle 1969, BGBl. Nr. 207, nach Maßgabe der bei der mündlichen Verhandlung vorgelegenen und als solche gekennzeichneten Projektsunterlagen bzw. der in der mit folgenden Verhandlungsschrift enthaltenen Beschreibung die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Materialanschüttungen im Hochwasserabflußbereich des B-baches auf der Gp. 657/3, KG. und Gemeinde M", wenn bestimmte Bedingungen und Auflagen eingehalten würden. Punkt 1 dieser "Bedingungen und Auflagen", der im wesentlichen auf die Einwendungen der nunmehrigen Beschwerdeführer gegen die von den Mitbeteiligten vorgenommenen Materialanschüttungen zurückgeht, durch welche nach Auffassung der Beschwerdeführer deren auf der anderen Seite des Bbaches gelegenes Grundstück im Hochwasserfall bedeutend schwerer in Mitleidenschaft gezogen würde als vorher, hat folgenden Wortlaut:

"1. Wie im Befund der Verhandlungsschrift beschrieben, ist der B-bach auf wenigstens 42 m Länge, gemessen ab dem Einlauf in den Durchlaß der Bezirksstraße nach aufwärts, im Abflußvermögen zu ertüchtigen."

Den die wasserrechtliche Bewilligung betreffenden Teil des erstinstanzlichen Bescheides stützte die Bezirkshauptmannschaft in der Begründung "auf die bezogenen Gesetzesstellen, das Ergebnis der mündlichen Verhandlungen vom 2. 4. 1981 und 12. 11. 1981 und das Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen und die Erwägung, daß bei Einhaltung der vorgeschriebenen Bedingungen und Auflagen das öffentliche Interesse nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden".

In ihrer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machten die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, daß die vorgeschriebenen Sanierungsmaßnahmen nicht ausreichend seien und die Liegenschaft der Beschwerdeführer bei einem Hochwasser wie im Jahre 1959 durch die linksufrige Aufschüttung schwerstens betroffen würde. Durch die landschaftsverändernden Planierungsarbeiten der Mitbeteiligten auf einem Grundstück einer Frau K habe das Hochwasser eine enorme Fließgeschwindigkeit nach rechts. Die Beschwerdeführer verlangten deshalb eine Haftung für jeden durch ein Hochwasser herbeigeführten Schaden.

Die belangte Behörde hat mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid nach Einholung einer ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen, zu der sich auch die Beschwerdeführer geäußert haben, der Berufung der Beschwerdeführer nicht Folge gegeben. In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, daß sich das Berufungsverfahren in der Beurteilung der Frage erschöpfe, ob durch die Baumaßnahmen der Mitbeteiligten der Hochwasserabfluß des B-baches derart beeinflußt werde, daß Grundstücke der Beschwerdeführer über das bestehende Ausmaß hinaus beeinträchtigt würden. Eine Bejahung dieser Frage würde gemäß § 38 WRG 1959 die Realisierung des Projektes der Mitbeteiligten vereiteln. Den diesbezüglichen Ausführungen des Amtssachverständigen sei jedoch zu entnehmen, daß sich das Abfuhrvermögen des B-baches zu dem unterliegenden Straßendurchlaß hin auf Grund der vorgeschriebenen Sanierungsmaßnahmen (Sohleintiefung und Verbreiterung des Bachbettes) auf keinen Fall verschlechtere. Bei größeren Hochwässern, d.h. ab einer Wasserführung um 6 m3/sec, erschöpfe sich das Abfuhrvermögen des unterliegenden Straßendurchlasses und komme es zu einem Überrinnen des querenden Straßendammes, was aber auch schon bisher allein für den Rückstau und die Überflutungen im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer maßgeblich gewesen sei. Das Hochbauprojekt der Mitbeteiligten und die dazu gehörigen Nebenanlagen wirkten sich dann nur mehr in der Verminderung eines Überflutungsraumes von 500 bis 600 m3 aus, was belanglos sei, weil es sich dann nur mehr darum handle, ob der endgültige Hochwasserspiegel, je nach dem Hochwasserfall, um 5 bis 1/2 Minute früher erreicht werde. Es werde daher durch die teils geplanten, teils bereits durchgeführten Maßnahmen der Mitbeteiligten bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen weder der Hochwasserabfluß verringert noch der Hochwasseranstieg verstärkt, sodaß eine zusätzliche Beeinträchtigung der Liegenschaft der Beschwerdeführer auszuschließen sei. Diesen Ausführungen des Amtssachverständigen seien die Beschwerdeführer im Berufungsverfahren zum Teil mit eigenen sachverständig nicht untermauerten Behauptungen, zum anderen Teil mit Einwänden entgegengetreten, die sich nicht auf das gegenständliche Verfahren bezögen. Da die Ausführungen der Beschwerdeführer das schlüssige und widerspruchsfreie Gutachten des Amtssachverständigen in keiner Weise zu entkräften vermocht hätten, komme diesem voller Beweiswert zu. Es stehe daher fest, daß durch die bewilligten Anschüttungen keine zusätzlichen Beeinträchtigungen der Grundstücke der Beschwerdeführer zu erwarten seien, weshalb die erstinstanzliche wasserrechtliche Bewilligung vollinhaltlich zu bestätigen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, "wegen Rechtswidrigkeit" erhobene Beschwerde. Darin führen die Beschwerdeführer aus, die belangte Behörde sei auf ihre Argumente nicht eingegangen. Der Sachverständige habe eine Schadenswirkung auf Grund der baulichen Anlagen der Mitbeteiligten im Hochwasserfall nicht mit Sicherheit ausgeschlossen, sodaß auch unter den getroffenen Bedingungen und Auflagen eine Bewilligung gemäß § 38 WRG 1959 nicht hätte erteilt werden dürfen. Die Anlagen der Mitbeteiligten stünden überdies im Widerspruch zu einem bereits wasserrechtlich bewilligten Regulierungsprojekt der Gemeinde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 ist zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende Gewässer, die nicht unter § 127 fallen, nebst der sonst erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist.

Die Prüfung einer nach § 38 WRG 1959 zu bewilligenden Anlage ist aus den Gesichtspunkten "Abwehr und Pflege der Gewässer" auf die durch die geplante Anlage als solche bedingten Einwirkungen auf Gewässer abzustellen. Die Bewilligung ist zu versagen, wenn durch die Anlage öffentliche Interessen beeinträchtigt oder fremde Recht verletzt werden (vgl. dazu Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1970, Zl. 56/70, Slg. Nr. 7841/A).

Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß die Materialanschüttungen der mitbeteiligten Parteien im Hochwasserabflußbereich des B-baches gelegen sind und daher gemäß § 38 WRG 1959 einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurften. Unbestritten ist auch, daß diese Materialanschüttungen ohne die der nachträglichen wasserrechtlichen Bewilligung beigefügten "Bedingungen und Auflagen" im Hochwasserfall nachteilige Auswirkungen für das an der gegenüberliegenden Seite des B-baches gelegene Grundstück der Beschwerdeführer haben. Strittig ist nur, ob diese Anlagen selbst bei Erfüllung der vorgeschriebenen "Bedingungen und Auflagen" durch die Mitbeteiligten die aus dem Grundeigentum erfließenden Rechte der Beschwerdeführer (§ 12 Abs. 2 WRG 1959) verletzen, weil auch dann, wie die Beschwerdeführer behaupten, gegenüber dem früheren Zustand erhöhte Hochwasserschäden an ihrem Grundstück einzutreten drohen.

Die belangte Behörde hat diese Frage unter Bezugnahme auf die ihrer Auffassung nach von den Beschwerdeführern nicht widerlegten Ausführungen des Amtssachverständigen verneint. Sie ist damit der bereits von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz vertretenen Auffassung gefolgt, daß den von den Beschwerdeführern befürchteten nachteiligen Auswirkungen der Materialanschüttungen durch Erfüllung der im erstinstanzlichen Bescheid formulierten, im angefochtenen Bescheid unverändert übernommenen "Bedingung und Auflagen", insbesondere durch deren eingangs wiedergegebenen Punkt 1, mit Sicherheit begegnet werden könne.

Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof jedoch schon deshalb nicht anzuschließen, weil die Formulierung der für die Entscheidung des Beschwerdefalles in erster Linie bedeutsamen Auflage Punkt 1 in der im angefochtenen Bescheid bestätigten Form eine verläßliche Prüfung und Kontrolle dieser entscheidenden Frage nicht zuläßt. Ein Bescheidspruch, durch den eine Verpflichtung auferlegt wird, muß nämlich so bestimmt gefaßt sein, daß nötigenfalls seine Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung möglich ist (vgl. dazu Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. November 1982, Zl. 82/07/0039, und vom 28. Oktober 1980, Zl. 2696/79, und die dort angeführte Vorjudikatur, sowie Grabmayr-Rossmann, Das österreichische Wasserrecht2, Anm. 5 zu § 111 WRG 1959). Der Hinweis im erstinstanzlichen Bescheid, die Ertüchtigung des Abflußvermögens des B-baches habe "wie im Befund der Verhandlungsschrift beschrieben" zu erfolgen, reicht jedoch für eine klare und unmißverständliche Umschreibung der damit den Mitbeteiligten auferlegten Verpflichtungen nicht aus. Selbst dann, wenn den Beteiligten mit Rücksicht auf die mit dem erstinstanzlichen Bescheid zugestellte Verhandlungsschrift klar gewesen sein mag, auf welchen Abschnitt welchen Verhandlungsprotokolls der erstinstanzliche Bescheid damit Bezug nahm - aus der Spruchformulierung selbst geht dies nicht mit völliger Klarheit hervor -, entspricht ein derartiger Bescheidspruch nicht dem Gesetz. Dazu kommt, daß die Beschreibung notwendiger Sanierungsmaßnahmen in den auf Seite 4 des Verhandlungsprotokolls vom 12. November 1981 festgehaltenen Vorschlägen im "Befund" des Lokalaugenscheins zumindest im Punkt der Sohlhöhe bei dem vorgesehenen Absturzbauwerk mehrere Möglichkeiten zuläßt, und daß dort ferner ausgeführt wird, daß selbst bei diesem Sanierungsvorschlag Nachteile für die Beschwerdeführer bestehen bleiben.

Solange nicht im Rahmen einer eindeutigen Spruchformulierung festgestellt ist, welche genau bestimmten Vorschreibungen die Mitbeteiligten zur Hintanhaltung drohender Nachteile für die Beschwerdeführer im einzelnen zu erfüllen haben, entzieht sich die Frage, ob bei Erfüllung dieser Vorschreibungen eine Verletzung fremder Rechte ausgeschlossen und eine wasserrechtliche Bewilligung der gegenständlichen Materialanschüttungen demnach gesetzmäßig ist, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle.

Die Unklarheit und daraus folgende Unvollziehbarkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich der darin zum Schutze der Beschwerdeführer vorgesehenen "Bedingungen und Auflagen" belastet diesen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil die Beschwerdeführer Aufwandersatz nicht beantragt haben (§ 59 VwGG 1965).

Wien, am 20. September 1983

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte